Remote-Monitoring des Pulmonalisdrucks zur Abschätzung der Prognose bei Herzinsuffizienz

 

DGK-Jahrestagung 2025 | CardioMEMS: Die Ergebnisse einer Meta-Analyse von 5 CardioMEMS™-Studien wurden von Prof. Christiane E. Angermann (Uniklinikum Würzburg) in der Session Late Breaking Clinical Trials I vorgestellt.1 Das CardioMEMS System (Abbott, Sylmar, USA) dient zur Fernüberwachung des Drucks in der Pulmomalarterie. Die Ergebnisse legen nahe, dass mit Hilfe dieses implantierbaren hämodynamischen Monitors bei ambulanten Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz das Mortalitätsrisiko abgeschätzt werden kann. 

 

Prof. Birgit Aßmus (Universitätsklinikum Gießen) kommentiert.

Von:

Prof. Christiane E. Angermann

Universitätsklinikum Würzburg

 

Expertenkommentar

Prof. Birgit Aßmus

Rubrikleiterin Herzinsuffizienz

 

24.04.2025

 

Bildquelle (Bild oben): m:con / Ben van Skyhawk

Hintergrund/Studienziele

Eine mittels implantierbarem pulmonalen Drucksensor hämodynamisch geführte und optimierte Therapie senkte in mehreren randomisierten Studien und prospektiv rekrutierten Registern die Mortalität und Morbidität ambulanter Patientinnen und Patienten mit symptomatischer chronischer Herzinsuffizienz.2-9 Verbesserungen der Prognose waren eng mit einer Senkung des Drucks in der Pulmonalarterie (PAP) assoziiert.10 In dieser retrospektiven Analyse nutzten wir eine gepoolte Datenbank von 5 klinischen Studien um folgende Fragen zu adressieren:

  1. Eignen sich diastolische (PAdias), systolische (PAsys) und mittlere (PAmean) PAP-Werte gleichermaßen zur Abschätzung des Mortalitätrisikos?
  2. Ist das prognostische Potenzial des PAP unabhängig davon, ob eine erhaltene oder eine reduzierte linksventrikuläre Pumpfunktion vorliegt?
  3. Sagen Veränderungen des PAP über einen Zeitraum von 6 Monaten nach der Implantation des Drucksensors längerfristige Veränderungen des Mortalitätssrisikos vorher?

Methodik/Studiendesign

 

Folgende 5 Studien wurden einbezogen: 

 

  1. CHAMPION2 (CardioMEMS Heart Sensor Allows Monitoring of Pressure to Improve Outcomes in NYHA Class III Heart Failure Patients trial), n=550
  2. GUIDE-HF (hemodynamic-GUIDEed management of Heart Failure trial) Randomized Arm3-4, n=1000
  3. GUIDE-HF Single Arm5, n=1358
  4. USPAS6 (CardioMEMS HF System Post Approval Study), n=1200
  5. MEMS-HF7 (CardioMEMS Monitoring Study for Heart Failure), n=234

 

Strukturelle Lungenerkrankungen waren ein Ausschlusskriterium. Eine Datenaggregation war dadurch möglich, dass demografische Daten, Komorbiditäten, und Behandlung in den 5 Studien auf ähnliche Weise dokumentiert wurden und der Zeitablauf der Nachuntersuchungen vergleichbar war. Von den insgesamt 4.342 Teilnehmenden wurden 4.019 in die Analyse eingeschlossen. Davon hatten n=2.562 eine reduzierte linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF <50 %, HFrEF) und n=1.454 eine erhaltene LVEF (≥50 %, HFpEF). PAdias, PAsys und PAmean wurden insgesamt und getrennt für die Untergruppen HFpEF und HFrEF untersucht. Der Ausgangsdruck (gemittelt über 14 Tage nach der Implantation) und die Druckveränderung (Anstieg/Abfall/keine Veränderung) zwischen Ausgangswert und dem Wert beim 6-Monats-Follow-Up (gemittelt über 14 Tage unmittelbar vor der Visite) wurden mit der Gesamtmortalität über einen Nachbeobachtungszeitraum von insgesamt 2 Jahren in Beziehung gesetzt.

Ergebnisse

 

Bei allen Studienteilnehmenden erwies sich der zu Baseline gemessene PAdias als unabhängiger signifikanter Prädiktor der Gesamtmortalität (HR 1,04; 95%KI [1,03-1,05]; p<0,0001). Zudem war die Veränderung des PAdias zwischen Baseline und 6 Monaten (als kontinuierliche Variable betrachtet) in der Landmark Analyse unabhängig prädiktiv für die Mortalität im Zeitraum zwischen 6 und 24 Monaten (HR 1,03; 95%KI [1,01;1,05]; p=0,0042). Kategoriale Veränderungen des PAdias, die zwischen dem Ausgangswert und dem Follow-Up nach 6 Monaten eintraten untersuchten wir für eine Abnahme oder ein Anstieg um ≥2 mmHg im Vergleich zu keiner oder einer geringeren Veränderung des PAdias und fanden, dass diese Änderungen eine Abnahme der Sterblichkeit um 14,7 % bzw. einen Anstieg um 26,7 % voraussagten (p=0,0237). Ähnliche statistisch signifikante Resultate ergaben sich für den PAsys und den PAmean. Außerdem zeigte unsere Analyse, dass das prognostische Potential der Baseline-Werte und der PAP-Veränderungen nach 6 Monaten hinsichtlich Gesamtmortalität in den HFrEF- und HFpEF-Subgruppen sehr ähnlich war. 

Diskussion/Fazit

 

Dass alle PAP-Werte (diastolisch, systolisch und Mittelwert) und ihre Veränderungen zwischen Baseline und dem 6-Monats-Follow-Up sich als vergleichbar gute Prädiktoren für das 2-Jahres-Mortalitätsrisiko erwiesen, war angesichts der bekanntermaßen unterschiedlichen hämodynamischen Determinanten jedes Wertes nicht zu erwarten gewesen, ist aber klinisch in mehrerlei Hinsicht relevant: z. B. wird routinemäßig nur der PAsys aus den mit Echo-Doppler gemessenen Geschwindigkeiten der Trikuspidalregurgitation ermittelt. Unsere Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung dieser im Versorgungsalltag leicht bestimmbaren Variable, die damit sowohl als alternativer Verlaufsparameter und Qualitätsmarker für die Herzinsuffizienztherapie, als auch als Prognoseindex bei Patientinnen und Patienten eingesetzt werden kann, die keinen Drucksensor haben. Auch, dass die prognostische Aussagekraft der Druckwerte und ihrer Veränderungen bei den Patientinnen und Patienten mit HFrEF und HFpEF sehr ähnlich ist, war nicht vorherzusehen, legt aber nahe, dass bei chronisch Herzinsuffizienten der dominante Prognosefaktor weniger die LVEF, sondern eher der PAP ist. Daraus ist abzuleiten, dass das Angebot eines Disease Managements mit hämodynamisch geführter Optimierung der Therapie bei Patientinnen und Patienten, die den Studienteilnehmenden ähneln, über das gesamte LVEF-Spektrum hinweg die Qualität der ambulanten Betreuung signifikant verbessern und ihnen die Chance auf ein längeres Überleben eröffnen könnte.11

Expertenkommentar

 

Die vorliegende retrospektive Analyse liefert einen bedeutenden Beitrag zum besseren Verständnis der prognostischen Aussagekraft hämodynamischer Parameter bei chronischer Herzinsuffizienz. Aufbauend auf einer gepoolten Datenbasis von über 4.000 Patientinnen und Patienten aus 5 klinischen Studien demonstriert sie eindrucksvoll, dass pulmonalarterielle Drücke – insbesondere der diastolische PAP (PAdias) – zuverlässige Prädiktoren der Mortalität darstellen, unabhängig von der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF). Dies ist insofern bemerkenswert, als bisherige Leitlinien und klinische Praxis häufig eine differenzierte Betrachtung und Behandlung von HFrEF- und HFpEF-Patientinnen und Patienten erfordern. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die hämodynamische Belastung des kleinen Kreislaufs möglicherweise ein übergeordneter Prädiktor für das Überleben ist.


Besonders hervorzuheben ist die methodische Stringenz der Studie: Die Harmonisierung der Studiendaten hinsichtlich Zeitpunkten, Variablen und Einschlusskriterien erlaubt valide Aussagen über PAP-Veränderungen im Zeitverlauf und deren Relevanz für die Prognose. Die signifikanten Unterschiede im Mortalitätsrisiko bei einem Anstieg oder Abfall des PAdias um nur 2 mmHg verdeutlichen zudem, wie sensitiv und klinisch nutzbar dieser Parameter ist.


Die Implikationen für die Praxis sind vielversprechend: Die Möglichkeit, durch kontinuierliches Monitoring und gezielte therapeutische Steuerung des PAP die Mortalität zu senken, könnte die Versorgung chronisch Herzinsuffizienter grundlegend verbessern. Insbesondere auch der Einsatz einfach messbarer Parameter wie des PAsys – zum Beispiel auch echokardiographisch abgeschätzt ohne implantierten Sensor – birgt Potenzial für eine breitere Implementierung im Versorgungsalltag. Die Studie stärkt somit die Evidenzbasis für hämodynamisch gesteuerte Disease-Management-Programme und unterstützt deren Einsatz über das gesamte Spektrum der LVEF hinweg.


Zur Autorin des Expertenkommentars

Prof. Birgit Aßmus

Prof. Birgit Aßmus ist leitende Oberärztin und W3-Professorin in der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Universitätsklinikum Gießen (UKGM) sowie an der Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen u. a. Telemedizin sowie evidenzbasierte Versorgungsoptimierung und Pathophysiologie bei Herzinsuffizienz.

Referenzen

 

  1. Angermann CE: Ambulatory pulmonary artery pressures predict mortality in patients with chronic heart failure: Pooled analysis from five CardioMEMS Trials. 91. Jahrestagung der DGK, Mannheim, Late Breaking Clinical Trials I, 24. April 2025
  2. Abraham WT et al. Sustained efficacy of pulmonary artery pressure to guide adjustment of chronic heart failure therapy: complete follow-up results from the CHAMPION randomised trial. Lancet. 2016;387:453-461. doi: 10.1016/s0140-6736(15)00723-0
  3. Lindenfeld J et al. Haemodynamic-guided management of heart failure (GUIDE-HF): a randomised controlled trial. Lancet. 2021;398:991-1001. doi: 10.1016/s0140-6736(21)01754-2
  4. Lindenfeld J et al. Hemodynamic-GUIDEd management of Heart Failure (GUIDE-HF). Am Heart J. 2019;214:18-27. doi: 10.1016/j.ahj.2019.04.014
  5. Mehra MR. Primary Results Of The Prospective Single Arm Trial Of Hemodynamic-guided Management Of Heart Failure (GUIDE-HF). Journal of Cardiac Failure. 2024;30:312. doi: https://doi.org/10.1016/j.cardfail.2023.10.466
  6. Shavelle DM et al. Lower Rates of Heart Failure and All-Cause Hospitalizations During Pulmonary Artery Pressure-Guided Therapy for Ambulatory Heart Failure: One-Year Outcomes From the CardioMEMS Post-Approval Study. Circ Heart Fail. 2020;13:e006863. doi: 10.1161/circheartfailure.119.006863
  7. Angermann CE et al. Pulmonary artery pressure-guided therapy in ambulatory patients with symptomatic heart failure: the CardioMEMS European Monitoring Study for Heart Failure (MEMS-HF). Eur J Heart Fail. 2020;22:1891-1901. doi: 10.1002/ejhf.1943
  8. Brugts JJ et al. Remote haemodynamic monitoring of pulmonary artery pressures in patients with chronic heart failure (MONITOR-HF): a randomised clinical trial. Lancet. 2023;401:2113-2123. doi: 10.1016/s0140-6736(23)00923-6
  9. Lindenfeld J et al. Implantable Hemodynamic Monitors Improve Survival in Patients With Heart Failure and Reduced Ejection Fraction. J Am Coll Cardiol. 2024;83:682-694. doi: 10.1016/j.jacc.2023.11.030
  10. Zile MR et al. Intracardiac Pressures Measured Using an Implantable Hemodynamic Monitor: Relationship to Mortality in Patients With Chronic Heart Failure. Circ Heart Fail. 2017;10. doi: 10.1161/circheartfailure.116.003594
  11. Zile MR et al. Relationship Between Remote, Ambulatory Pulmonary Artery Pressures, and All-Cause Mortality in Patients With Chronic Heart Failure. Circ Heart Fail. 2025:e012754. doi: 10.1161/circheartfailure.124.012754

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