Volume-Outcome Analyse der Komplikationshäufigkeit bei Schrittmacher- und Defibrillator-Implantationen. Auswertung von 250.000 Fällen der externen Qualitätssicherung in NRW von 2010 bis 2020

https://doi.org/10.1007/s00392-025-02625-4

Paulina Vitkauskė (Lüdenscheid)1, M. Gutzeit (Erfurt)2, H. Jaegers (Münster)3, H.-J. Adomeit (Münster)3, S. Macher-Heidrich (Düsseldorf)4, F. Hasan (Lüdenscheid)5, M. Zarse (Lüdenscheid)5, H. Bogossian (Hagen)6, U. Wiegand (Remscheid)7, A. Kloppe (Gelsenkirchen)8, C. W. Israel (Bielefeld)9, B. Lemke (Lüdenscheid)1

1Märkische Kliniken GmbH Innere III - Klinik für Kardiologie, Elektrophysiologie und Angiologie Lüdenscheid, Deutschland; 2IU Internationale Hochschule Erfurt, Deutschland; 3Geschäftsstelle der Qualitätssicherung NRW (LAG DeQS) Standort Münster Münster, Deutschland; 4Geschäftsstelle der Qualitätssicherung NRW (LAG DeQS) Standort Düsseldorf Düsseldorf, Deutschland; 5Märkische Kliniken GmbH Lüdenscheid, Deutschland; 6Evangelisches Krankenhaus Hagen Haspe Klinik für Kardiologie und Intensivmedizin Hagen, Deutschland; 7Sana-Klinikum Remscheid GmbH Klinik für Kardiologie, Pneumologie und internistische Intensivmedizin Remscheid, Deutschland; 8Marienhospital Gelsenkirchen GmbH Klinik für Kardiologie, Angiologie und Interne Intensivmedizin Gelsenkirchen, Deutschland; 9Evangelisches Klinikum Bethel Innere Medizin, Kardiologie, Nephrologie und Diabetologie Bielefeld, Deutschland

 

Hintergrund: 
Die Implantation von Herzschrittmachern (HSM) oder Defibrillatoren (ICD) ist einer der häufigsten Eingriffe in der Kardiologie. Allein in NRW gibt es ca. 230 aktiv implantierende Krankenhäuser. Es wird eine große Variation von Implantationszahlen zwischen den Krankenhäusern beobachtet von < 10 Fällen bis zu 1.234 Fällen pro Jahr. Peri-/postoperative Komplikationen (K) wie Pneumothorax, Hämatothorax, Perikarderguss, Taschenhämatom, Wundinfektion, Elektrodenprobleme (Sondendislokation -und dysfunktion) treten nach Herzschrittmacher- und Defibrillator-Implantationen nicht selten auf. Wir untersuchten, ob die K-Häufigkeit von der Anzahl der Implantationen im jeweiligen Krankenhaus abhängt, was bisher für eine so große Variationsbreite statistisch nicht eindeutig beantwortet wurde. 
 
Methoden:
Die Analyse basiert auf den Daten aller Erstimplantationen eines HSM oder ICD (inklusive der CRT-Systeme), die zwischen 01.01.2010 - 31.12.2020 in einem der NRW-Krankenhäuser durchgeführt wurden. Alle im Rahmen der verpflichtenden Qualitätssicherung dokumentierten peri-/postoperativen K wurden analysiert. Wir untersuchten einen möglichen Zusammenhang zwischen Implantations-Volumen und Qualität (Volume-Outcome Analysen - VOA) mittels der Statistiksoftware R, basierend auf dem Bericht zur „Datenauswertung zu Mindestmengen“ (IQTIG 2020). Die Methode beinhaltet eine Risikoadjustierung und berücksichtigt die hohe statistische Unsicherheit bei kleinen Fallzahlen.
 
Ergebnisse:
Insgesamt wurden 249.615 Fälle untersucht, 73,4% der Patienten (Pat) erhielten einen HSM, 26,6% einen ICD. Das mediane Alter der Pat betrug 76 Jahre (J), 61,3% waren männlich, 38,7% weiblich. ICD-Pat waren signifikant jünger (66 J) als HSM-Pat (76 J, p < 0,001). Die Gesamtanzahl der K lag bei 2,4% (2,6% bei HSM-Pat und 1,6% bei ICD-Pat, p<0,001). Die häufigsten K waren mit 1,4% Elektrodenprobleme, 1,7% bei HSM- und 0,7% bei ICD-Pat (p<0,001). Pat mit K waren älter (median 78 J vs 76 J, p<0,001). Die Forest-Plot Analyse der allgemeinen Risikofaktoren für K ergab eine Odds Ratio (OR) von 1,6 für die ASA-Klasse 3 und von 4,2 für die Klasse 4 (Referenz ASA Klasse 1). Die OR für die Art des Systems war 1,9 für DDD und 1,4 für CRT (Referenz VVI), während eine LVEF≤35% nur bei ICD-Pat eine Einfluss hatte (OR 1,4). Die VOA erbrachte einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen Implantationszahl und dem Auftreten von K (p < 0,001, AUC 0,7) (s. Abb.). Weitere Auswertungen zeigten, dass z.B. bei einer Mindestmenge von 50 Fällen pro Jahr ∼50 von 442 (∼12%) K zu vermeiden wären. Dafür müssten ∼2.000 von 20.996 (∼9,5%) Pat in andere Krankenhäuser verlegt werden.
 



 
Abb.: VOA bei HSM- und ICD-Implantationen in den Jahren 2010-2020
 
Fazit:
Neben den in der Literatur analysierten Risikofaktoren wie Alter, hohe ASA-Klasse oder Art des Schrittmacher-Systems, kann durch die Volume-Outcome Analyse auch der Einfluss des Implantationsvolumens statistisch signifikant belegt werden. Mit einer relevanten Anzahl der möglichen vermeidbaren K lassen sich Mindestmengen begründen und Versorgungskonsequenzen abschätzen.
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