Linksventrikulärer Spitzenthrombus bei Takotsubo-Syndrom: (Wirklich) Eine seltene Komplikation!?

https://doi.org/10.1007/s00392-024-02526-y

Marnie Goldmann (Hamburg)1, J. L. P. Moysich (Hamburg)1, M.-G. Park (Hamburg)1, B. A. Hoffmann (Hamburg)1

1Asklepios Klinikum Harburg Klinik für Kardiologie Hamburg, Deutschland

 

Einleitung:

Das Takotsubo-Syndrom (TTS) ist eine akut auftretende linksventrikuläre Dysfunktion, das sich klinisch als akutes Koronarsyndrom präsentiert. Pathognomonisch sind der invasive Ausschluss relevanter Koronarstenosen sowie der Nachweis von nicht auf ein isoliertes Koronarversorgungsgebiet beschränkten Kinetikstörungen. Linksventrikuläre(LV)-Thromben stellen eine seltene Komplikation des TTS dar. 

 

Fallbericht: 

Eine 69-jährige Patientin stellte sich mit einer seit dem Vortag bestehenden Angina pectoris in unserer Notaufnahme vor. In der Elektrokardiographie zeigten sich ST-Streckenhebungen in den Ableitungen II, III, aVF und V4 bis V6. Die kardialen Biomarker waren erhöht. In der notfallmäßigen Koronarangiographie wurde eine Koronarsklerose ohne höhergradige Stenosen nachgewiesen. Die Lävokardiographie zeigte ein „apical ballooning“, insgesamt passend zu einem TTS. 

Die Patientin war während des stationären Aufenthaltes durchgehend kardiopulmonal stabil. In der transthorakalen Echokardioaphie (TTE) stellte sich eine moderat eingeschränkte systolische LV-Funktion mit apikaler Akinesie dar. Bereits im Nativbild bestand der Verdacht auf einen LV-Spitzenthrombus, der sich nach Gabe eines Echokontrastverstärkers (EKV) bestätigte.


LV-Thrombus, "apical ballooning"

Die bestehende Thrombozytenaggregationshemmung mit Clopidogrel (ASS-Unverträglichkeit) wurde um Apixaban (5mg zweimal täglich) erweitert. Zusätzlich wurde eine leitliniengerechte Herzinsuffizienzmedikation eingeleitet. 

Im Verlauf klagte die Patientin über Drehschwindel. Durch die Kollegen der Neurologie wurde eine kranielle Computertomographie und im Verlauf eine kranielle Magnetresonanztomographie (cMRT) veranlasst, in der sich multiple frische bis subakute Defektareale, bildmorphologisch vereinbar mit thrombembolischen Infarkten, zeigten. Nach insgesamt neun Tagen stationären Aufenthalts konnte die Patientin entlassen werden[MGP2]  (NIHSS 0 Punkte). 

Drei Monate nach der Erstvorstellung stellte sich die Patientin zur Verlaufskontrolle vor. Die Patientin war subjektiv beschwerdefrei, die systolische LV-Funktion zeigte sich im TTE ohne verbleibende Kinetikstörungen normalisiert. Ein LV-Spitzenthrombus war auch nach Gabe eines EKV nicht mehr nachweisbar. Die orale Antikoagulation wurde abgesetzt. 

 

Diskussion:

Der Pathomechanismus des TTS, auch als Stresskardiomyopathie oder Broken-Heart-Syndrom bezeichnet, ist aktuell noch nicht abschließend belegt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine komplexe Interaktion zwischen einem Katecholaminüberschuss, einer mikrovaskulären Dysfunktion und einer Störung der Kardiomyozyten.

LV-Thromben sind eine relevante Komplikation bei TTS. Eine notfallmäßige TTE sollte bei jedem Patienten mit Verdacht auf ein TTS, insbesondere hinsichtlich möglicher LV-Thromben, erfolgen. Um das Risiko für eine Mobilisierung von Thromben zu reduzieren, sollte die TTE der Lävokardiographie vorgezogen werden. Bei TTS ohne initialen Nachweis eines LV-Thrombus sollte 14 Tage nach dem Akutereignis erneut eine TTE durchgeführt werden[MGP3] , da circa 90% der LV-Thromben innerhalb dieses Zeitraumes entstehen. Bei neurologischer Symptomatik sollte bei TTS auch ohne Nachweis eines LV-Thrombus eine neurologische Ischämiediagnostik, idealerweise mittels cMRT, erfolgen. 

Das TTS ist ein in der Literatur unterrepräsentiertes Krankheitsbild mit jedoch schwerwiegenden möglichen Komplikationen. Klare Leitlinien sowohl zur Diagnostik als auch zur Therapie und Nachsorge sind überfällig.

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