https://doi.org/10.1007/s00392-025-02625-4
1Universitätsklinikum Münster Interdisziplinäre Sektion Herzinsuffizienz Münster, Deutschland; 2Universitätsklinikum Münster Klinik für Kardiologie I: Koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz und Angiologie Münster, Deutschland; 3Universitätsklinikum Münster Klinik für Kardiologie II - Rhythmologie Münster, Deutschland; 4Universitätsklinikum Münster Herz-MRT-Zentrum Münster, Deutschland
Einleitung:
Muskeldystrophien, insbesondere die Gliedergürteldystrophien (LGMD), können mit einer Herzbeteiligung in Form einer dilatativen Kardiomyopathie (DCM) einhergehen. Im Herz-MRT zeigen sich häufig nicht-ischämische, epikardiale bis transmurale Kontrastmittelanreicherungen (KM) an der Lateralwand des linken Ventrikels, die fälschlicherweise als (abgelaufene) Myokarditis diagnostiziert werden können. Die Dysferlinopathie (Mutationen im DYSF-Gen) ist einer Form der Gliedergürteldystrophien (LGMD) und geht in der Regel mit einer milden Kardiomyopathie einher. Eine isolierte Herzbeteiligung mit schwerem Verlauf wurde bislang nicht beschrieben.
Fallvorstellung:
Ein 41-jähriger Patient stellte sich 2016 mit einer Reduktion der LV-Funktion bei Z. n. 2007 vermuteter Myokarditis vor. Damals war die Diagnose nach einem verschleppten Atemwegsinfekt und erhöhtem Coxackie-Antikörper-Titer bei einer LVEF von 49 % und vermehrten ventrikulären Extrasystolen (VES) gestellt worden. Eine Therapie wurde nicht eingeleitet, die LV-Funktion schien sich nach einigen Monaten zu normalisieren. 2016 zeigte die Echokardiographie jedoch eine LVEF von 42% ohne Belastungseinschränkung oder periphere Muskelschwäche. Eine Herzinsuffizienz-Therapie (HI) mit Bisoprolol und Ramipril wurde begonnen. Das Herz-MRT zeigte eine subepikardiale bis transmurale KM-Anreicherung vor allem der gesamten Lateralwand. Eine stenosierende koronare Herzkrankheit konnte invasiv ausgeschlossen werden. Eine linksventrikuläre Myokardbiopsie ergab keinen Hinweis auf eine akute oder chronische Myokarditis. Aufgrund der ungewöhnlichen KM-Anreicherung im Herz-MRT erfolgte eine genetische Untersuchung, mit Nachweis einer Mutation im DYSF-Gen und die Diagnose einer Dysferlinopathie mit isolierter Herzbeteiligung. Im Jahr 2024 stellte sich der Patient zur Verlaufskontrolle vor und berichtete erstmals über eine schleichende Abnahme der Belastbarkeit. Echokardiographisch wurde eine LVEF von 30 % gemessen. Die Ramipril-Therapie wurde auf Saccubitril/Valsartan umgestellt, Empagliflozin wurde zur HI-Therapie hinzugefügt. Das Herz-MRT zeigte eine ausgeprägte, progrediente Fibrose der Lateralwand (Abb.). Eine primärprophylaktischen ICD-Implantation wurde empfohlen.
Diskussion:
Bei Myokarditis-ähnlichen KM-Anreicherungen im Herz-MRT ohne Nachweis einer akuten oder chronischen Entzündung sollte differentialdiagnostisch auch an Muskeldystrophien gedacht werden. Dieser Fall stellt eine isolierte Herzbeteiligung bei Dysferlinopathie dar, die bislang nicht mit einem so schweren kardialen Verlauf assoziiert wurde, und unterstreicht die Notwendigkeit einer differentialdiagnostischen Diagnostik unklarer Kardiomyopathien.
Abb. Herz-MRT des Patienten im Jahr 2024