Unser Algorithmus beinhaltet mehrere Schritte, die folgend ‚step-by-step‘ erläutert werden:
(i) Die Anwendung der Duplex-Sonographie und bei Bedarf der Computertomographie oder der Magnetresonanzangiographie zur präprozeduralen Planung. Dies hilft bei der Auswahl der optimalen Zugangsstelle und auch bei der Berücksichtigung weiterer möglicher Behandlungsstrategien.
(ii) Die Evaluation der Morphologie des proximalen Verschlusses, der sogenannten ‚proximalen Kappe‘ am Beginn der CTO, der Umgehungskreisläufe (sogenannte Kollateralen) und der offenen distalen Arterien während der diagnostischen Angiographie. Letztere sind potenzielle Ziele für den retrograden Zugangsweg.
(iii) Es wird in den meisten Fällen zunächst von antegrad versucht, die proximale Kappe der CTO durch das wahre Lumen (intraluminal) zu passieren, ggf. durch Anwendung von speziellen CTO-Drähten mit hoher Penetrationskraft (Draht-Eskalationsstrategie), die in die proximale Kappe der Läsion eindringen. Dies kann ein Problem darstellen, da die proximale Kappe des Verschlusses oft stark verkalkt und fibrotisch umgebaut ist, was zur erschwerten oder unmöglichen Penetration durch den Führungsdraht führen kann.
(iv) Der antegrade Rekanalisationsversuch wird, je nach patientenspezifischen Parametern und das Vorhandensein retrograder Optionen, frühzeitig gestoppt. Das Vorhandensein von retrograden Optionen sollte durch die präprozedurale Bildgebung und die Angiographie schon im Vorfeld erfasst sein.
(v) Nach erfolgreicher durchleuchtungs- oder ultraschallgesteuerter retrograder Punktion, wird versucht die CTO von retrograd zu passieren. Dies gelingt in vielen Fällen relativ einfach, weil die distale Kappe am Ende der CTO oft weicher und weniger verkalkt bzw. fibrotisch umgebaut ist.
(vi) Falls eine Drahtpassage weder von antegrad noch von retrograd gelingt, werden anspruchsvollere bidirektionale Techniken und Re-entry Devices verwendet. Letztere sind Devices, die durch eine eingebaute scharfe Punktionsnadel am Ende eines Katheters, den Wiedereintritt des Drahtes vom subintimalen Raum (falschen Lumen) zurück in das wahre Lumen des Gefäßes erlauben.
(vii) Nach erfolgreicher Drahtpassage von retrograd wird der Draht in die Katheterschleuse externalisiert und die Behandlung der CTO erfolgt von antegrad. Am Ende des Eingriffes erfolgt die Hämostase im Bereich des retrograden Zuganges, um Blutungskomplikationen zu vermeiden.
(viii) Die Menge des verbrauchten Kontrastmittels und die Strahlendosis müssen durch die Gefäßmediziner:innen stets berücksichtigt werden. Falls innerhalb von drei Stunden kein Fortschritt erzielt werden kann, sollte der Eingriff gestoppt werden, um spezifische Komplikationen zu vermeiden. Die Strahlenexposition sollte sowohl im Sinne der Patient:innen als auch der endovaskulären Spezialist:innen in Erwägung gezogen werden.