Interview: Unterstützung für Frauen in der Herzchirurgie

 

Prof. Gloria Färber wurde 2025 Direktorin der Klinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie der Würzburger Universitätsmedizin und übernahm im vergangenen Jahr als bundesweit erste Frau einen Lehrstuhl in der Herzchirurgie. Im Interview spricht sie über die Bedeutung dieser Rollen für sie und stellt ihr vielfältiges Engagement für die Weiterentwicklung junger Kolleginnen in der Herzchirurgie vor.

Von: 

Max Hendriks

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

01.10.2025

 

Bildquelle (Bild oben): PeopleImages.com / Yuri A / Shutterstock.com

Rolle als Klinikdirektorin und Lehrstuhlinhaberin

 

HERZMEDIZIN: Bei Ihrer Ernennung zur neuen Direktorin der Klinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie der Würzburger Universitätsmedizin kündigten Sie bereits an, neben wissenschaftlichen Schwerpunkten auch einen erhöhten Fokus auf die Aus- und Weiterbildung von Studierenden, Kolleginnen und Kollegen legen zu wollen – warum ist Ihnen dies besonders wichtig?

 

Färber: Natürlich ist für mich die Herzchirurgie das tollste Fach der Welt! (lacht) Und diese Freude an meinem Fach möchte ich weitervermitteln. Außerdem empfinde ich die Aus- und Weiterbildung junger Kolleginnen und Kollegen auch persönlich sehr bereichernd: Nicht nur sie profitieren davon – auch ich als Mentorin wachse daran. Durch den gegenseitigen Austausch erweitere ich meinen Horizont und entwickele neue Perspektiven, zudem erhalte ich oft einen frischen Blick auf die Dinge. Besonders wichtig ist mir, dass die Teilnehmenden meiner Kurse und Fortbildungen in einem geschützten Rahmen lernen können und immer das Gefühl haben, Fragen stellen und – ja – auch Fehler machen zu dürfen. Die Herzchirurgie ist ein sensibles Fach, in dem wir oft mit schwerwiegenden Krankheitsverläufen konfrontiert werden. Umso wichtiger ist es, unsere jungen künftigen Herzchirurginnen und -chirurgen so vorzubereiten, dass sie dem sowohl technisch als auch mental gewachsen sind und nicht aus Furcht vor Fehlern erstarren. Angstfreies Lernen ist hier das Stichwort. Nur so lernen wir alle schneller und besser. Dieses Ziel treibt mich an: Ich möchte den Mut in jüngeren Kolleginnen und Kollegen wecken. 

Zur Person

Prof. Gloria Färber

Prof. Gloria Färber ist Fachärztin für Herzchirurgie und Direktorin der Klinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Würzburg. Sie ist Leiterin von „Netzwerk Herzchirurginnen” der DGTHG. Dazu initiiert sie OP-Kurse und Mentoringprogramme für Frauen in der Herzchirurgie. Auch auf internationaler Ebene bekleidet sie verschiedene Ämter, etwa bei der EACTS.

Bildquelle: Laura Glücklich/UKS

 

HERZMEDIZIN: Anfang 2024 wurden Sie bundesweit erste Lehrstuhlinhaberin für Herzchirurgie. Was bedeutet Ihnen diese Rolle als Vorreiterin? Wie sehen Sie generell die Situation von Frauen in Führungspositionen in der Herzchirurgie?

 

Färber: Ich freue mich persönlich sehr, die Direktion der Klinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Würzburg übernommen zu haben. Ganz unabhängig von meiner eigenen Rolle erhoffe ich mir aber vor allem, dass dies ein weiterer Schritt zu mehr Chancengleichheit in unserem Fachgebiet ist. Zugleich möchte ich meine neue Position nutzen, um Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen – mir ist auch auf dieser Ebene wichtig, dass wir voneinander lernen und profitieren.

Leitung von „Netzwerk Herzchirurginnen“ und Seminarangebote für Frauen

 

HERZMEDIZIN: Sie setzen sich für mehr Unterstützung für Frauen in der Herzchirurgie ein – u. a. sind Sie Mitbegründerin und Leiterin von „Netzwerk Herzchirurginnen” der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie. Wie kam es zur Gründung des Netzwerks und was sind Ihre Ziele damit?

 

Färber: Ich habe schon frühzeitig herzchirurgische Ausbildungskurse mitbetreut oder geleitet. Dabei ist mir aufgefallen, dass Frauen eher zurückhaltend sind, wenn es darum geht, chirurgisch etwas auszuprobieren. Männliche Kollegen sind oft viel forscher und selbstbewusster. Es erschien daher offensichtlich, einen geschützten Rahmen für Frauen zu schaffen. Aus diesem Antrieb heraus entstand das DGTHG-Seminar „Frauen trainieren Frauen“, hier können Frauen quasi „unter sich“ trainieren und dank der vielen Tutorinnen auch unterschiedliche OP-Techniken ausprobieren. Es ist uns damit geglückt, genau dieses geschützte Umfeld für Frauen zu schaffen. Das gleiche Prinzip gilt für das „Netzwerk Herzchirurginnen“. Wir bieten damit eine Plattform, auf der sich Frauen gegenseitig unterstützen, Erfahrungen austauschen und mit Rat und Tat einander beistehen. Wir möchten damit auch Vorbilder für unsere jungen Kolleginnen und Studentinnen sein. 

 

HERZMEDIZIN: Was möchten Sie den Teilnehmerinnen Ihrer Kurse und Programme vermitteln und warum würden Sie Ärztinnen eine Teilnahme empfehlen?

 

Färber: Ich möchte den Teilnehmerinnen meiner Frauen-Kurse zeigen, dass sie genauso in der Lage sind, Führungsverantwortung zu übernehmen wie ihre männlichen Kollegen. Dafür gebe ich ihnen konkrete Werkzeuge an die Hand und zeige ihnen, wie sie ihre Potenziale gezielt entfalten können – in einer vertrauensvollen Umgebung, die ausschließlich Frauen vorbehalten ist. Zudem liegt mir am Herzen, über die Vermittlung von Wissen und der Stärkung von Kompetenzen hinaus auch die Vernetzung unter den Teilnehmerinnen zu fördern. Teilnehmerinnen meiner Seminare erwartet ein starkes Kolleginnen-Netzwerk, das von allen als gegenseitige Unterstützung erlebt wird.

Kooperationen mit der Kardiologie?

 

HERZMEDIZIN: Ergeben sich für Herzchirurginnen auch fachbereichsübergreifend gewisse Herausforderungen? Gibt es dafür einen Austausch oder Kooperationen mit Kardiologinnen, so dass sowohl die Fachrichtung als auch die Ärztinnen vorangebracht werden können?

 

Färber: Das ist eine spannende Frage und eine gute Idee! Nach meinem Kenntnisstand gibt es derzeit keine strukturierten Kooperationen zwischen Herzchirurginnen und Kardiologinnen in Form von Netzwerken oder regelmäßigem Austausch. Das würde ich sehr begrüßen, denn auch in der Kardiologie sind aktuell Führungskräfte überwiegend männlich. Wir Herzmedizinerinnen könnten uns gemeinsam für mehr Chancengleichheit einsetzen; ohne dass es dabei um Verdrängung geht, sondern um bessere Zusammenarbeit und Diversität in der Führung. Vielleicht eine Idee für ein neues Projekt?


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