Hohes Troponin nach Schlaganfall zur Herzinfarkt-Vorhersage?

 

PRAISE: Obwohl hohe Troponin-Werte bei akutem Schlaganfall häufig vorkommen, werden Herzkatheteruntersuchungen nur sehr selten durchgeführt. In der vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) gemeinsam geförderten PRAISE-Studie wurde untersucht, inwieweit sich Troponin-Werte eignen, um einen Myokardinfarkt nach Schlaganfall zu erkennen. Dr. Regina von Rennenberg kommentiert.

Von:

Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

Dr. Regina von Rennenberg

Klinik für Neurologie, Charité Berlin

10.07.2024

 

Bildquelle (Bild oben): Andrus Ciprian / Shutterstock.com

Hintergrund

 

Erhöhte Troponin-Werte weisen auf einen Myokardinfarkt (MI) hin und kommen bei etwa 50 % aller ischämischen Schlaganfälle vor. Die optimale Versorgung dieser Patientinnen und Patienten ist allerdings unklar, und Herzkatheteruntersuchungen werden im klinischen Alltag nur in 1–2 % dieser Fälle durchgeführt. In der PRAISE-Studie sollte untersucht werden, ob die Vorhersage eines akuten Koronarsyndroms bei Personen mit akutem Schlaganfall anhand der Troponin-Werte möglich ist.1

Studiendesign und Methodik

 

PRAISE (PRediction of Acute coronary Syndrome in acute Ischemic StrokE) war eine multizentrische, prospektive Beobachtungsstudie, die deutschlandweit an 24 Kliniken durchgeführt wurde. Eingeschlossen wurde Patientinnen und Patienten, die innerhalb von 72 Stunden einen akuten ischämischen Schlaganfall erlitten hatten und entweder stark erhöhte Troponin-Werte (> 52 ng/l) bei der Aufnahme oder Troponin-Werte über der oberen Normgrenze und eine Veränderung > 20 % bei wiederholten Messungen aufwiesen. Die Follow-up-Dauer betrug 1 Jahr. Die MI-Diagnose wurde durch ein unabhängiges Expertenkomitee auf Basis von EKG, Echokardiographie und Koronarangiographie gestellt.

Ergebnisse

 

Insgesamt wurden 254 Personen eingeschlossen, wovon 247 Personen in die Endpunkt-Analyse eingingen (mittleres Alter 75 Jahre; 47 % Frauen). In rund 50 % der Fälle lag ein MI vor (20 % Typ 1 und 30 % Typ 2). Der absolute Troponin-Wert war unabhängig mit einem MI Typ 1 assoziiert, wobei die höchste Vorhersage-Wahrscheinlichkeit bei 5- bis 10-fach erhöhten Troponin-Werten vorlag. Dagegen war die dynamische Veränderung des Troponin-Wertes nicht mit einem MI assoziiert.

Fazit

 

Diese prospektive Beobachtungsstudie zeigte, dass mehr als 5-fach erhöhte Troponin-Werte bei Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einen Herzinfarkt vorhersagen. Weitere Studien sind notwendig, um zu untersuchen, ob die Prognose der Betroffenen durch eine Herzkatheter-Behandlung verbessert werden kann.

Expertenkommentar

 

Nach einem akuten ischämischen Schlaganfall werden häufig erhöhte Troponin-Werte gemessen. Eine Troponin-Erhöhung ist mit einer schlechten Prognose nach Schlaganfall assoziiert, insbesondere mit einer höheren Mortalität und einer höheren Rate kardiovaskulärer Rezidivereignisse. Bislang steht allerdings keine spezifische Therapie der Myokardschädigung nach Schlaganfall zur Verfügung, die die Prognose verbessert. Der korrekten diagnostischen Zuordnung der Ursache der Myokardschädigung kommt somit eine zentrale Bedeutung zu.

 

Mögliche Ursachen erhöhter Troponin-Werte bei Schlaganfallpatienten sind sowohl eine Stress-vermittelte Myokardschädigung als auch ein akuter MI. Im klinischen Alltag ist die Indikationsstellung zur Koronarangiographie bei Schlaganfallpatienten und -patientinnnen mit Troponin-Erhöhung daher ein häufiges diagnostisches Dilemma. In der klinischen Routine wird bislang nur selten eine Koronarangiographie bei Schlaganfallpatienten und -patientinnen durchgeführt.

 

Die PRAISE-Studie hat nun erstmals gezeigt, dass insbesondere die absolute Höhe des Troponin-Wertes bei Schlaganfallpatienten und -patientinnen mit einem MI Typ 1 assoziiert ist. So lag bei Betroffenen mit mehr als 5-fach erhöhten Troponin-Werten besonders häufig ein MI Typ 1 vor. Insbesondere bei diesen Personen sollte daher unter Einbeziehung des Blutungsrisikos eine Koronarangiographie erwogen werden. Ob bei Schlaganfallpatienten und -patientinnen mit sehr hohen Troponin-Werten ein früh-invasives Vorgehen inklusive Koronarangiographie auch die klinische Prognose verbessert, bleibt jedoch noch unklar und sollte in weiteren Studien untersucht werden.

Zur Person

Dr. Regina von Rennenberg

Dr. Regina von Rennenberg ist Assistenzärztin in der Klinik für Neurologie der Charite am Campus Benjamin Franklin und arbeitet in der AG "Klinische Schlaganfallforschung". Sie hat mehrere Arbeiten zur Herz-Hirn-Interaktion publiziert.

Freiin Dr. Regina von Rennenberg
Bildquelle: Privat

Referenz

 

Nolte CH et al. Type 1 Myocardial Infarction in Patients With Acute Ischemic Stroke. JAMA Neurol. Published online June 03, 2024. doi:10.1001/jamaneurol.2024.1552.

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