1Universitätsklinikum Jena Klinik für Innere Medizin I - Kardiologie Jena, Deutschland
Hintergrund:
Nichtischämische Kardiomyopathien (NICM) stellen als heterogene Gruppe die zweithäufigste Klasse der Herzinsuffizienz dar. Bei familiärer dilatativer Kardiomyopathie (DCM) findet sich in 40-50% eine zugrunde liegende genetische Ursache, bei nicht-familiärer DCM in 10-15%. Aktuellen Daten zufolge stuft man eine Mutation im Lamin-Gen, das die nukleären Lamine A/C kodiert, mit 5-8% als zweithäufigste Ursache einer familiären DCM ein. Die Erstdiagnose wird meist in der 3.-4. Lebensdekade gestellt. Klinische Manifestationen einer LMNA-Kardiomyopathie sind heterogen und reichen von asymptomatischer Trägerschaft über das klassische Bild einer DCM zu arrhythmogenen Kardiomyopathien mit Leitungsstörungen und Arrhythmien bis hin zum plötzlichen Herztod als Erstmanifestation.
Fallzusammenfassung:
Ein 40-jähriger Patient stellte sich erstmals in unserer Ambulanz vor. Führende Beschwerden waren eine Belastungsdyspnoe NYHA II-III und leichte Knöchelödeme, zudem eine diskrete proximal betonte Muskelschwäche. Es bestand eine positive Familienanamnese für einen plötzlichen Herztod und eine in frühem Lebensalter notwendige Schrittmacher-Implantation bei erstgradig Verwandten. Anamnestisch war bei der Mutter und dem Bruder des Patienten bei bestehender Muskeldystrophie eine zugrunde liegende LMNA-Mutation bekannt.
Im Ruhe-EKG und Langzeit-EKG zeigte sich ein AV-Block II° Typ Wenckebach. Echokardiografisch war die linksventrikuläre Pumpfunktion leichtgradig reduziert. In der Ergometrie waren zunehmende VES sowie eine polymorphe nsVT über 5 Schläge nachweisbar. In der kardialen MRT zeigte sich bei intramyokardialem LGE im Bereich des Septums ein typischer Befund für eine kardiale Beteiligung einer LMNA-Muskeldystrophie. Humangenetisch ließ sich bei unserem Patienten die familiär bekannte autosomal-dominant vererbte Mutation im LMNA-Gen nachweisen.
Wir evaluierten mithilfe des empfohlenen Risikoscores (www.lmna-risk-vta.fr) das 5-Jahres-Risiko für potenziell lebensbedrohliche ventrikuläre Tachyarrhythmien, welches bei 48,6 % lag. Daraufhin wurde die Indikation zur primärprophylaktischen Implantation eines 1-Kammer-ICD gestellt. In der Aggregatabfrage am Folgetag lag der rechtsventrikuläre Stimulationsanteil bei 3 %, sechs Wochen nach Implantation bei 24%.
Vier Monate nach Implantation wurde eine anhaltende monomorphe ventrikuläre Tachykardie adäquat mit Schock terminiert. Bei weiter zunehmendem RV-Stimulationsanteil von 41% bedingt durch progrediente AV-Blockierung erfolgte die Aufrüstung auf ein CRT-D-System in Verbindung mit einer Steigerung der Betablockerdosis.
Schlussfolgerung:
Behandelnde Ärzte sollten bei idiopathischer Kardiomyopathie in Verbindung mit Arrhythmien, insbesondere bei AV-Leitungsstörungen in jungem Alter, immer an die LMNA-Kardiomyopathie denken. Der in den Leitlinien empfohlene Einsatz von Gentests wird die Erkennung von LMNA-Kardiomyopathien zukünftig erhöhen. Die adäquate Behandlung hat eine prognostische Bedeutung für Patienten und deren Angehörige. Das Risiko für den plötzlichen Herztod kann bei diesen Patienten mit dem Risikoscore (www.lmna-risk-vta.fr) abgeschätzt werden.