Alte Kleider für eine junge Frau

DGK Herztage 2025. Clin Res Cardiol (2025). https://doi.org/10.1007/s00392-025-02737-x

Helge Alexy (Bremen)1

1Kardiologisch-Angiologische Praxis Bremen Herzzentrum Bremen Bremen, Deutschland

 

Patientenvorstellung:
•       24jährige Studentin
•       Brustschmerzen seit 2h, in den Unterkiefer ausstrahlend
•       Übelkeit +  Erbrechen
•       Beginnender kardiogener Schock: HF 80/min., RR 90/65 mmHg
•       Keine kardiovaskulären Risikofaktoren bekannt
•       Medikation: Kontrazeptivum


EKG:



In der Session werden das bewegte Bilder / Videos sein:

Koronarangiographie:

Abrupter Abbruch des Flusses in der dist. RCA. V.a. Thrombus.

LCA stellt der Autor im Vortrag mit weiteren Loops vor, war oB.

Der klinische Zustand der Patientin wird schlechter, mehrfach Erbrechen, Bradykardien, sowie starke Angina pectoris trotz paralleler Analgosedierung.

Was nun?
Der Autor hat sich in dieser Situation unter einer Nutzen-Risiko-Abwägung dafür entschieden, den Thrombus zu aspirieren:


Koronarangiographie nach 1. Aspiration:



Aspirat


Nach 2. Aspiration and Gabe von GPIIbIIIa-Inhibitor:



Nach der Präsentation, Diskussion der Leitlinienempfehlungen zur Thrombusaspiration mit Klasse III - soll nicht routinemäßig durchgeführt werden. Eine fallbasierte Anwendung unter kritischer Nutzen-Risiko-Abwägung kann jedoch sinnvoll erscheinen, 
im Sinne eines "tailored approach", wie in dieser speziellen Situation bei einer jungen Frau mit gesunden Koronararterien, wo man ein Stenting vermeiden möchte. Eingehen des Autors auf Studienlage und Leitlinien.

Wie ging es weiter.
Die Ursache des thrombotischen Verschlusses war bis dato noch unklar.

In der folgenden Umfelddiagnostik zeigte sich ein größerer ASD II, welcher bis dato unbekannt war und mutmaßlich als Ursache für die paradoxe Koronarembolie angesprochen werden konnte.
Folgend wurde die Indikation zum ASD-Verschluss gestellt und erfolgreich durchgeführt (s.u.):


Seitdem beschwerdefreie Patientin.
Umfangreiche Gerinnungsdiagnostik war negativ.
Evtl. spielte die Einnahme des Kontrazeptivums eine proatherogene Rolle.

Konklusion:
In diesem speziellen Fall konnte erreicht werden, bei dieser jungen Frau mit Hinterwand-STEMI ohne weitere Koronarerkankung ohne Stent auszukommen. Dies war möglich, indem unter Zuhilfenahme eines Aspirationskatheters das Thrombusmaterial annähernd vollständig extrahiert werden konnte, welches mutmaßlich via paradoxer Embolie durch einen ASD in die rechte Herzkranzarterie gelangt war und ein akutes Koronarsyndrom auslöste. Es ist die Meinung des Autors, dass ein routinemäßiger Einsatz von Thrombusaspiration nicht stattfinden soll, wie es die geltenden Leitlinien formulieren. Es sollte bei speziellen Konstellationen jedoch eine Nutzen-Risiko-Bewertung erfolgen. Im Rahmen einer patientenzentrierten Behandlung kann es gelegentlich sinnvoll sein, eine Thrombusaspiration vorzunehmen. Es ist weiterhin die Ansicht des Autors, dass diese Therapie, auch wenn die Indikation nur noch selten gestellt werden soll, weiterhin ins Repertoire von Interventionalisten gehört und insbesondere auch jüngeren Kolleg*innen vermittelt werden sollte, damit dieser Skill nicht verloren geht und in speziellen Fällen weiterhin angeboten werden kann.
Eine alternative Strategie hätte auch ein initiales Ablegen sein können mit Gabe von GPIIbIIIa-Inhibitor, Monitoring und ggfs. koronarangiographische Kontrolle. Dieses Vorgehen bot sich nach Ansicht des Autors jedoch bei dem schlechten klinischen Zustand der Patientin, beginnendem kardiogenem Schock und der Präsentation als STEMI nicht an.

Ich würde mich freuen, wenn dieser Fall von der Kommission zur Präsentation auf dem DGK-Kongress in Hamburg ausgewählt würde und freue mich auf eine rege Diskussion.
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