https://doi.org/10.1007/s00392-025-02625-4
1Universitätsklinikum Regensburg Klinik und Poliklinik für Innere Med. II, Kardiologie Regensburg, Deutschland
Hintergrund:
Studien wie SUSTAIN-6, SELECT und STEP-HFpEF zeigen das vielversprechende Potenzial des GLP-1-Agonisten Semaglutid bei Patienten mit Herzinsuffizienz, insbesondere HFpEF. Während die positiven Effekte von Semaglutid auf systemischer Ebene bereits zunehmend dokumentiert sind, fehlen bislang Daten zur direkten Wirkung auf das humane Myokard. In dieser Arbeit wurde an isolierten humanen ventrikulären Kardiomyozyten der Einfluss von Semaglutid auf den proarrhythmogenen späten Natriumstrom (Late INa) sowie das diastolische Kalziumleck aus dem sarkoplasmatischen Retikulum mittels Patch-Clamp-Technik und Konfokalmikroskopie untersucht.
Methoden:
Humane linksventrikuläre Kardiomyozyten wurden aus nicht-pathologisch veränderten Herzen (NF, Routinebiopsien nach Herztransplantation), von Patienten mit Aortenklappenstenose und einem HFpEF-ähnlichen Phänotyp (AS), sowie von Patienten im Endstadium einer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) gewonnen. Unter Semaglutid-Exposition (50 nM) wurden anschließend mittels Patch-Clamp-Technik der Late INa und mittels Konfokalmikroskopie und Ca2+-Sparkdetektion das diastolische Kalziumleck untersucht. Zur Klärung des Signalweges wurde weiterhin der GLP-1-Rezeptor-Antagonist Exendin-9-39 (Ex-9-39; 100 nM) eingesetzt. In murinen Kardiomyozyten erfolgte zudem eine Untersuchung von durch 50 µM H2O2-induzierten frühen und späten Nachdepolarisationen (early/delayed afterdepolarizations, EADs/DADs).
Ergebnisse:
Die Inkubation isolierter Kardiomyozyten von HFrEF-Patienten mit Semaglutid (Sema) reduzierte den Late INa signifikant gegenüber der Vehikel-Kontrolle (HFrEF+Vehikel: -58,432 ± 5,401 A*ms/F vs. HFrEF+Sema: -36,988 ± 3,371 A*ms/F; p=0,0286). Auch die diastolische Kalziumsparkfrequenz sank unter Semaglutid signifikant (HFrEF+Vehikel: 1,327 ± 0,548 1/100*µm-1*s-1 vs. HFrEF+Sema: 0,489 ± 0,122 1/100*µm-1*s-1; p=0,0189). In Kardiomyozyten von Patienten mit Aortenstenose und HFpEF-Phänotyp reduzierte Semaglutid ebenfalls den Late INa (AS+Vehikel: -53,176 ± 5,963 A*ms/F vs. AS+Sema: -30,831 ± 2,592 A*ms/F; p=0,0035) und die Kalziumsparkfrequenz (AS+Veh: 1,305 ± 0,201 1/100*µm-1*s-1 vs. AS+Sema: 0,770 ± 0,178 1/100*µm-1*s-1; p=0,0189) signifikant. In beiden Ätiologien reduzierte Semaglutid Late INa und Sparkfrequenz auf das Niveau von gesunden non-failing-Kardiomyozyten. Die simultane Inkubation von Ex-9-39 mit Semaglutid hob den Semaglutid-Effekt auf, was für eine GLP1-Rezeptorabhängigkeit der Semaglutidwirkung spricht. In isolierten murinen Kardiomyozyten konnten die Effekte aus dem humanen Myokard reproduziert werden, zudem führte Semaglutid in Aktionspotentialmessungen zu einer signifikanten Reduktion von EADs (H2O2: 0,850 vs. H2O2+Sema: 0,250; p=0,0198) und DADs (H2O2: 1,000 vs. H2O2+Sema: 0,083; p=0,0002), die typischerweise durch Late INa und Kalziumsparks induziert werden können.
Zusammenfassung:
In isolierten murinen und humanen Kardiomyozyten reduziert Semaglutid GLP-1-Rezeptor-abhängig den Late INa sowie das diastolische Kalziumleck, was zu einem verringerten Auftreten zellulärer Arrhythmien (EADs/DADs) führt. Diese Daten könnten dazu beitragen, das Verständnis der klinischen Effekte von Semaglutid bei Herzinsuffizienz-Patienten zu fördern.