Tools für die Zukunft

Digitale Kardiologie - Die eCardiology gehört zu den dynamischsten Bereichen der Kardiologie. Digitale Anwendungen sind mittlerweile fest in der kardiologischen Praxis etabliert, oft ohne dass wir ihre wachsende Bedeutung bewusst wahrnehmen.

 

Von PD Dr. Philipp Breitbart und Prof. Christian Perings

Das Jahr 2024 war geprägt von spannenden Fortschritten in der digitalen Kardiologie, insbesondere im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) und mobiler Gesundheitstechnologien. Zeit, auf die wichtigsten Highlights zurückzublicken.

 

DGK-Jahrestagung: Digitale Kardiologie im Fokus

Auf der eCardiology-Stage der DGK-Jahrestagung 2024 gab es eine Vielzahl spannender Vorträge und interaktiver Workshops rund um den digitalen Fortschritt. Besonders interessant waren die praxisorientierten Sitzungen, in denen die Teilnehmenden z. B. eigene KI-Modelle erstellen oder dreidimensionale Bildgebung als Vorbereitung für interventionelle Eingriffe erleben konnten. Die Rolle der KI in der kardiovaskulären Bildgebung und Intervention war ein zentrales Thema. Die Diskussionen drehten sich vor allem um die Frage, wie KI die tägliche Praxis unterstützen und verbessern kann.

 

Künstliche Intelligenz: Chancen und Herausforderungen

Auch auf dem ESC-Kongress waren der Einsatz und die Entwicklung von KI ein dominierendes Thema. Im Mittelpunkt der Debatten stand nicht mehr die Frage, ob KI den medizinischen Alltag verändern, sondern wie stark und in welche Richtung sie diesen beeinflussen wird. KI bietet nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, von der Diagnose über therapeutische Entscheidungen bis hin zur Prävention. Ein großes Thema des Jahres war, wie KI die qualitative kardiologische Versorgung länderübergreifend verbessern kann, aber auch, welche Grenzen weiterhin bestehen. Der Zugang zu KI-gestützten Technologien ist weltweit ungleich verteilt, und die Technologien erfordern erhebliche Ressourcen. Zudem gibt es weiterhin Probleme, wie etwa KI-Halluzinationen, also Fehlinterpretationen, und die Gefahr von Bias in den zum KI-Training verwendeten Datensätzen. Insbesondere in der Kardiologie, die oft komplexe und atypische Fälle behandelt, müssen diese Herausforderungen überwunden werden.

 

PROTEUS-Studie: Vorbild für den KI-Einsatz

Ein symbolisches Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von KI in der Kardiologie ist die PROTEUS-Studie, die auf dem ESC-Kongress vorgestellt wurde. Diese Studie untersuchte, wie KI die Auswertung von Stressechokardiografien unterstützen kann. Obwohl diese Methode in ihrer Aussagekraft begrenzt ist, bleibt sie in vielen Teilen der Welt, auch in Deutschland, ein wichtiger Bestandteil der klinischen Praxis. Die Studie zeigte, dass durch den Einsatz von KI auch weniger erfahrene Untersucher in der Lage waren, vergleichbare Ergebnisse wie Experten zu erzielen. Dies könnte die Qualität der diagnostischen Verfahren in der breiten Versorgung erheblich verbessern und weist darauf hin, dass KI zukünftig eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung von weniger erfahrenen Ärztinnen und Ärzten spielen könnte.

 

Mobile Health: Neue Standards für mHealth-Lösungen

2024 erfolgte zudem die Veröffentlichung eines Consensus Statements des ESC Regulatory Affairs Committees zur Bewertung von Mobile-Health(mHealth)-Lösungen. Diese Technologien bieten das Potenzial, das Selbstmanagement von Patientinnen und Patienten zu verbessern und die klinische Versorgung zu optimieren. Doch bislang fehlten klare Kriterien für die Integration dieser Anwendungen in die klinische Routine. Das neue Consensus Statement legt nun Richtlinien fest, wie mHealth-Lösungen hinsichtlich ihrer Sicherheit, Wirksamkeit und Integration in die kardiologische Praxis bewertet werden können, insbesondere bei Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz.

 

Fortschritte bei der Prädiktion von Herzkrankheiten

Ein wissenschaftlicher Schwerpunkt des Jahres 2024 lag auf der Prädiktion von kardiovaskulären Ereignissen wie koronarer Herzkrankheit und akutem Koronarsyndrom. Spannende neue Daten deuten darauf hin, dass zukünftig aus einem Ruhe-EKG nicht nur Vorhofflimmern vorhergesagt werden kann, sondern auch im Alltag manchmal herausfordernde Erkrankungen wie eine Amyloidose oder eine Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion diagnostiziert werden können. Zudem wurde gezeigt, dass sich aus einem EKG das biologische „EKG-Alter“ eines Patienten ableiten lässt, welches mit der Mortalität korreliert. Diese Erkenntnisse könnten zukünftig dabei helfen, präzisere Vorhersagen zu treffen und Risikopatienten besser zu identifizieren.

 

eCardiology in der Cardio News und auf Herzmedizin.de

Viele der spannenden eCardiology-Themen des Jahres 2024 sind auf Herzmedizin.de und in den vergangenen Ausgaben der Cardio News nachzulesen. Zudem gibt es fortlaufend auf Herzmedizin.de in der Rubrik „Digitale Kardiologie“ monatlich erscheinende „Digital Wrap-Ups“ und „Digitalimpulse“, die nicht nur aktuelle Kongressberichte oder Studienergebnisse zusammenfassen, sondern insgesamt vertiefende Einblicke in die digitale Kardiologie bieten. Diese neuen Formate ermöglichen es Ärzten und Wissenschaftlern, auf dem neuesten Stand der Forschung zu bleiben und wichtige Erkenntnisse direkt in die Praxis umzusetzen.

 

Weiterführende Literatur

Upton R et al. N Engl J Med. 2024; https://doi.org/10.1056/AIoa2400865

 

Caiani EG et al. Eur Heart J Digit Health. 2024;5(5):509-23

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