Zehn Jahre TAVI in Deutschland: Wandel in Patientenselektion und Therapieergebnissen in der klinischen Praxis (2013–2023)

PDF enthält Tabellen und/oder Abbildungen

Dr. med. Jan Wrobel und PD Dr. med. Victor Mauri, Köln

Hintergrund

Die Aortenklappenstenose (AS) ist eine altersassoziierte Erkrankung mit steigender Prävalenz in der älter werdenden deutschen Bevölkerung. Die Behandlung der schweren symptomatischen AS wurde durch die Einführung des kathetergestützten Aortenklappenersatzes (TAVI) revolutioniert. Seither hat sich TAVI, unabhängig vom Operationsrisiko, als gleichwertige Alternative zum chirurgischen Aortenklappenersatz (SAVR) etabliert. Die zunehmende Evidenz für Sicherheit und Effektivität der TAVI führte zu einer erweiterten Indikationsstellung, die seit 2021 auch ältere Patient:innen mit niedrigem sowie jüngere Patient:innen (<75 Jahren) mit hohem Operationsrisiko umfasst. Deutschland ist weltweit führend bei TAVI-Eingriffen. Laut Herzbericht 2024 der Deutschen Herzstiftung wurden 2022 über 75 % aller AS-Fälle mittels TAVI behandelt, während der chirurgische Klappenersatz seit 2011 rückläufig ist. Unklar bleibt, wie die 2021 aktualisierten Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie die Patientenselektion und Behandlungsergebnisse beeinflusst haben.

 

Ziel

Die Analyse von zeitlichen Entwicklungen in patientenbezogenen Charakteristika und Risikoprofilen, sowie Behandlungsergebnissen nach TAVI im Zeitraum von 2013 bis 2023.

 

Methoden

In dieser retrospektiven Studie wurden 33.079 Patient:innen mit schwerer AS aus sieben großen Herzzentren in Deutschland analysiert, die mittels TAVI behandelt wurden. Es wurden zeitliche Trends in den Patientenmerkmalen, den prozeduralen Ergebnissen und der 30-Tage-Sterblichkeit untersucht.

 

Ergebnisse

Die Zahl der jährlichen TAVI-Behandlungen stieg von 1.605 im Jahr 2013 auf 4.459 im Jahr 2023. Besonders bei jüngeren (<75 Jahre) und älteren Patient:innen (≥80 Jahre) war ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen, ohne das durchschnittliche Patientenalter von 81 Jahren über die Zeit relevant zu beeinflussen. Das operative Risiko, gemessen am STS-Score (ein etablierter Score zur Einschätzung des Sterberisikos bei herzchirurgischen Eingriffen), sank von 5,9 % (2013) auf 4,1 % (2023). Nach 2021 stabilisierte sich das perioperative Risiko, da zunehmend ältere Patient:innen mit niedrigem Risiko behandelt wurden und das operative Risiko in dieser Altersgruppe mit den neuen Leitlinien an Bedeutung verlor. Prozedurbedingte Komplikationen wie Blutungen, Gefäßverletzungen oder die Notwendigkeit einer Schrittmacherimplantation gingen deutlich zurück, was auf die Optimierung der TAVI-Prozedur zurückzuführen ist. Während die unbereinigte 30-Tage-Sterblichkeit von 7,1 % auf 2,5 % sank, verringerte sich die für Begleiterkrankungen-adjustierte Sterblichkeit nur leicht (3,8 % auf 3,2 %).

 

Schlussfolgerung/Fazit

Zusammenfassend wurden in den letzten 11 Jahren zunehmend gesündere Patient:innen mit geringerem operativem Risiko behandelt. Seit 2021 zeigt sich ein Plateau im altersunabhängigen operativen Risiko bei TAVI-Patient:innen in Deutschland, was das komorbiditätsunabhängige perioperative Risiko dieser Patientengruppe widerspiegelt. Zudem nahmen TAVI-bedingte Komplikationen ab, wodurch das Kurzzeitüberleben stetig verbessert wurde. Allerdings sank die risikoadjustierte 30-Tages-Mortalität nur geringfügig, was darauf hindeutet, dass die Behandlung von Patient:innen mit niedrigerem Operationsrisiko der Hauptfaktor für das verbesserte Kurzzeitüberleben ist.

 

Abbildung 1 : Das Patientenalter (A), das operative Sterblichkeitsrisiko (STS-Score) (B) sowie die Anzahl der behandelten Patient:innen mit mittlerem und hohem operativen Risiko (C) sind zwischen 2013 und 2023 deutlich gesunken. Die für Begleiterkrankungen-bereinigte Kurzzeitsterblichkeit nahm weniger stark ab als die allgemeine 30-Tage-Sterblichkeit, was den Einfluss eines zunehmend gesünderen Patientenkollektivs auf die TAVI-Sterblichkeit verdeutlicht (D).

 

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