Nutzung künstlicher Intelligenz zur Vorhersage unterschiedlicher Aspekte der atrialen Kardiomyopathie aus dem 12-Kanal-Elektrokardiogramm bei Patienten mit Vorhofflimmern

https://doi.org/10.1007/s00392-025-02625-4

Sebastian König (Leipzig)1

1Herzzentrum Leipzig - Universität Leipzig Rhythmologie Leipzig, Deutschland

 

Hintergrund: Auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Modelle können zur Identifikation oder Vorhersage unterschiedlicher Erkrankungen oder klinischer Aspekte genutzt werden. So kann aus dem 12-Kanal-Elektrokardiogramm (EKG) ein Risiko für das Vorliegen diverser kardiovaskulärer Erkrankungen abgeleitet werden. Für die Behandlung von Vorhofflimmern (VHF) als häufigster Herzrhythmusstörung im Erwachsenenalter ist eine valide Risiko-Stratifizierung inkl. der Evaluation bestehender struktureller Schäden infolge der Arrhythmie therapieentscheidend. Dies betrifft insbesondere die Indikationsstellung zur Katheterablation als zentralem Therapieelement. Ziel dieser Studie ist die Erstellung von KI-basierten Modellen zur Vorhersage unterschiedlicher Aspekte der atrialen Kardiomyopathie.

Methoden: Eingeschlossen wurden Patienten mit digital verfügbaren 12-Kanal-EKGs (EKG-Datenbank des Herzzentrums Leipzig) und vorliegenden gepaarten Daten zu kardialer Bildgebung, intrakardialen Elektrogrammen aus der elektrophysiologischen Untersuchung (EPU), sowie mit verfügbaren Informationen zum klinischem Verlauf nach einer Katheterablation von VHF. Als Studien-relevante Endpunkte wurden die Vergrößerung des linken Herzvorhofs (LAE), das Bestehen von linksatrialen Niedervoltage-Arealen (LVA) in der EPU, sowie das Wiederauftreten von klinisch bedeutsamem Vorhofflimmern nach Katheterablation definiert. Unterschiedliche KI-Modelle wurden für die Vorhersage der genannten Endpunkte neu entwickelt und validiert. Die statistische Qualität wird über die area under the receiver operating characteristic curve (AUROC) für die Gesamtkohorten sowie stratifiziert für unterschiedliche klinisch definierte Patientensubgruppen dargestellt.

Ergebnisse: Insgesamt wurden >50,000 EKGs von fast 20,000 Patienten untersucht. Die Vorhersage für LAE (AUROC 0,785, 95% Konfidenzintervall [95%CI] 0,776-0,794; AUROC für hochgradige LAE 0,812, 95%CI 0,801-0,822) und LVA (AUROC 0,802, 95%CI 0,776-0,828) gelang gut. Zusätzlich konnten verschiedene klinische Parameter mit relevantem Einfluss auf die Modellvorhersage identifiziert werden. Die Vorhersage eines klinisch-bedeutsamen Rezidivs nach Katheterablation von VHF gelang nur unzureichend und konnte auch durch Methoden des „transfer learnings“ nur marginal verbessert werden (AUROC 0,603, 95%CI 0,569-0,638), was möglicherweise auf eine limitierte Datengrundlage für die Modellentwicklung zurückzuführen ist.

Ausblick: Gegenwärtig wird an alternativen, bisher kaum für die EKG-Analyse eingesetzten KI-Modellen gearbeitet, die eine weitere Verbesserung der Modellvorhersage versprechen („temporal segment foundation models“). Darüber hinaus ist die Erweiterung des Spektrums der vorherzusagenden klinischen Aspekte basierend auf den bereits entwickelten Modellstrukturen vorgesehen (z.B. Kennzahlen der linksventrikulären Pumpfunktion). Die Nutzung zusätzlicher qualitativ hochwertiger Datenquellen wie der Helios Safe Medical Database (HeSaMeDa) ist geplant. Die HeSaMeDa umfasst prospektiv erhobene klinische Daten aus multiplen Krankenhäusern der Helios Gruppe in Deutschland, wobei digital verfügbare Routinedaten aus dem jeweiligen Krankenhausinformationssystem nach individueller Zustimmung des Patienten in eine gemeinsame Datenbasis überführt werden. So kann zum einen die Datenbasis für die künftige Modellentwicklung vergrößert und zum anderen die Möglichkeit einer externen Validierung bestehender Modelle geschaffen werden.

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