Prokoagulante Thrombozyten destabilisieren atherosklerotische Plaques

https://doi.org/10.1007/s00392-025-02625-4

Leo Nicolai (München)1

1LMU Klinikum der Universität München Medizinische Klinik und Poliklinik I München, Deutschland

 

Atherosklerose ist die führende Todesursache weltweit und aktuelle primär- und sekundärprophylaktische Maßnahmen können das Voranschreiten dieser Erkrankung nur unzureichend verhindern. Die gefährlichste Komplikation ist eine Plaque-Erosion oder -Ruptur mit nachfolgender Thrombose und Ischämie. Neuere klinische als auch grundlagenwissenschaftliche Daten zeigen nun, dass diese Konsequenzen stark vom Phänotyp der Atherosklerose abhängen: Sogenannte stabile Plaques mit einer ausgeprägten fibrotischen Kappe haben ein sehr niedriges Risiko, während sogenannte instabile Plaques mit einem ausgeprägten nekrotischen Kern zu dieser tödlichen Komplikationen neigen. Es ist daher wichtig, besser zu verstehen, welche Mechanismen die Plaques in die eine oder andere Richtung polarisieren. Tierexperimentelle Daten zeigen, dass Thrombozyten eine Rolle nicht nur in der Komplikation – der Thrombose – der Atherosklerose sondern auch in der Entstehung spielen. Dies wird hauptsächlich mit ihrer Rolle in der Rekrutierung von Immunzellen  in Verbindung gebracht. Wir haben nun untersucht, inwiefern prokoagulante Aktivierung von Thrombozyten eine Rolle in der Atherosklerose spielt. Wir können zeigen, dass in Mäusen mit fehlender prokoagulanter Aktivierbarkeit von Thrombozyten (PF4cre-CypD flox) es zwar zu keiner Änderung der absoluten Plaque-Last in einem Modell von Atherosklerose kommt (Cholesterinfutter, LDL-R KO Mäuse), dies jedoch zu einer histologischen Stabilisierung von Plaques mit einem erhöhten Anteil von SMA+ glatten Muskelzellen führt.  Eine Veränderung des Makrophagenanteils zeigt sich nicht. Somit schlussfolgern wir, dass die prokoagulante Funktion von Thrombozyten einen Einfluss auf die lokale Proliferation von protektiven, glatten Muskelzellen haben könnte. Wir etablierten daher einen In-Vitro Koinkubationsversuch von Thrombozyten und glatten Muskelzellen, und analysierten die Proliferation von letzteren. Hierbei zeigte sich, dass eine Koinkubation von glatten Muskelzellen mit prokoagulanten Thrombozyten zu einer Verminderung der Proliferation im Vergleich zur Koinkubation mit Thrombozyten ohne prokoagulante Aktivierung führt. Wir schließen hieraus, dass die prokoagulante Funktion von Thrombozyten eine anti-proliferative Wirkung auf glatte Muskelzellen hat, und somit zur Plaque-Destabilisierung beiträgt. Wir und andere konnten in vorangegangenen Arbeiten zeigen, dass eine Inhibition der Carboanhydrase mittel Metazolamide, einem klinisch zugelassenen Arzneimittel, die prokoagulante Aktivierung von Thrombozyten vermindert, und so eine anti-thrombotische Wirkung in Modellen der arteriellen und venösen Thrombose erzielt werden kann. Wir überprüften die Wirksamkeit dieses Medikaments in unserem murinen Atherosklerose-Modell, und konnten eine Stabilisierung der Plaques nachweisen. Zusammenfassend zeigen wir einen neuen Mechanismus auf, über welchen Thrombozyten atherosklerotische Plaques destabilisieren können, und liefern erste tierexperimentelle Daten, welche diese Erkenntnis mit einem klinisch zugelassenen Medikament therapeutisch nutzen.

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