Morgendlicher Kaffeekonsum: Indikator für ein längeres Leben?

 

Eine neue Studie berichtet, dass der Genuss von Kaffee am Morgen mit einer geringeren Sterblichkeit verbunden ist – insbesondere bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dr. Omar Hahad, Universitätsmedizin Mainz, stellt die Studie vor und der Rubrikleiter für Prävention, Prof. Ulrich Laufs, kommentiert.

Von:

Dr. Omar Hahad

Universitätsmedizin Mainz

 

Expertenkommentar

Prof. Ulrich Laufs

Universitätsklinikum Leipzig

 

14.01.2025

 

Bildquelle (Bild oben): U__Photo / Shutterstock.com

Kaffee gehört zu den weltweit beliebtesten Getränken, doch nicht nur die Menge, sondern auch der Zeitpunkt des Konsums könnte die Gesundheit beeinflussen. Eine aktuelle Analyse von Daten der National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) aus den USA hat zwei zeitliche Muster des Kaffeekonsums identifiziert: eine Gruppe trinkt ihren Kaffee überwiegend morgens (36 % der Teilnehmenden), während eine andere Gruppe ihn über den ganzen Tag verteilt konsumiert (14 %).1

Geringeres Risiko bei morgendlichem Kaffee

 

Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen, die ihren Kaffee vorwiegend morgens konsumieren, ein um 16 % geringeres Risiko für die Gesamtmortalität und ein um 31 % geringeres Risiko für die kardiovaskuläre Sterblichkeit aufweisen als Nicht-Kaffeetrinkende. Im Gegensatz dazu zeigte sich bei Personen, die über den ganzen Tag verteilt Kaffee trinken kein wesentlicher Unterschied zu den Nicht-Kaffeetrinkenden.

Was macht den Unterschied aus?

 

Eine Vermutung ist, dass der Zeitpunkt des Konsums wichtige physiologische Mechanismen beeinflussen könnte. Kaffee, der später am Tag konsumiert wird, könnte den zirkadianen Rhythmus stören, indem er die Melatoninproduktion unterdrückt – ein Hormon, das für gesunden Schlaf und die Regulierung von Entzündungen wichtig ist. Dies könnte möglicherweise langfristig oxidativen Stress erhöhen und die kardiovaskuläre Gesundheit beeinträchtigen. Gleichzeitig entfalten die entzündungshemmenden Effekte der im Kaffee enthaltenen bioaktiven Substanzen möglicherweise eine stärkere Wirkung, wenn der Kaffee morgens getrunken wird, da zu dieser Zeit die körpereigene Entzündungsaktivität am höchsten ist.


Diese Ergebnisse knüpfen an frühere Erkenntnisse an, die zeigen, dass das Auslassen des Frühstücks mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gesamtmortalität verbunden ist.2 Beide Studien betonen die Rolle des zirkadianen Rhythmus und der Stoffwechselregulation: Der Verzehr von Kaffee oder Nahrungsmitteln in den Morgenstunden könnte physiologische Prozesse wie den Blutzucker- und Fettstoffwechsel unterstützen und den Hormonhaushalt stabilisieren.

Einfluss der Kaffeemenge

 

Interessanterweise spielt auch die konsumierte Menge eine Rolle. Die Studie zeigt, dass ein moderater bis hoher Kaffeekonsum von 1–3 Tassen pro Tag besonders vorteilhaft ist – allerdings nur bei morgendlichem Konsum. Bei Teilnehmenden, die ihren Kaffee über den Tag verteilt trinken, wurden solche Vorteile nicht beobachtet.

Kommentar von Prof. Ulrich Laufs

 

Das Problem in der Beurteilung bei allen nicht-randomisierten Erhebungen zu Lebensgewohnheiten und Gesundheit ist ein möglicher Selektionsfehler. Morgendliches Kaffeetrinken und regelmäßiges Frühstücken könnte Menschen selektionieren, die sich durch eine geregelte Lebensweise, einen stabileren Sozialstatus und gesündere Lebensgewohnheiten auszeichnen. Schichtarbeit, unregelmäßige Arbeitszeiten und ein niedriger sozioökonomischer Status könnten hingegen den Zugang zu Frühstück und morgendlichem Kaffeegenuss einschränken – Faktoren, die wesentlich die Gesundheit beeinflussen.
Ein beruhigender Nebenbefund der Studie ist, dass höherer Kaffeekonsum, auch über den Tag verteilt, nicht mit einer Erhöhung des Risikos vergesellschaftet war.

Zur Person

Dr. Omar Hahad

Dr. Omar Hahad ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Kardiologie an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen umweltbedingte Risikofaktoren für Herz-Kreislauf- und neuropsychiatrische Erkrankungen. Er ist Mitglied des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und Gastwissenschaftler am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz. 

Zur Person

Prof. Ulrich Laufs

Prof. Ulrich Laufs ist Direktor der Klinik und Poliklinik für Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig. Zu seinen Schwerpunkten gehören u. a. kardiovaskuläre Prävention und Lipoprotein-Stoffwechselstörungen. Im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) vertritt er den Bereich der Universitätskliniken.

Bildquelle: Ronny Kretschmer / HKM

Referenzen

 

  1. Wang X, Ma H, Sun Q, Li J, Heianza Y, Van Dam RM, Hu FB, Rimm E, Manson JE, Qi L. Coffee drinking timing and mortality in US adults. Eur Heart J. 2025 Jan 8:ehae871. doi: 10.1093/eurheartj/ehae871. Epub ahead of print. PMID: 39776171.
  2. Rong S, Snetselaar LG, Xu G, Sun Y, Liu B, Wallace RB, Bao W. Association of Skipping Breakfast With Cardiovascular and All-Cause Mortality. J Am Coll Cardiol. 2019 Apr 30;73(16):2025-2032. doi: 10.1016/j.jacc.2019.01.065. PMID: 31023424.

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