Fallkosten für TAVI seit 2021 niedriger als für chirurgischen Eingriff

 

Der kathetergestützte Aortenklappenersatz (TAVI) hat sich als häufigste Behandlungsmethode der Aortenklappenstenose etabliert. Neben medizinischen Vorteilen wie geringerer Mortalität und kürzerem Krankenhausaufenthalt zeigt eine aktuelle Analyse, dass die Kosten für TAVI hierzulande seit 2010 kontinuierlich gesunken sind und inzwischen unter denen des chirurgischen Klappenersatzes liegen. Ein Bericht der Ordiniarienkonferenz Kardiologie.

Von:

Prof. Stephan Baldus, Prof. Daniel Dürschmied, Prof. Nikolaus Marx, Prof. Stefan Frantz, Prof. Norbert Frey und Prof. Malte Kelm

Ordinarienkonferenz Kardiologie e.V.

 

25.02.2025

 

Bildquelle (Bild oben): Sebastian Kaulitzki / Shutterstock.com

Der kathetergestützte Aortenklappenersatz (TAVI) ist mittlerweile der führende Eingriff zur Behandlung der Aortenklappenstenose; randomisierte Studien, unter anderem die DEDICATE-DZHK6-Studie1 aus Deutschland, haben die Vorteile dieser Eingriffsart gegenüber dem chirurgischen Klappenersatz bei trikuspider und für die TAVI-geeigneter Anatomie ergeben: Vorteile bestehen nicht nur im Hinblick auf Blutungen, das Auftreten von Vorhofflimmern und die Länge des Krankenhausaufenthaltes, sondern auch im Sinne einer relativen Risikoreduktion für Tod von über 50 %.  

Hinweise auf vorzeitige Degeneration der TAVI-Prothesen im Vergleich zu den chirurgisch eingesetzten Prothesen ergeben sich bisher nicht mit Beobachtungszeiträumen aus kleineren randomisierten Studien bis zu 10 Jahren, die zumindest für die selbstexpandierbaren Prothesen sogar eher einen Vorteil der TAVI gegenüber den chirurgischen Prothesen sehen.  

Der wesentliche „Malus“ der kathetergestützten Aortenklappentherapie sind die bisher hohen Kosten der Therapie. Vor allem die Aufwendungen für die Prothesen erhöhten im Anfang die Gesamt-Therapiekosten auf mehr als 150 % der Kosten des chirurgischen Eingriffs. Nicht zuletzt deshalb wurde von den Krankenkassen die strenge Indikationsstellung im Heart-Team gefordert. Trotz dieser reglementierenden Maßnahmen wurden in Deutschland über viele Jahre Aortenklappeninterventionen zunehmend kathetergestützt durchgeführt. Dedizierte Aus- und Fortbildung sowie Zertifizierung von Zentren für diesen Eingriff, die Verfügbarkeit zu den jeweils neuesten Iterationen der Systeme und die externe Qualitätssicherung hat zu einem hohen Qualitätsstandard und mittlerweile niedriger Mortalität für diesen Eingriff geführt, die unter 2 % für alle Patientinnen und Patienten intrahospital liegt.

Analyse der Kostenentwicklung

 

Unter dem Aspekt der Entwicklung der Kosten für diese Therapie hat die BARMER unter Mithilfe des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen die Fallkosten (ärztliche und pflegerische Leistungen, Material, Unterbringung und Verpflegung, Leistungen für Diagnostik und Therapie sowie Medikamente) von insgesamt 94.000 ihrer versicherten Patientinnen und Patienten analysiert, die zwischen 2010 und 2023 einem chirurgischen oder kathetergestütztem Aortenklappenersatz zugeführt wurden.2 Zur Analyse wurden Eingriffe herangezogen, bei denen ausschließlich der OPS-Code für den kathetergestützten Aortenklappenersatz (5-35a) oder den chirurgischen Aortenklappenersatz kodiert wurde (5-351.0). Ausschlusskriterien bei der Analysestichprobe stellten Eingriffe aufgrund einer akuten Endokarditis, Revisionseingriffe an den Herzklappen sowie Kombinationseingriffe dar.

 

Die Grafik (s. Abb.) stellt die durchschnittlichen Fallkosten von Krankenhaus-Fällen mit den Eingriffen aus den Abrechnungsdaten der BARMER dar. Dieses waren die kumulierten Kosten im Rahmen der stationären Behandlung, also der für den ärztlichen und pflegerischen Dienst, für Diagnostik und Therapie und für Medikamente und Unterbringung sowie Verpflegung. Die Zahlen sind inflationsbereinigt bezogen auf das Jahr 2010 zusammengestellt. Sie sind daher nicht direkt mit den aktuellen Fallkosten gleichzusetzen, erlauben aber einen validen Vergleich im Zeitverlauf.

Grafik Fallkosten TAVI vs. OP Abb.: Kosten für den isolierten Aortenklappenersatz (TAVI vs. offen chirurgisch) in Deutschland bei Versicherungsnehmenden der BARMER-Krankenversicherung im Zeitraum der Jahre 2010–2023. Die Kosten sind inflationsbereinigt aufgetragen. (Quelle: Agurzky B et al. Krankenhausreport 2024)

Die Daten zeigen, dass die Fallkosten für den chirurgischen Klappenersatz seit 2010 konstant geblieben und zuletzt leicht gestiegen sind. Demgegenüber fallen die Kosten für die TAVI seit 2010 kontinuierlich und unterschreiten seit dem Jahr 2021 die Kosten des chirurgischen Klappenersatzes – mit einer weiter sinkenden Tendenz.

TAVI als kostensenkende Innovation

 

Dieses muss als eine bemerkenswerte Entwicklung in der aktuellen Diskussion um die Kostenentwicklung in der (Herz-Kreislauf-)Medizin wahrgenommen werden. Mit der TAVI besteht eine Therapie, die nicht nur dem überwiegenden Patientenwunsch nach einem minimalinvasivem Eingriff entspricht, sondern darüber hinaus eine signifikante Reduktion von Morbidität und Mortalität gegenüber dem chirurgischen Eingriff ermöglicht und die mittlerweile auch unter ökonomischen Gesichtspunkten günstiger ist als der chirurgische Klappenersatz. Möglicherweise ist der Effekt sogar noch unterschätzt, da die Folgekosten (z. B. die Rehabilitation oder auch Krankenhauswiederaufnahmen) in der aktuellen Analyse der BARMER-Krankenversicherung nicht berücksichtigt wurden.

In einer Zeit, in der nicht zuletzt die politische Diskussion die Frage nach der Machbarkeit der Finanzierung moderner, lebensverlängernder medizinischer Leistungen aufwirft, avanciert die TAVI damit zu einer beispielgebenden Innovation moderner Medizin.


Referenzen

 

  1. Blankenberg S, Seiffert M, Vonthein R., et al. Transcatheter or Surgical Treatment of Aortic-Valve Stenosis. N Engl J Med 2024;390:1572-83
  2. Augurzky B, Kolodziej I, Kottmann R. Krankenhausreport 2024 – Entwicklung in der Behandlung von Herzklappenerkrankungen – operative und kathetergestützte Therapie. DOI. 10.30433/krankenhaus.2024.01

Zur Übersichtsseite Strukturelle Herzerkrankungen

Das könnte Sie auch interessieren

TEE, 3D- und interventionelle Echokardiographie

Übersichtsartikel aus der Reihe: Historie der Echokardiografie in Deutschland

Kongress-Highlights der Herzchirurgie

DGTHG-Jahrestagung 2025 | Interview: Prof. J. Börgermann zu den Kongress-Highlights und interdisziplinären Take-aways.

Trotz Transformation: Der Patient steht im Mittelpunkt

DGTHG-Jahrestagung 2025 | Interview: Tagungspräsident Prof. J. Börgermann über aktuelle Themen der Herzchirurgie.

Laden, bitte warten.
Diese Seite teilen