Holographischer Visualisierung mittels „cloud-computing infrastructure“ zur Prozedurplanung einer Edge-to-Edge-Reparatur der Mitralklappe bei Dextrocardia situs inversus

Kerstin Denise Piayda (Gießen)1, L. Widmann (Gießen)1, M. Bayer (Gießen)1, O. Dörr (Gießen)1, S. Keranov (Gießen)1, M. Arsalan (Gießen)1, F. J. Hofmann (Gießen)1, S. T. Sossalla (Gießen)1, H. Nef (Gießen)1, B. Unsöld (Gießen)1

1Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH Medizinische Klinik I - Kardiologie und Angiologie Gießen, Deutschland

 

Einleitung: Ein 77-jähriger Patient mit situs inversus totalis stellte sich mit rezidivierenden kardialen Dekompensationen auf dem Boden einer hochgradigen, führend primären Mitralklappeninsuffizienz vor. Zusätzlich bestanden u.a. eine Koronare-2-Gefäßerkrankung mit Z.n. PCI der LAD im Rahmen eines STEMI 01/2023, erhaltener linksventrikulärer Pumpfunktion, Vorhofflattern, peripherer arterieller Verschlusskrankheit, fortgeschrittener Niereninsuffizienz sowie eine COPD mit Cor pulmonale. Im interdisziplinären Heart Team entschieden wir uns bei erhöhtem perioperativem Risiko (EuroSCORE II 7.55%) und schwierigem chirurgischem Zugangsweg einvernehmlich für ein interventionelles Vorgehen.

 

Präprozedurale Planung: Es erfolgten zunächst eine transthorakale und transösophageale Echokardiographie. Hier zeigte sich eine hochgradige, führend primäre Mitralklappeninsuffizienz mit Indentation im P2/P3 Bereich. Insgesamt war das posteriore Segel stark verkürzt und in der Bewegung eingeschränkt. Zusätzlich erfolgte eine kardiale Computertomographie zur verbesserten Visualisierung der Anatomie. Eine holographische Simulation erfolgte mit Hilfe des ARTICOR Simulators (Artiness, Mailand, Italien). „Cloud-computing infrastructure“ ermöglichte die Erstellung eines patienten-spezifische Herzmodells auf dem Boden des konventionellen 3-D-Datensatz mit der Möglichkeit zur weiteren Optimierung. Anschließend konnte eine präprozedurale Prozedursimulation mittels 3-D-Hologramm (Microsoft HoloLens 2.0) durchgeführt werden (Bild 1). Aus dieser Simulation antizipierten wir eine schwierige transseptale Punktion auf Grund der eher inferior liegenden Fossa ovalis mit Schwierigkeit der adäquaten Höhengewinnung für eine gute Clipplatzierung. 

 

Prozedur:

Aus Sicht des interventionellen Kardiologen: Es sind wenige Fälle von M-TEER bei situs inversus beschrieben. Die bisherigen Publikationen beschreiben die notwendigen Anpassungen des Systems teilweise wenig detailliert und weichen in relevanten Punkten voneinander ab. So sind beispielsweise Drehungen des Clips zum Guide von -90° und 180° (miskey) beschrieben. Anhand der holographischen Simulation sowie table top Versuchen an einem Klappen-Modell entschieden wir uns für ein miskey von 180°. Hiermit gelang die Steuerung des Clips in Richtung Klappe mit dem M-Knopf wie erwartet. Die Steuerung des Clips nach anterior und posterior ist in dieser Situation umgedreht, wohingegen die Steuerung nach medial und lateral sowie die Rotation des Clips („clocking“) wie üblich möglich ist.

Aus Sicht des Bildgebers: Während der Prozedur musste verstärkt auf die Angulation der Probe geachtet werden. Auf Grund des Situs inversus totalis war der 4-Kammer-Blick bei circa 180° anstatt wie gewohnt bei circa 0° zu finden. Des weiteren, musste die Links/Rechts-Achse invertiert werden, um das gewohnte biplane Bild zum Greifen (Interkommissural + LVOT-Blick) zu erhalten.

 

Ergebnis:

Die Prozedur konnte komplikationslos und erfolgreich durchgeführt werden. Es konnte ein gutes Ergebnis mit deutlicher Reduktion der Insuffizienz (von Grad III auf Grad I) erzielt werden. Der mittlere transmitrale Druckgradient betrug postprozedural 3 mmHg.



Bild 1: Holographische Visualisierung des patienten-spezifischen Herzmodels und Simulation des Edge-to-Edge Repairs der Mitralklappe bei einem Patienten mit Dextrocardia situs inversus und angiographische Darstellung der erfolgreichen Implantation.

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