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Frauen sind in klinischen Studien zur Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) bei Aortenklappenstenose (AS) bislang unterrepräsentiert. In den letzten Jahren hat das Interesse an geschlechtsspezifischen Unterschieden in prozeduralen Strategien und Behandlungsergebnissen jedoch zugenommen. Frauen sind bei Diagnosestellung im Durchschnitt älter und weisen eine höhere Symptomlast auf. Zusätzlich können ihre kleineren Anulus-Dimensionen das Risiko für ein Patienten-Prothesen Mismatch (PPM) erhöhen und spezifische prozedurale Anpassungen erforderlich machen. Erste Studien wie SMART und RHEIA adressieren geschlechtsspezifische Unterschiede, doch bleibt ihre Relevanz hinsichtlich klinischer Endpunkte in großen Real-World-Kohorten unklar.
Ziel dieser Studie war es, mithilfe des internationalen IMPPACT-TAVI-Registers (DRKS00035691) geschlechtsspezifische Unterschiede bei TAVI zu untersuchen. Dabei wurden präoperative und prozedurale Charakteristika, postoperative hämodynamische Ergebnisse und deren Einfluss auf die 3-Jahres-Mortalität analysiert.
Die Studie basiert auf 20.094 Patient:innen mit hochgradiger AS und verfügbaren echokardiographischen Daten, die zwischen 2006 und 2022 in 26 internationalen Zentren eine TAVI erhielten. Die Endpunkte wurden gemäß VARC-3-Kriterien definiert.
Von den 20.094 eingeschlossenen Patient:innen waren 49,1 % Frauen. Sie waren im Durchschnitt älter als Männer (81±6 vs. 80±6 Jahre, p<0.001) und hatten eine ausgeprägtere Symptomlast (NYHA-Klasse ≥III: 74,4 vs. 67,6%, p<0.001). Trotz kleinerer Anulusfläche (409±65 vs. 513±82 mm², p<0.001) war die präinterventionelle Aortenklappenöffnungsfläche zwischen den Geschlechtern vergleichbar (0,39±0,11 vs. 0,39±0,10 cm²/m², p=0.231). Frauen wurden häufiger mit selbstexpandierenden Prothesen (SEV) behandelt (66,5 vs. 45,7%, p<0.001). Der postinterventionelle mittlere transvalvuläre Druckgradient nach TAVI betrug bei Frauen 9,7±4,6 mmHg und bei Männern 9,9±4,4 mmHg (p<0.001) mit einer vergleichbaren Klappenöffnungsfläche (1,01±0,28 bei Frauen vs. 0,99±0,27 cm²/m² bei Männern, p<0.001). Die 3-Jahres-Mortalität war bei Frauen signifikant niedriger (HR 0.80, 95 % CI 0.75-0.86, p<0.001; A). Schweres PPM trat bei Frauen seltener auf (4,0 vs. 4,5 %, p<0.001) und war in Kaplan-Meier-Analysen nur bei Männern mit einer erhöhten Mortalität assoziiert (HR 1.35, 95 % CI 1.10-1.65, p=0.004). Nach Adjustierung für relevante Störfaktoren in multivariablen Cox-Modellen zeigte PPM in beiden Geschlechtern keinen signifikanten Einfluss auf die Mortalität (B).
In dieser Studie wiesen Frauen, trotz vergleichbarer Klappenöffnungsfläche, eine höherer Symptomlast auf. Dies stellt die Eignung aktueller Leitlinienwerte infrage, die intrinsische anatomische Unterschiede zwischen den Geschlechtern nicht berücksichtigen. Der vermehrte Einsatz von SEV und weitere prozedurale Adaptionen führten dennoch zu vergleichbaren hämodynamischen Ergebnissen und sogar geringeren Raten von schwerem PPM bei Frauen. PPM war nur bei Männern mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. Dieser Effekt war jedoch vor allem durch Begleiterkrankungen und nicht durch ein echtes anatomisches Mismatch bedingt, da nach Adjustierung für relevante Störfaktoren in multivariablen Modellen PPM in beiden Geschlechtern keinen Einfluss auf die Mortalität zeigte. Diese Ergebnisse unterstützen einen holistischen Ansatz in der Therapieplanung anstelle einer alleinigen Fokussierung auf hämodynamische Ziele und die Vermeidung von PPM. Künftige Forschung sollte sich auf die Entwicklung geschlechtsspezifischer Leitlinienwerte sowie neue Methoden zur Beurteilung der Klappenfunktion und deren prognostische Bedeutung konzentrieren, um Interventionszeitpunkt, Prozedurstrategie und langfristigen Ergebnisse für Frauen und Männer zu optimieren.
Abbildung 1: (A) Kaplan-Meier-Kurven mit 95 %-Konfidenzintervallen für das Gesamtüberleben. (B) Forest Plot der Ergebnisse des multivariablen Cox-Modells – inklusive Vergleich von schwerem PPM versus nicht-schwerem PPM (kein und moderates PPM) in Männern und Frauen. Hazard Ratios mit 95 %-Konfidenzintervallen sind dargestellt. Das Implantationszentrum wurde als Zufallseffekt in das Modell integriert.
Abkürzungen: GFR: glomeruläre Filtrationsrate; LVEF: linksventrikuläre Ejektionsfraktion; PPM: Patienten-Prothesen Mismatch; PVL: paravalvuläre Leckage; TAVI: transkatheter Aortenklappenimplantation.