Ein kardialer Harlekin – neu aufgetretene ST-Hebungen über allen Ableitungen und elektrischer Sturm an der VA-ECMO

Maria Anna Heinrich (Regensburg)1, M. Foltan (Regensburg)2, C. Wiest (Regensburg)1, L. S. Maier (Regensburg)1, T. Müller (Regensburg)1, M. Lubnow (Regensburg)1, A. Dietl (Regensburg)1

1Universitätsklinikum Regensburg Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II Regensburg, Deutschland; 2Universitätsklinikum Regensburg Klinik und Poliklinik für Herz-, Thorax- und herznahe Gefäßchirurgie Regensburg, Deutschland

 

Hintergrund: Im therapierefraktären Kreislaufversagen bei septischer Kardiomyopathie ermöglicht die venoarterielle extrakorporale Membranoxygenierung (VA-ECMO) eine Kreislaufstabilisierung bis zur kardialen Erholung. Bei begleitendem schweren ARDS besteht das Risiko eines Harlekinsyndroms: Von der arteriellen Rückgabekanüle in der Leistenarterie strömt oxygeniertes Blut Richtung Herz. Gleichzeitig wirft das Herz unzureichend oxygeniertes Blut aus. Wo sich beide Blutströme mischen, hängt von Herzzeitvolumen und VA-ECMO-Fluss ab. Im Extremfall ist der Kopf zyanotisch (pulmonaler Gasaustausch), die untere Körperhälfte jedoch gut oxygeniert (VA-ECMO). Zur frühzeitigen Detektion werden arterielle Blutgase am rechten Arm gewonnen, welcher vom ersten aortalen Abgang versorgt wird.       
Fallpräsentation: Wir präsentieren ein isoliert kardiales Harlekin-Syndrom bei einem 55-jährigen Patienten mit septischer Kardiomyopathie bei Streptokokken-induziertem toxischem Schocksyndrom. Um Mitternacht bei einem Schwerpunktversorger vorstellig, war bei hypoxischem Versagen bis zum Morgen die invasive Beatmung unumgänglich. Im schweren septischen Schock verschlechterte sich zudem die Ejektionsfraktion (10%). Eine suffiziente Oxygenierung war kaum möglich (Horovitz-Quotient 70mmHg, PEEP 18mbar, FiO2 1.0). Ebenso gelang keine Stabilisierung der Kreislaufsituation (Noradrenalin 6,0mg/h, Dobutamin 20mg/h, Vasopressin 1,5U/h, Laktat 105mg/dl). Daher implantierte unser Team am Mittag desselben Tages vor luftgebundenem Transport eine VA-ECMO. Unter Optimierung der Beatmung und inhalativem NO besserte sich die Oxygenierung (Horovitz 182mmHg). Das CT ergab eine ausgeprägte Pneumonie. In den Blutkulturen wuchs nach 5 Stunden Streptococcus pyogenes. Der Patient entwickelte ein toxisches Schocksyndrom mit Leber- und Nierenversagen, Erythrodermie und Verbrauchskoagulopathie. Am Folgetag undulierten innerhalb einer Stunde die rechtsbrachialen paO2-Werte (55-120 mmHg). Dies wies bei erhaltener Blutdruckamplitude (12mmHg) und echokardiographisch nachvollziehbarer Aortenklappenöffnung auf eine Durchmischung von Blut aus VA-ECMO und Nativherz  um den Truncus brachiocephalicus respektive der Aorta ascendens hin. Ein 12-Kanal-EKG zeigte nun neu im Vergleich zum Vortag ischämietypische, hochsignifikante ST-Hebungen in allen Ableitungen, auf eine mögliche Hypoxie der Koronarperfusion hinweisend. Es wurde die Entscheidung zur Umkanülierung auf V-AV-ECMO gefasst. Noch während der jugulären Kanülierung kam es zu rezidivierendem Kammerflimmern, welches anfangs defibrillierbar war, dann refraktär blieb. Nach Hinzunahme der zusätzlichen venösen Rückgabekanüle, über die oxygeniertes Blut in den Lungenkreislauf gepumpt wurde, sistierten die Rhythmusstörungen und die ST-Hebungen bildeten sich binnen einer Stunde komplett zurück. Das foudroyante Schocksyndrom ließ sich mittels Antibiose und Plasmapherese coupieren. Innerhalb von 7 Tagen erholte sich die Pumpfunktion vollständig. Am Tag 8 konnte der arterielle Anteil der V-AV-ECMO erfolgreich entfernt werden. Bis Tag 20 gelang das Weaning von der VV-ECMO.  
Schlussfolgerungen: Ein Harlekin-Syndrom muss nicht die initial geschilderte Klinik bieten, sondern kann selten bei sehr schlechtem kardialem Auswurf isoliert die Koronarperfusion betreffen. Zur Detektion sind 12-Kanal-EKGs nötig. Bei ventrikulären Rhythmusstörungen an einer VA-ECMO sollte ein Harlekin-Syndrom der Koronarien als Ursache ausgeschlossen werden.
 
Diese Seite teilen