https://doi.org/10.1007/s00392-024-02526-y
1St. Josefs-Hospital Klinik für Innere Medizin/Kardiologie Cloppenburg, Deutschland; 2Klinikum Oldenburg AöR Klinik für Kardiologie Oldenburg, Deutschland; 3Institut für Herz-Kreislaufforschung Cloppenburg, Deutschland; 4St. Josefs Hospital Nephrologie Cloppenburg, Deutschland
Einleitung: Menschen im Schichtdienst neigen vermehrt zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen. Besonders Schlafstörungen sind unter Schichtarbeitern verbreitet. Damit verbunden ist oft eine innere Unruhe. Dies wirkt sich auf das soziale Leben aus, das bei vielen Schichtarbeitern ohnehin eingeschränkt ist.
Methodik: Im Rahmen einer Präventionsuntersuchung in einer Papierfabrik in Norddeutschland wurden die Ergebnisse von Personen mit und ohne Schichtarbeit verglichen.
Es wurde eine freiwillige Untersuchung zu kardio- und cerebrovaskulären Risikofaktoren (RF) angeboten. Anschließend erhielt jeder Teilnehmer/in eine schriftliche Beurteilung mit konkreten Vorschlägen zur Verbesserung des kardiovaskulären Risikoprofils. Eine Wiederholung der Untersuchungen erfolgte nach 1 und 3 Jahren. Hierbei wurde auch abgefragt, wie die schriftlichen Empfehlungen aufgenommen wurden und ob sie umgesetzt wurden. Ziel war es, neben initialen Erfassung des Risikoprofils durch die wiederholten Verlaufskontrollen mehr Personen zu einer Umsetzung von Verbesserungen zu motivieren. Hierbei wurden auch Daten zu der körperlichen Aktivität, zur beruflichen Stressbelastung (Job-Strain), zu depressiven Symptome, dem Wohlbefinden und den Ernährungsgewohnheiten erhoben. Zusätzlich wurden mittels Fragebogen die subjektive Einschätzungen zur Auswirkung der Arbeit auf persönliche und soziale Aspekte erfasst.
Insgesamt nahmen 516 Personen teil, 265 in der Schichtarbeit (Gr1), 251 in der Zeitarbeit (Gr2), Alter 46,9 bzw. 45,6 Jahre, 85% waren männlich.
Ergebnisse: In der Gruppe 1 Schichtarbeit fanden sich signifikant häufiger: Hypertonie (60,8 vs 50,8%, p=0,022), BMI > 30 (30,5 vs 22,0%, p=0,030), Nikotin (23,2 vs 8,5%, p<0,01), und eine nicht ausreichende körperliche Aktivität (69,7 vs 52,8%, p<0,01). Tendenziell traten depressive Symptome häufiger bei Schichtarbeit auf (27,7 % vs 20,7 % p<0,076). Keine Unterschiede fanden sich bei LDL-Chol., Lp(a) und Diabetes. Während in Gr1 nur 9,1 % keine KV-Risikofaktoren aufwiesen, waren dies in Gr2 22,3%. Drei 3und mehr RF hatten in Gr2 22,3% in Gr2 nur 17,1% (p<0,001)
In beiden Gruppen zeigten sich bei den Folgeuntersuchungen Verbesserungen. Der Anteil der Personen ohne RF stieg in der Gr1 auf 30,6 %, in der Gr2 auf 33,9%.
Am deutlichsten wurde in der Gr1 das Rauchen reduziert (von 23,2 % auf 5,2%), in der Gr2 nur von 8,5 auf 2,3%. In Gr 1 verbesserte sich der MW des Blutdrucks bei unbehandelten und nicht ausreichend behandelten Hypertonikern signifikant um 9,1/3,3 mmHg, (p=0,008/0,005) bzw. um 4,8/4,0 mmHg (p=0,083/0,026), In der Gr 2 um 6,9/3,6 mmHg, (p<0,001) bzw. um 11,5/5,4 mmHg (p<0,001). Häufigste Gründe waren Gewichtsabnahme, mehr Sport und Antihypertensiva.
71,9 aller Teilnehmer/innen sagten, dass sie mindestens eine der Empfehlungen umsetzen konnten, allerdings seltener bei Schichtarbeit (67,95) als bei Zeitarbeit (76,1%, p<0,039). In der Gr1 gaben bei den Fragen nach der persönlichen Belastung massiv mehr Personen negative Auswirkungen in Bezug auf Freizeitaktivtäten (62,5%), Essverhalten (32,2%), Schlafqualität (55,7%), Erschöpfung (49,6%) an, was in er Gr2 nicht der Fall war (0,8-1,2%).
Fazit: Schichtarbeiter wiesen in dieser Untersuchung erheblich häufiger kardiovaskuläre Risikofaktoren auf. Außerdem zeigte sich eine massive Verschlechterung von sozialen und psychologischen Belastungen im Vergleich zu Zeitarbeitern. Regelmäßige Untersuchungen und Beratungen führte häufig zu Verbesserungen von Risikofaktoren.