Ein Artikel von PD Dr. Anna Hohneck (Mannheim)
Ein Artikel von PD Dr. Anna Hohneck (Mannheim)
Die Reihe Karrierekompass Kardiologie gibt eine Orientierungshilfe bei der Karriereplanung in der Kardiologie für junge Kardiolog:innen und kardiologieinteressierte Studierende. In diesem Artikel schildert PD Dr. Anna Hohneck Wissenswertes zum Berufungsverfahren.
Die Vorbereitung auf das erste Berufungsverfahren kann einen vor gewisse Herausforderungen stellen. Um nicht an formalen Hürden zu scheitern und die teilweise undurchsichtigen Vorgänge etwas transparenter zu machen, haben wir für Euch Tipps & Tricks aus erster Hand zusammengetragen, um Euch bestmöglich auf diesen möglichen Karriereschritt vorzubereiten.
Voraussetzung für die Bewerbung auf eine Professur sind neben einem abgeschlossenen Hochschulstudium, Promotion und fachlicher Expertise, die wissenschaftliche Qualifikation (Habilitation oder habilitationsäquivalente Leistungen) sowie die pädagogische Eignung, meist durch Lehrerfahrung nachgewiesen. Habilitationsäquivalente Leistungen sind nicht einheitlich definiert. Die Leitung einer Nachwuchsgruppe oder Tätigkeiten auf einer Junior- oder Tenure-Track-Professur können als habilitationsäquivalent gelten. Bewerber:innen sollten sich über die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Hochschule informieren.
Verbeamtete Hochschullehrer:innen (Professor:innen) werden in Deutschland nach der W-Besoldungsordnung bezahlt. Das „W“ steht hierbei für Wissenschaft. Die W-Besoldung wurde 2002 als Ersatz für die frühere C-Besoldung eingeführt und umfasst drei Stufen, W1, W2 und W3, wobei W1 für Juniorprofessuren und W2 sowie W3 für ordentliche Professuren vorgesehen sind. Juniorprofessuren sind in der Regel zeitlich befristet, wobei einige mit einem Tenure Track ausgestattet sind. Dieser Tenure Track bietet die Option, bei erfolgreicher Evaluation in eine unbefristete Professur (Lebenszeitprofessur) überführt zu werden. Selten können auch W2-Professuren mit einem Tenure Track ausgestattet sein. W3-Professuren werden hingegen in der Regel als unbefristete Stellen vergeben und sind mit dem Beamtenstatus auf Lebenszeit verbunden.
Wenn man sich nun auf eine Professur bewerben will, wo informiert man sich am besten über die aktuellen Ausschreibungen? Der Deutsche Hochschulverband (DHV) bietet beispielsweise einen umfassenden Ausschreibungsdienst. Ebenso werden auf Internetplattformen wie academics oder Hochschul-Job.de regelmäßig Stellenangebote für Professuren und andere akademische Positionen veröffentlicht. Darüber hinaus bietet der ZEIT ONLINE Stellenmarkt eine spezielle Seite für Professor:innenstellen mit aktuellen Stellenangeboten verschiedener Fachrichtungen. In der Regel werden Medizinprofessuren auch im Ärzteblatt inseriert.
Nachdem die Stelle öffentlich ausgeschrieben worden ist, können offiziell Bewerbungen eingereicht werden. Dies erfolgt in der Regel über ein Online-Berufungsportal. Neben der Darstellung des klinisch-wissenschaftlichen Werdegangs, sind hier zwei weitere Faktoren entscheidend: das Publikationsverzeichnis und eine Übersicht über die bisher eingeworbenen Drittmittel. Häufig wird man gebeten, ergänzend zu den Bewerbungsunterlagen, einen Bewerbungsbogen auszufüllen, in denen die wichtigsten Infos zur Person tabellarisch abgefragt werden. Danach wird durch die Berufungskommission, die die Bewerbungen sichtet, eine Vorauswahl geeigneter Kandidat:innen getroffen, die zum so genannten „Vorsingen“ eingeladen werden.
Ausgewählte Bewerber:innen werden zu einem (hochschulöffentlichen) wissenschaftlichen Vortrag, ggf. einer Lehrprobe sowie einem Einzelgespräch vor der Kommission eingeladen. Das Thema des wissenschaftlichen Vortrags ist in der Regel frei durch die Kandidat:innen wählbar, wobei das Thema inhaltlichen Bezug zur ausgeschriebenen Professur haben sollte und aktuelle Forschungsergebnisse der Bewerbenden präsentiert. Der wissenschaftliche Vortrag dient dazu, die fachliche Expertise und das Potenzial der Kandidat:innen für die ausgeschriebene Professur zu beurteilen sowie die Fähigkeit, komplexe Inhalte klar und verständlich zu vermitteln. Es ist ratsam am Ende des Vortrags die Anschlussfähigkeit herauszuarbeiten, indem man Bezüge zu Forschungsschwerpunkten der Fakultät herstellt und mögliche Anknüpfungspunkte für zukünftige Projekte aufzeigt. Das Thema der Lehrprobe ist in der Regel für die Kandidat:innen vorgegeben. Im Anschluss an die Vorträge findet das (nichtöffentliche) Einzelgespräch vor der Berufungskommission statt. Hier sollte man nicht den Fehler machen sich ausschließlich auf die Vorbereitung der Vorträge zu fokussieren, sondern nach Möglichkeit auch das Einzelgespräch im Vorhinein zu „proben“.
Nachdem die eigene Anspannung nachlässt, nimmt das eigentliche Verfahren richtig Fahrt auf. Wer die Kommission überzeugen konnte, erhält einen Listenplatz. Der oder die Erste auf der Liste erhält entsprechend den Ruf. Ob man auf der Liste steht, erfährt man jedoch erst nach Abschluss des Verfahrens. Als Erstplatzierte:r wird man früher kontaktiert, um in Verhandlungen zu treten, bis es aber überhaupt dazu kommt, muss die Liste mit den Kandidat:innenvorschlägen durch verschiedene Gremien (Fakultätsrat, Senat, Rektorat). Aber auch ein zweiter oder dritter Listenplatz sind für die weitere akademische Karriere von großer Bedeutung. Diese Platzierungen sind lebenslaufrelevant und demonstrieren, dass man im hochkompetitiven Auswahlprozess zu den Top-Kandidat:innen gehört und von der Berufungskommission als professoral eingestuft wird. Darüber hinaus werden zur Begutachtung der Listenplatzierten unabhängige externe Gutachten eingeholt. Dieser Teil des Verfahrens kann sehr langwierig sein. In der Regel vergehen von Ausschreibung bis zur Besetzung einer Professur 18 Monate.
Nachdem der Berufungsvorschlag die Gremien durchlaufen hat und keine Einwände bestehen, erteilt die Hochschulleitung den Ruf an die erstplatzierte Kandidatin bzw. den erstplatzierten Kandidaten. Nach der Ruferteilung beginnen die Berufungsverhandlungen, wenn die Kandidatin oder der Kandidat die grundsätzliche Bereitschaft zur Rufannahme erklärt. Im Rahmen der Berufungsverhandlungen können dann Aspekte wie räumliche Unterbringung, Ausstattung und Mittel besprochen werden. Zu diesem Zeitpunkt findet häufig auch eine Begehung der Heimatuniversität statt. Neben der Ausstattung der Professur (personelle Ausstattung, Sachmittel, räumliche Unterbringung) sind auch finanzielle Aspekte wie persönliche Bezüge der Professur oder Budget für Investitionen und Forschungsprojekte Gegenstand der Berufungsverhandlungen. Der DHV bietet eine kostenlose Beratung zu Verhandlungsstrategien und taktischen Empfehlungen für die Berufungsverhandlungen. Neben der kostenlosen Rechtsberatung bietet der DHV auch Online-Seminare und individuelle Coachings an, um die Kandidat:innen bestmöglich auf Berufungsverhandlungen vorzubereiten und die Chancen auf erfolgreiche Verhandlungen zu steigern.
Der Weg zur Professur ist ein komplexer und oft langwieriger Prozess, der gute Vorbereitung und Durchhaltevermögen erfordert. Eine befreundete Kollegin und Wegbegleiterin hat mir einmal gesagt: „Accept the game is rigged. Understand the game. Play the game.“ So zynisch dieser Ratschlag auch klingen mag, er enthält einen Kern Wahrheit: Das Berufungsverfahren folgt oft undurchsichtigen Regeln und ungeschriebenen Gesetzen. Indem man diese Regeln akzeptiert und versteht, kann man die Chancen auf eine erfolgreiche Berufung deutlich erhöhen. Und am Ende des Tages braucht man vielleicht auch ein bisschen Glück!