Risiko-Stratifizierung von Patientinnen und Patienten mit prä-hospitalem Herz-Kreislauf-Stillstand mit wiedererlangtem Spontankreislauf ohne ST-Streckenhebungen im EKG – Der TOMAHAWK-Score.

Tharusan Thevathasan (Berlin)1, A. Freund (Leipzig)2, I. Akin (Mannheim)3, G. Fürnau (Dessau-Roßlau)4, U. Tebbe (Detmold)5, K. G. Häusler (Würzburg)6, M. Oeff (Brandenburg)7, C. Hassager (Kopenhagen)8, S. Fichtlscherer (Frankfurt am Main)9, U. Zeymer (Ludwigshafen am Rhein)10, J. Pöss (Leipzig)2, M. Roßberg (Leipzig)2, M. Abdel-Wahab (Leipzig)2, A. Jobs (Leipzig)2, S. de Waha (Leipzig)11, K. Klinge (Lübeck)12, F. Sandig (Lübeck)13, I. König (Lübeck)13, M. Vens (Lübeck)13, H. Thiele (Leipzig)2, C. Skurk (Berlin)1, S. Desch (Leipzig)2

1Deutsches Herzzentrum der Charité (CBF) Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin Berlin, Deutschland; 2Herzzentrum Leipzig - Universität Leipzig Klinik für Innere Medizin/Kardiologie Leipzig, Deutschland; 3Universitätsklinikum Mannheim I. Medizinische Klinik Mannheim, Deutschland; 4Städtisches Klinikum Dessau Klinik für Innere Medizin II Dessau-Roßlau, Deutschland; 5Institut für klinische Forschung GmbH Detmold, Deutschland; 6Universitätsklinikum Würzburg Neurologische Klinik und Poliklinik Würzburg, Deutschland; 7Brandenburg Brandenburg, Deutschland; 8Rigshospitalet, Copenhagen Department of Cardiology Kopenhagen, Dänemark; 9Universitätsklinikum Frankfurt Med. Klinik III - Kardiologie, Angiologie Frankfurt am Main, Deutschland; 10Klinikum der Stadt Ludwigshafen gGmbH Medizinische Klinik B Ludwigshafen am Rhein, Deutschland; 11Herzzentrum Leipzig - Universität Leipzig Universitätsklinik für Herzchirurgie Leipzig, Deutschland; 12Zentrum für Klinische Studien Universität zu Lübeck Lübeck, Deutschland; 13Institut für Medizinische Biometrie und Statistik Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland

 

Hintergrund: Die Mortalität nach prähospitalem Herz-Kreislauf-Stillstand (HKS) ist hoch. Nach Hospitalisierung der betroffenen Patientinnen und Patienten ist eine frühe Risiko-Stratifizierung notwendig, um das Ausmaß der durchzuführenden Diagnostik und Therapie frühzeitig festlegen zu können.

Zielsetzung: Entwicklung und Validierung eines einfachen und sofort anwendbaren Risiko-Scores zur Bestimmung der 30-Tages-Mortalität von Patientinnen und Patienten mit prähospitalem HKS und fehlenden ST-Streckenhebungen im Elektrokardiogramm (EKG) nach Wiedererlangung eines Spontankreislaufs auf der Basis der randomisierten "TOMAHAWK-Studie".1 In dieser Studie wurde bei Patientinnen und Patienten nach erfolgreicher Reanimation eines HKS ohne ST-Strecken-Hebung im EKG eine sofortige Koronarangiographie mit einer verzögerten/selektiven Koronarangiographie verglichen. Es gab zwischen den beiden Behandlungsgruppen keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf den kurz- und mittelfristigen Outcome.

Methoden: Zur Entwicklung eines Risiko-Scores wurde eine multivariable Regressionsanalyse mit iterativer Rückwärtsselektion von Prädiktoren verwendet. Jedem signifikantem Prädiktor wurden auf Grundlage der ermittelten Odds Ratio-Werte zwischen 1 und 5 Punkten zugewiesen. Eine Gesamtzahl zwischen 0 und 4 Punkten wurde als geringes, zwischen 5 und 9 Punkten als intermediäres und zwischen 10 und 14 Punkten als hohes Mortalitätsrisiko definiert. Eine externe Validierung des Risiko-Scores erfolgte in einer unabhängigen Population von Patientinnen und Patienten nach HKS ohne ST-Streckenhebungen (n=90).

Ergebnisse: Sechs Prädiktoren für die 30-Tages-Mortalität konnten identifiziert werden und wurden in dem Risiko-Score inkludiert: Alter über 72 Jahre, Herzinsuffizienz oder Diabetes mellitus als vorbekannte Grunderkrankungen, Zeit bis zum wiedererlangten Spontankreislauf über 23 Minuten, initial nicht-schockbarer EKG-Rhythmus und ein Laktatwert über 7,9 mmol/L. Die 30-Tages-Mortalität betrug 38,4% (86 von 224), 73,6% (81 von 110) und 93,3% (28 von 30) in den jeweiligen Risikogruppen (p < 0,001). Eine Kaplan-Meier-Analyse zeigte eine inkrementelle Erhöhung der Mortalitätsrate pro Risikogruppe (jeweils p < 0,001; siehe Abbildung links). Es erfolgte eine externe Validierung des Risiko-Scores, in welcher eine Mortalität von 24,1% (13 von 54), 51,9% (14 von 27) und 77,8% (7 von 9) in den jeweiligen Risikogruppen (siehe Abbildung rechts) sowie eine gute Aussagekraft des Risiko-Scores vorlag (Fläche unter der Grenzwertoptimierungskurve: 0,78).

Schlussfolgerung: Der sogenannte "TOMAHAWK-Score" ist ein einfach zu nutzendes Instrument im klinischen Alltag und korreliert mit der Mortalität von Patientinnen und Patienten mit prähospitalem HKS und wiedererlangtem Spontankreislauf ohne ST-Streckenhebungen im EKG. Der Risiko-Score könnte in der frühzeitigen diagnostischen und therapeutischen Entscheidungsfindung helfen.


  
Referenz:
 1 Desch S., Freund A., Akin I., et al. Angiography after Out-of-Hospital Cardiac Arrest without ST-Segment Elevation. N Engl J Med 2021;385(27):2544–53.
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