Laut der CARDIA-SSBP-Studie kann eine natriumarme Ernährung ähnlich effektiv den Blutdruck senken wie antihypertensive Medikamente. Prof. Ulrich Laufs, Herausgeber der Rubrik Prävention, ordnet die Studienergebnisse ein.
Laut der CARDIA-SSBP-Studie kann eine natriumarme Ernährung ähnlich effektiv den Blutdruck senken wie antihypertensive Medikamente. Prof. Ulrich Laufs, Herausgeber der Rubrik Prävention, ordnet die Studienergebnisse ein.
Von:
Martin Nölke
HERZMEDIZIN-Redaktion
Prof. Ulrich Laufs
Universitätsklinikum Leipzig
26.01.2024
Bildquelle (Bild oben): Cozy Home / Shutterstock.com
Die Aufnahme von Natrium über die Nahrung wird in Verbindung gebracht mit erhöhtem Blutdruck und vermehrten kardiovaskulären Ereignissen einschließlich Schlaganfall. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt für Erwachsene die Natriumaufnahme auf < 2.000 mg pro Tag zu begrenzen, was < 5.000 mg Kochsalz (Natriumchlorid) entspricht. In Deutschland wird durchschnittlich deutlich mehr konsumiert, was auch an versteckten Natriumquellen liegt. Darunter fallen beispielsweise verarbeitete Lebensmittel wie Brot, Fleisch- und Wurstwaren, Käse und Fertigprodukte, aber auch Brausetabletten – worauf die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) unlängst hinwies.
Dabei variiert die Blutdruckreaktion auf Natrium – die Salzsensitivität – zwischen Personen. Die US-amerikanische CARDIA-SSBP-Studie untersuchte diese Salzsensitivität beim Blutdruck (Salt Sensitivity of Blood Pressure, SSBP) und ging der Frage nach, welchen Einfluss eine Veränderung der Natriumzufuhr in der Nahrung auf den Blutdruck bei Personen mittleren bis höheren Alters hat und ob mögliche Unterschiede mit dem Ausgangsblutdruck und der Einnahme von Antihypertensiva zusammenhängen.1
Zwischen April 2021 und Februar 2023 nahmen an der CARDIA-SSBP-Studie 213 Personen im Alter von 50 bis 75 Jahren teil. Das Durchschnittsalter betrug 61 Jahre, 65 % waren weiblich und 64 % afroamerikanischer Herkunft. Von den Teilnehmenden hatten 25 % normalen Bluthochdruck, 20 % kontrollierten Bluthochdruck, 31 % unkontrollierten Bluthochdruck und 25 % unbehandelten Bluthochdruck.
Die 213 Teilnehmenden absolvierten in randomisierter Reihenfolge jeweils eine 1-wöchige natriumreiche Diät, die ca. 2.200 mg Natrium zusätzlich zu ihrer gewohnten Ernährung enthielt, sowie eine 1-wöchige natriumarme Diät mit ca. 500 mg Natrium täglich.
Der mittlere systolische Blutdruck der Teilnehmenden betrug:
Beim Vergleich von natriumreicher und natriumarmer Ernährung betrug die mittlere individuelle Veränderung des durchschnittlichen arteriellen Blutdrucks 4 mmHg (Interquartile Range (IQR), 0–8 mmHg; p < 0,001), ohne signifikanten Unterschied nach Hypertoniestatus. Zwischen den Teilnehmenden betrug der mittlere systolische Blutdruckunterschied nach Ernährungsintervention 8 mmHg (95%-Konfidenzintervall: 4–11 mmHg; p < 0,001), was in den Untergruppen nach Alter, Geschlecht, Ethnie, Hypertoniestatus und Antihypertensiva-Einnahme, Diabetes und Body-Mass-Index weitgehend ähnlich war.
Bei über 73 % der Personen führte die natriumarme Diät im Vergleich zur natriumreichen Diät zu einer Senkung des durchschnittlichen arteriellen Blutdrucks. Dabei lag die Blutdruckabnahme bei 46 % der Teilnehmenden bei > 5 mmHg, was sie nach allgemeiner Definition als salzsensitiv einordnet. Unerwünschte Ereignisse waren leicht und wurden von 9,9 % der Personen bei natriumreicher Ernährung bzw. von 8,0 % bei natriumarmer Ernährung berichtet.
Die Reduzierung des Natriumgehalts in der Ernährung senkte den Blutdruck bei der Mehrheit der Erwachsenen mittleren und höheren Alters deutlich. Bereits nach 1 Woche war die blutdrucksenkende Wirkung der Natriumreduktion in der Nahrung vergleichbar mit der eines First-Line-Antihypertensivums, wie die Forschungsgruppe berichtete. Dabei waren die Effekte in den beobachteten Untergruppen ähnlich und führten nicht zu übermäßigen unerwünschten Ereignissen.
„Die Studie bestätigt die prinzipielle Bedeutung von Kochsalz für den Blutdruck. Es ist bereits gut untersucht, dass höhere Natrium-Spiegel im Urin mit einem höheren kardiovaskulären Risiko assoziiert sind.2 Eine wichtige offene Frage stellt die langfristige Umsetzbarkeit von diätetischen Veränderungen dar. Auch wenn die natriumarme Ernährung auf handelsüblichen Produkten basierte, ist von einem erheblichen Effekt der relativ drastischen Intervention in der CARDIA-SSBP-Studie auf die Lebensqualität auszugehen. Eine rezente Studie aus dem ländlichen China macht hier einen Vorschlag: Die Forschenden berichten, dass der Austausch eines Viertels des Natriums in Speisesalz durch Kalium geschmacklich akzeptabel sei und bei Personen mit hohem Blutdruck wirksam Schlaganfälle und andere kardiovaskuläre Ereignisse reduziert.3
Eine Herausforderung der Übertragbarkeit aller Interventionsstudien auf unsere Lebenswirklichkeit besteht darin, dass wir nur einen minimalen Anteil unserer Nahrungsmittel selber zubereiten, d. h. der weit überwiegende Teil unserer Salzaufnahme erfolgt über Nahrungsmittel oder -komponenten, die wir produziert einkaufen. Eine weitere Chance für Menschen mit Hypertonus liegt darin, ‚verstecktes‘ Natrium zu reduzieren, z. B. durch das Meiden von Fertiggerichten oder auch von Brausetabletten, welche sehr viel Natrium enthalten.4“
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