KI-basierte Diagnoseunterstützung anhand mobiler Langzeit-EKGs für telemedizinisch überwachte Patienten mit koronarer Herzkrankheit: Eine Fallstudie zu Vorhofflimmern

https://doi.org/10.1007/s00392-025-02625-4

Alexander Hammer (Dresden)1, H. Schäfer (Witten)2, A. Gerdes (Dresden)1, B. Schmitz (Ennepetal)3, F. C. Mooren (Ennepetal)3, H. Malberg (Dresden)1, A. Linke (Dresden)4, M. Schmidt (Dresden)1

1Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der TU Dresden Institut für Biomedizinische Technik Dresden, Deutschland; 2Universität Witten/Herdecke gGmbH Fakultät für Gesundheit Witten, Deutschland; 3Klinik Königsfeld Zentrum für Rehabilitation Ennepetal, Deutschland; 4Herzzentrum Dresden GmbH an der TU Dresden Klinik für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin Dresden, Deutschland

 

Hintergrund:
Menschen mit koronarer Herzkrankheit (KHK) weisen ein signifikant erhöhtes Risiko auf, an Vorhofflimmern (VHF) zu erkranken. VHF bleibt häufig unerkannt und kann unbehandelt zu zerebrovaskulären Insulten oder zum frühzeitigen Tod führen. Im Rahmen des TIMELY-Projekts wird eine europaweite patientenzentrierte telemedizinische Plattform entwickelt, welche eine frühzeitige Risikovorhersage, Prävention und Intervention zur Unterstützung der Behandlungskontinuität bei KHK ermöglicht. Ein wesentlicher Bestandteil ist das Langzeit-EKG-Monitoring unter Verwendung mobiler 3-Kanal-EKG-Patches sowie einer KI-basierten EKG-Analyse zur frühzeitigen Erkennung von VHF. Die entwickelte KI berücksichtigt interpretierbare Signalmorphologie- und Rhythmusmerkmale und kann auf Standard-EKGs wie auch EKGs mobiler Patches angewendet werden. Im Rahmen der prospektiven Living-Lab-Studie des TIMELY-Projekts wurden Langzeit-EKGs (einmal wöchentlich, 24 Sunden) bis zu 6 Monate im häuslichen Umfeld aufgezeichnet.

Fallzusammenfassung:

Im Rahmen der Auswertung eines vorläufigen Teildatensatzes der Living-Lab-Studie konnten zwei Patienten mit bisher nicht diagnostiziertem VHF identifiziert werden. Beide Patienten sind männlich und waren zum Zeitpunkt der Studienaufnahme 55 Jahre alt.
Bei Patient A waren zu Studienbeginn eine global leichtgradig eingeschränkte linksventrikuläre Funktion mit ST-Hebung im EKG infolge eines Myokardinfarkts, sowie eine KHK mit 3-Gefäß-Erkrankung bekannt. Sowohl Ramus circumflexus als auch Ramus interventricularis anterior wurden bereits mit zwei Drug-Eluting Stents (DES) rekanalisiert. Eine verbleibende 50 % distale Hauptstamm-Stenose war bekannt. Der Patient wies eine mittel- bis hochgradige Mitralklappeninsuffizienz sowie eine leichtgradige Trikuspidalinsuffizienz auf. Zudem wurde eine leichtgradige pulmonale Hypertonie mit Verdacht auf sekundäre Genese festgestellt. Präinterventionell trat im Rahmen des Infarktes eine ventrikuläre Tachykardie auf.
Bei Patient B waren zu Beginn der Rehabilitationsmaßnahme eine Vorgeschichte einer viralen Myokarditis bekannt. Eine KHK als 1-Gefäß-Erkrankung der rechten Koronararterie wurde mittels perkutaner transluminaler Koronarangioplastie und der Platzierung von DES behandelt. Die Funktion des linken Ventrikels war unauffällig, zudem litt der Patient an einer Hyperlipoproteinämie.
Bei beiden Patienten wurde VHF erstmalig mittels kontinuierlicher Langzeitüberwachung im häuslichen Umfeld identifiziert. Die von der KI verwendeten Merkmale entsprechen dabei klinischen Diagnosekriterien von VHF. Der Befund wurde fachärztlich validiert und den Patienten mitgeteilt. Bei Patient A steht eine weiterführende Abklärung des VHF aus. Bei Patient B konnte der Befund durch die Hausärztin weder mittels Ruhe-EKG noch anschließendem Langzeit-EKG bestätigt werden, wobei jedoch andere Auffälligkeiten erkannt wurden.  Er steht daher unter ärztlicher Beobachtung.

Diskussion:
Die vorliegenden Fälle veranschaulichen die Relevanz eines kontinuierlichen Langzeit-EKG-Monitorings sowie den Vorteil einer KI-basierten Diagnoseunterstützung zur frühzeitigen Erkennung von paroxysmalem VHF bei Risikopatienten. Die vorläufigen Ergebnisse demonstrieren das Potenzial von Telemedizin und KI-Technologien in der klinischen Praxis zur frühzeitigen Identifikation von prognoserelevantem VHF bei KHK-Patienten.

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