Ein Artikel von Filloreta Gashi (Hannover), PD Dr. Philipp Breitbart (Freiburg/Bad Krozingen) und Dr. Jochen Dutzmann (Halle (Saale))
Ein Artikel von Filloreta Gashi (Hannover), PD Dr. Philipp Breitbart (Freiburg/Bad Krozingen) und Dr. Jochen Dutzmann (Halle (Saale))
Die Reihe Karrierekompass Kardiologie gibt eine Orientierungshilfe bei der Karriereplanung in der Kardiologie für junge Kardiolog:innen und kardiologieinteressierte Studierende. Für diesen Artikel hat Filloreta Gashi mit PD Dr. Philipp Breitbart und Dr. Jochen Dutzmann über die unterschiedlichen Facharztwege in der Kardiologie gesprochen.
Die Wahl des Facharztwegs ist eine zentrale Entscheidung in der kardiologischen Weiterbildung und beeinflusst sowohl die berufliche Entwicklung als auch die spätere Karriereperspektive. Während einige sich früh spezialisieren, bevorzugen andere eine breite internistische Ausbildung als Grundlage. Doch welcher Weg ist der richtige?
PD Dr. Philipp Breitbart und Dr. Jochen Dutzmann, zwei erfahrene Kardiologen, haben unterschiedliche Entscheidungen getroffen und blicken zufrieden auf ihren Werdegang zurück. Ihre Erfahrungen bieten wertvolle Einblicke für junge Mediziner:innen, die vor derselben Frage stehen:
Direkt in die Kardiologie oder eine breitere Basis durch eine internistische Ausbildung?
Dr. Dutzmann entschied sich bewusst für den längeren Weg und erwarb sowohl die Facharzturkunde für „Innere Medizin“ als auch die für „Innere Medizin und Kardiologie“. Zwei Aspekte waren für ihn besonders wichtig: Umfassende internistische Ausbildung: „Mir war es wichtig, mir ein solides internistisches Fundament anzueignen. Kardiologische Erkrankungen treten selten isoliert auf. Komorbiditäten wie Diabetes oder chronische Lungenerkrankungen spielen oft eine zentrale Rolle, und ich bin froh, auch diese Nebendiagnosen sicher behandeln zu können.“ Flexibilität für die Zukunft: „Die Doppelqualifikation gibt mir mehr berufliche Flexibilität. Heute arbeite ich in einer Praxisgemeinschaft, in der ich sowohl kardiologisch als auch hausärztlich-internistisch tätig bin. Diese breit angelegte Ausbildung ermöglicht es mir, meine Patienten in einem größeren Spektrum zu betreuen und bietet gleichzeitig Spielraum für eine spätere berufliche Veränderung, zum Beispiel in eine Chefarztposition in einem kleinen Haus mit allgemein-internistischer Klinik.“
PD Dr. Breitbart hingegen wählte den direkten Weg in die Kardiologie. Für ihn war entscheidend, dass sich die Fachrichtung ohnehin immer stärker subspezialisiert: „Die eigentliche vertiefende kardiologische Ausbildung beginnt nach dem Facharzt. Jede Verzögerung durch eine zusätzliche internistische Weiterbildung hätte wertvolle Zeit für die Spezialisierung gekostet. Der Facharzt für Innere Medizin dauert in der Regel fünf Jahre, der ergänzende Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie in den meisten Ärztekammern zusätzliche 3 Jahre. Je nach kardiologischem Schwerpunkt folgen dann noch Zusatzweiterbildungen in Bereichen wie der interventionellen Kardiologie oder der Rhythmologie, sodass nach dem Studium schnell eine zusätzliche Weiter- und Ausbildungszeit von 10 Jahren oder mehr resultiert, bevor jemand eigenständig in einer kardiologischen Spezialisierung tätig sein kann.“ Für ihn war es besonders wichtig, sich frühzeitig zu spezialisieren, vor allem im interventionellen Bereich: „Wer sich von Anfang an auf die interventionelle Kardiologie konzentriert, kann schneller mit den modernen Techniken vertraut werden und sich intensiver in diesem spezialisierten Bereich einarbeiten.“
Ein weiterer Aspekt, den PD Dr. Breitbart betont, ist die Bedeutung einer langfristigen Planung der Weiterbildung, insbesondere für Ärztinnen: „In der interventionellen Kardiologie kann das Fortsetzen der invasiven Ausbildung bzw. Tätigkeiten während einer Schwangerschaft aufgrund von Strahlenschutzvorkehrungen eine Herausforderung darstellen. Wer sich in diesem Bereich spezialisieren möchte, sollte das in seine Überlegungen einbeziehen und könnte diese Zeit bspw. durch eine direkte Weiterbildung zur Kardiologin wieder aufholen. Dennoch sind diesbezüglich auch die Ärztekammern gefordert, durch eine Anpassung der bisherigen Regelungen zukünftig mehr Chancengleichheit herzustellen.“ Laut den Empfehlungen der Fachgesellschaften ist es unter bestimmten Bedingungen und auf freiwilliger Basis möglich, auch während der Schwangerschaft invasive Tätigkeiten fortzusetzen – jedoch ist dies nicht in jeder Klinik gleichermaßen umsetzbar.
Die Wahl des Ausbildungswegs hängt stark von den individuellen Karrierezielen ab.
„Wer später in die Praxis will, profitiert von einer breiteren Basis. In kleineren Kliniken oder in der Niederlassung ist eine fundierte internistische Ausbildung enorm wertvoll“, sagt Dr. Dutzmann.
PD Dr. Breitbart sieht den direkten Weg als vorteilhaft für diejenigen, die sich hoch spezialisieren wollen. „Wer sich früh für ein Spezialgebiet in einer großen Klinik entscheidet, wird schneller Experte oder Expertin und hat oft bessere Chancen auf attraktive Stellen in den entsprechenden Spezialisierungen.“
Beide betonen, dass die Qualität der Ausbildung nicht nur vom gewählten Weg, sondern vor allem von der individuellen Förderung und Eigeninitiative abhängt. „Die beste Weiterbildung ist die, in der man aktiv gefördert wird. Ein unterstützender Mentor und ein strukturiertes Curriculum sind entscheidender als die Frage, ob man den Umweg über die Innere Medizin nimmt.“, sagt Dr. Dutzmann. PD Dr. Breitbart ergänzt, dass man sich früh überlegen sollte, wo man später arbeiten möchte, da sich die Möglichkeiten je nach gewähltem Ausbildungsweg unterscheiden. „In kleineren Kliniken wird oft breiter ausgebildet, während man in großen Zentren früh in eine Subspezialisierung gelenkt wird.“
Beide würden ihren Weg wieder genauso gehen. PD Dr. Breitbart schätzt die Zeitersparnis durch den direkten Facharzt. „Durch den frühen Einstieg in die Spezialisierung konnte ich mich schnell auf die interventionelle Kardiologie konzentrieren. So hatte ich die Möglichkeit, rasch praktische Erfahrungen zu sammeln und die erforderlichen Fähigkeiten in der Durchführung von Eingriffen weiter auszubauen, was mir in meiner späteren Karriere einen entscheidenden Vorteil verschaffte.“
Dr. Dutzmann hingegen würde sich jederzeit wieder für die doppelte Facharztqualifikation entscheiden. Die Jahre in der internistischen Ausbildung sieht er nicht als Zeitverlust, sondern als Vorteil für eine fundierte und umfassende Behandlung von Patient:innen.
Dr. Dutzmann empfiehlt, offen zu bleiben: „Es lohnt sich, verschiedene Perspektiven kennenzulernen. Hospitationen, Famulaturen und auch die Mentoring-Programme der DGK können helfen, herauszufinden, welche Arbeitsweise am besten passt. Es ist keine Schande, sich neu zu orientieren oder sich mehr Zeit für eine fundierte Ausbildung zu nehmen.“
PD Dr. Breitbart rät, auf die eigene Persönlichkeit zu hören: „Die wichtigste Frage ist: Wer bin ich, und wo sehe ich mich in zehn Jahren? Will ich breit aufgestellt sein oder mich früh spezialisieren? Beides kann richtig sein und hängt davon ab, welches Umfeld am besten zu einem passt. Die Entscheidung sollte zur eigenen Lebensplanung passen.“
Egal, ob direkter Weg in die Kardiologie oder breit aufgestellte Innere Medizin – beide Wege haben Vor- und Nachteile. Wer sich früh spezialisieren und Zeit sparen will, ist mit dem direkten Weg gut beraten. Wer mehr Flexibilität möchte oder sich eine spätere Niederlassung offenhalten will, profitiert von der Doppelqualifikation. Am Ende gilt: Es gibt keinen richtigen oder falschen Weg, sondern den, der am besten zu den eigenen Zielen, Lebensplänen und der langfristigen Karrierevision passt.