Wenn Hitze das Herz aus dem Takt bringt

 

DGK Herztage 2025 | Der Klimawandels führt auch in Deutschland zu mehr extremen Temperaturereignissen, was besonders für Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen eine Belastung darstellt. Eine aktuelle Studie konnte durch einen retrospektiven Vergleich von laborchemischen Parametern und Klimadaten zum Zeitpunkt der Zuweisung zeigen, dass eine erhöhte Außentemperatur die kardiale Belastung für Herzinsuffizienz-Patientinnen und -Patienten mit neuem Vorhofflimmern messbar erhöhte. Im Lichte des Klimawandels und des demographischen Wandels ergeben sich mögliche Konsequenzen für die Akutversorgung dieser Patientinnen und Patienten.

 

Dr. David Reek (Universitätsklinikum Augsburg) berichtet.1

Von:

Dr. David Reek

Universitätsklinikum Augsburg

 

13.10.2025

 

Bildquelle: Sina Ettmer Photography / Shutterstock.com

 

Der Einfluss der Außentemperatur und anderer klimatischer Parameter auf die kardiovaskuläre Mortalität und Morbidität war bereits Gegenstand zahlreicher Untersuchungen.1,2 Die Ergebnisse sind jedoch sehr heterogen, vor allem wenn der Einfluss auf kardiale Arrhythmien betrachtet wird. Allerdings ist klar, dass einerseits im Lichte des Klimawandels in der Zukunft höhere Außentemperaturen, insbesondere in einem urbanen Umfeld, zu erwarten sind, andererseits aber auch mehr Patientinnen und Patienten unter Vorhofflimmern leiden werden, was nicht zuletzt dem demographischen Wandel zuzuschreiben ist.

Methodik und Studiendesign

 

In der Studie wurden retrospektiv patientenbezogene klinische, laborchemische und demographische Daten sowie klimatische Faktoren am Tag der Akutzuweisung wegen Vorhofflimmerns in das Universitätsklinikum Augsburg aus den Jahren 2018 bis 2023 analysiert. In die Auswertung wurde als kardialer Läsionsmarker das hochsensitive Troponin (hsTrI) einbezogen, darüber hinaus als Herzinsuffizienzmarker das NTproBNP. Eine vorbekannte Herzinsuffizienz wurde jeweils als Komorbidität erfasst. Zusätzlich wurde die Maximaltemperatur am Wohnort am jeweiligen Tag der Zuweisung einer Datenbank des Deutschen Wetterdienstes entnommen. In die Analyse wurden insgesamt 1.800 Patientinnen und Patienten eingeschlossen, von denen ca. für 350 Fälle Troponin-Werte  und für ca. 600 Fälle  NTproBNP-Werte vorlagen.

Ergebnisse

 

Patientinnen und Patienten mit einer vorbekannten Herzinsuffizienz (HI) wiesen grundsätzlich höhere kardiale Läsionsmarker auf (hsTrI 34,5±58,1 pg/ml vs. 72,5±128,4 pg/ml; p<0,001), wenn sie wegen Vorhofflimmerns akut das Krankenhaus aufsuchten. Wenn am Tag der Zuweisung die Außentemperatur über 15°C lag, konnte bei Patientinnen und Patienten mit HI ein signifikant höheres Troponin gemessen werden, im Vergleich zu Tagen, an denen die Temperatur unter 15°C lag. (50,8±80,3 pg/ml vs. 103,3±172,5 pg/ml; p=0,040), bei Patientinnen und Patienten ohne eine Herzinsuffizienz konnte für den kardialen Läsionsmarker kein relevanter Temperaturunterschied gefunden werden (32,6±45,2 pg/ml vs. 37,2±72,5 pg/ml; p=0,26). Zu erwarten waren höhere NTproBNP-Werte bei Personen mit HI gegenüber Personen ohne HI, jedoch warrn NTproBNP-Werte bei Personen mit HI auch temperaturabhängig (15°C) erhöht (5577,3±7208,8 pg/ml vs. 8501,8±10550,6 pg/ml; p=0,016), dagegen war bei Personen ohne HI kein Temperaturunterschied nachweisbar (1525,4±1732,5 pg/ml vs. 1473,3±1674,1 pg/ml; p=0,379).

Limitationen

 

Es handelt sich um eine retrospektive Betrachtung, die Daten wurden aus dem Krankenhausinformationssystem entnommen. Auch wenn diese Daten manuell überprüft wurden, ergibt sich eine mögliche Unschärfe, insbesondere in den anamnestischen Angaben. Die Anzahl an Patientinnen und Patienten, für die alle Laborwerte vorlagen, war naturgemäß ebenfalls begrenzt.

Fazit

 

Die Daten zeigen, dass die Kombination aus erhöhter Außentemperatur und neu aufgetretenem Vorhofflimmern insbesondere bei herzinsuffizienten Patientinnen und Patienten eine messbar erhöhte kardiale Belastung und Schädigung bewirkt. Der Klimawandel und der demographische Wandel werden wahrscheinlich dazu führen, dass solche Patientinnen und Patienten häufiger zu versorgen sein werden. Erhöhte Werte sowohl für Troponin als auch für NTproBNP haben einen negativen Einfluss auf die Prognose.3 Daher die Daten der Studie darauf hin, dass in der Zukunft in dieser Patientengruppe mit erhöhter Morbidität und Mortalität zu rechnen sein dürfte.

Zur Person

Dr. David Reek

Dr. David Reek ist als Oberarzt und stellv. Leiter des Funktionsbereichs Elektrophysiologie am Universitätsklinikum Augsburg tätig. Klinische Schwerpunkte liegen u.a. im Bereich der interventionellen Elektrophysiologie, Herzschrittmacher und ICD.

Referenzen

  1. Alahmad B et al. Associations Between Extreme Temperatures and Cardiovascular Cause-Specific Mortality: Results From 27 Countries. Circulation. 2023;147(1):35-46.
  2. Jimba T et al. Association of ambient temperature and acute heart failure with preserved and reduced ejection fraction. ESC Heart Fail. 2022;9(5):2899-908.
  3. Januzzi JL et al. Utility of Amino-Terminal Pro–Brain Natriuretic Peptide Testing for Prediction of 1-Year Mortality in Patients With Dyspnea Treated in the Emergency Department. Archives of Internal Medicine. 2006;166(3):315-20.  

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