HERZMEDIZIN: Wenn eine Klinik oder Forschungseinrichtung ein KI-Projekt starten und umsetzen möchte: Welche praktischen Schritte sind unverzichtbar?
Tschochohei: Ein erfolgreiches KI-Projekt erfordert sowohl in der Versorgung als auch in der Forschung sehr viel Vorbereitung. Hier sind die vier Schritte, mit denen wir am TUM Klinikum in München bereits erfolgreich KI-Projekte umsetzen konnten:
Es beginnt mit der klaren Zieldefinition. Bevor wir über Technologie sprechen, müssen wir das klinische Problem verstehen. Wollen wir Prozesse beschleunigen oder Diagnosen präzisieren? Ein Projekt ohne klar definierte Anforderungen, die wir in Gesprächen mit Nutzenden erhoben haben, und messbaren Erfolgskriterien bleibt meist im Versuchsstadium stecken.
Als Nächstes kommt die Datenverfügbarkeit und deren Qualität. Das ist oft der Flaschenhals. Selbst wenn wir „Foundation Models“ nutzen, also validierte, vortrainierte Modelle, sind diese nur so gut wie der Kontext, den wir ihnen geben. Wir benötigen saubere, repräsentative Daten für die Systementwicklung und die anschließende Validierung. Diese Daten sollten idealerweise von medizinischem Fachpersonal annotiert werden, das heißt, geprüft und mit korrekten Erläuterungen versehen. Ohne gute Datenbasis riskieren wir Vorurteile und Fehler.
Als Drittes kommt die andere große Herausforderung: Die Compliance. Im Gesundheitswesen kommen wir an DSGVO, Ethik und der MDR (Medical Device Regulation) nicht vorbei. Diese Fragen müssen am Anfang geklärt werden, und nicht erst, wenn das Modell fertig ist. In meiner Zusammenarbeit mit deutschen Kliniken habe ich Ethik und Datenschutz dabei durchgängig als kollaborativer und offener wahrgenommen, als ihnen gemeinhin nachgesagt wird. Wichtig ist nur, ihnen in einem partizipativen Prozess und auf Augenhöhe zu begegnen, anstatt sie vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Als Viertes und Letztes kommt der Faktor Mensch. Wir brauchen nicht nur die IT-Infrastruktur, sondern auch die Skills. Wir müssen medizinisches Fachpersonal mitnehmen und schulen. Ein KI-Tool, das den Workflow stört, statt ihn zu erleichtern, wird nicht akzeptiert.
Zusammenfassend: Technik ist wichtig, aber klare Zielsetzungen, Datenqualität, Compliance und die Einbindung der Menschen sind die eigentlichen Erfolgsfaktoren.