https://doi.org/10.1007/s00392-025-02737-x
1Universität Witten/Herdecke Lehrstuhl für Kardiologie Witten, Deutschland; 2Krankenhaus Porz am Rhein gGmbH Klinik für Kardiologie, Elektrophysiologie u. Rhythmologie Köln, Deutschland; 3Krankenhaus Porz am Rhein gGmbH Köln, Deutschland
Hintergrund:
Die koronare Computertomographie-Angiographie (CCTA) ist eine etablierte, nicht-invasive Bildgebung zur Beurteilung der koronaren Herzkrankheit (KHK). Seit 2024 wird CCTA auch in der deutschen ambulanten Versorgung erstattet. Die Ableitung der fraktionellen Flussreserve aus der CCTA (CT-FFR) ermöglicht eine zusätzliche funktionelle Bewertung von Stenosen und könnte somit die diagnostische Genauigkeit und Therapieentscheidungen entscheidend verbessern.
Ziel:
Ziel dieser Studie war es, den diagnostischen und klinischen Nutzen von CT-FFR im Rahmen der ambulanten Versorgung zu untersuchen und den Einfluss auf nachfolgende diagnostische und therapeutische Maßnahmen zu analysieren.
Methoden:
Insgesamt wurden 107 konsekutive Patienten mittels CCTA mit CT-FFR-Analyse untersucht. Ein CT-FFR Wert von < 0.8 wurde als pathologisch gewertet. Basierend auf den Ergebnissen wurden die Patienten in eine CT-FFR-negative (n=80, 74.8%) und eine CT-FFR-positive Gruppe (n=27, 25.2%) eingeteilt. Es erfolgte eine retrospektive Analyse der weiterführenden Maßnahmen (funktionelle Diagnostik, invasive Koronarangiographie [ICA], perkutane Koronarintervention [PCI], koronare Bypassoperation [CABG] sowie konservative Therapie). Zusätzlich wurden der Agatston-Score und das MESA-Perzentil erfasst.
Ergebnisse:
Das mittlere Alter der Patienten lag bei 67.3 ± 7.8 Jahre und die Mehrzahl der Patienten war männlich (n=89, 83.2%). Dyspnoe fand sich bei 18.7% und Angina pectoris Beschwerden wurden von 40.2% der Patienten beklagt. In 18.7% (n=20) der Fälle führte eine pathologische Ergometrie zur Durchführung einer CCTA. Ein hohes kardiovaskuläres Risiko zeigte sich bei 55.1% der Patienten und die Vortestwahrscheinlichkeit für eine koronare Herzkrankheit lag bei 64.3 ± 18.0% (2019 ESC-Guidelines). Der mittlere Agatston-Score betrug 474.0 ± 580.5, das MESA-Perzentil lag im Mittel bei 61.1 ± 23.8. In der CT-FFR-negativen Gruppe waren weiterführende diagnostische Schritte selten: Nur zwei Patienten (2.5%) erhielten eine Ischämiediagnostik (ein kardiales MRT, ein Stressechokardiogramm), keine ICA wurde durchgeführt. In der CT-FFR-positiven Gruppe hingegen erfolgte bei 26 Patienten (96.3%) eine ICA. Dabei wurden 19 Patienten (73.1%) mittels PCI behandelt, 3 (11.5%) erhielten eine CABG, bei einem Patienten (3.85%) wurde eine Muskelbrücke festgestellt (3.8%), und bei 3 Patienten (11.5%) wurden keine Koronarstenosen festgestellt. In sieben Fällen (26.9%) wurde eine invasive FFR durchgeführt, wobei eine hohe Korrelation mit CT-FFR nachgewiesen werden konnte (r = 0.92). Der positive prädiktive Wert von CT-FFR für eine Revaskularisation (PCI/CABG) lag bei 88.46%.
Schlussfolgerung:
Die CT-FFR erlaubt eine zuverlässige funktionelle Beurteilung koronarer Stenosen im ambulanten Setting und führt zu einer effektiven Patientenselektion für invasive Verfahren. Die hohe prädiktive Genauigkeit bei CT-FFR-positiven Patienten unterstützt den klinischen Einsatz in der Versorgungsrealität und zeigt ein hohes Potenzial zur Vermeidung unnötiger invasiver Diagnostik bei CT-FFR-negativen Befunden. Die vorliegenden Daten sprechen für einen Mehrwert der CT-FFR in der strukturierten, nicht-invasiven Abklärung der KHK in der ambulanten Versorgung.