https://doi.org/10.1007/s00392-024-02526-y
1Universitätsklinikum Jena Klinik für Innere Medizin I - Kardiologie Jena, Deutschland; 2Universitätsklinikum Jena Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie Jena, Deutschland; 3Universitätsklinikum Jena Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene Jena, Deutschland
Ein 82-jähriger Mann mit 2022 implantierter TENDYNE™-Klappe wurde 2024 aufgrund von Allgemeinzustandsverschlechterung mit progredienter Dyspnoe und Ödemen in die Kardiologie des Universitätsklinikums übernommen. Bereits 2023 wurde aufgrund relevanter Hämolyse und Darstellung einer paravalvulären Leckage eine operative Straffung des Haltebandes vorgenommen.Laborchemisch zeigte sich eine hämolytische Anämie, erhöhte Infektparameter, eine derangierte Gerinnung und ein deutlich erhöhtes NTproBNP bei mittelgradig reduzierter Nierenfunktion. Im vorbehandelnden Krankenhaus wurde nach Nachweis von S. epidermidis in einer Blutkulturen bereits eine antibiotische Therapie eingeleitet.In der transthorakalen Echokardiografie zeigte sich eine gute linksventrikuläre Pumpfunktion sowie eine regelrechte Position der TENDYNE™, eine hochgradige Trikuspidalklappeninsuffizienz sowie ein kombiniertes Aortenklappenvitium (AI II°, AKS II°) in sklerosierter Klappe. In der transösophagealen Echokardiografie zeigten sich weder Vegetationen noch eine paravalvuläre Leckage. Bildmorphologisch konnte somit kein Korrelat zur Hämolyse hergestellt werden.Da laborchemisch von einer mechanischen Hämolyse auszugehen war, stellten wir den Kasus in unserer interdisziplinären Herzkonferenz vor. Es wurde im gemeinsamen Konsens eine Hämolyse durch die Kombination der Vitien sowie des Insuffizienzjets der Aortenklappe auf die Mitralklappenprothese angenommen.Es erfolgte der komplikationslose Mitral- und Aortenklappenersatz sowie die Trikuspidalklappenrekonstruktion.Intraoperativ stellte sich eine sklerotische native Aortenklappe sowie eine am ehesten nicht degenerierte TENDYNE™ dar. Am Haltefaden sah man eine unklare Struktur welche gesondert reseziert wurde. Die Aufarbeitung ergab unerwartet eine Endokarditis mit florider Entzündung, vereinbar mit einer Prothesenendokarditis. In der mikrobiologischen Aufarbeitung gelang der Nachweis eines S. epidermidis.Der postoperative Verlauf gestaltete sich kompliziert und letztendlich verstarb der Patient bei Multiorganversagen am fünften postoperativen Tag.Die Annahme, dass die Kombination aus Klappenvitien und Herzklappenersatz trotz fehlender paravalvulärer Leckage für die Hämolyse verantwortlich sind, scheint plausibel. Warum es jedoch zu einer Aggravation jener bei ausbleibender Dynamik der Klappenvitien kam, erklärt sich hieraus nicht hinlänglich. Denkbar ist, dass bei Infektkonstellation es zusätzlich zu einer infektassoziierten Hämolyse kam.
Die Diagnose einer Endokarditis lenta stellt häufig eine Herausforderung dar. Im vorliegenden Fall wurde trotz ausgedehnter Diagnostik, bei zwei Minorkriterien nach DUKE, kein Verdacht auf eine infektiöse Endokarditis erhoben. Da nur eine, der zahlreichen, Blutkulturen positiv auf S. epidermidis war, war von einer Kontamination auszugehen. Nach unauffälliger Echokardiografie stellt sich die Frage, ob die Echokardiografie zur morphologischen und hämodynamischen Evaluation einer TENDYNE™ auf dem aktuellen Stand geeignet ist. Da die Prothese bereits seit zwei Jahren implantiert war, hätten PET-CT oder Leukozyten-SPECT-CT den entscheidenden Hinweis im Falle einer Endokarditis acuta geben können. Bei einer Lentaform ist jedoch Sensitivität wahrscheinlich herabgesetzt.Abschließend ist festzustellen, dass für das neue Klappenersatzverfahren die Erfahrungen wahrscheinlich noch zu wenig sind, als dass sich auf diagnostische Pfade für etabliere Prothesen und Reparationssysteme verlassen werden kann.