In der vorletzten Woche wurde der neue Koalitionsvertrag veröffentlicht und wir haben nun ein wenig mehr Klarheit darüber, welche Impulse in den nächsten Jahren in der Gesundheitspolitik gesetzt werden. Im letzten Jahr hatte Bundesgesundheitsminister Lauterbach kurz vor dem Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition mit dem „Gesundes Herz-Gesetz“ eine wichtige Initiative zur Verbesserung der Früherkennung und Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf den Weg gebracht. Wir sehen in dem neuen Koalitionsvertrag das Potenzial, dass der Faden wieder aufgenommen wird und einige der Punkte aus dem Gesetz umgesetzt werden können. Auch wenn der Koalitionsvertrag an vielen Stellen in Bezug auf die gesundheitspolitischen Vorhaben sehr vage bleibt, wird ein essenzieller Punkt hervorgehoben: Prävention.
Hier kann die Politik aus Sicht der Kardiologie vor allem bei der Erhöhung der Tabaksteuer ein starkes Zeichen setzen. Zum Jahreswechsel stieg die Tabaksteuer bereits von 11,15 Cent auf 11,71 Cent/Stück und für 2026 ist bereits ein Anstieg auf 12,28 Cent/Stück beschlossen. Allerdings sind diese Tabaksteuererhöhungen vermutlich weiterhin zu niedrig, um eine wirksame Maßnahme für Nichtrauchen zu sein.
Rauchen – einer der größten Risikofaktoren für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen – ist in Deutschland leider noch immer weit verbreitet und die Raucherquote ist im europäischen Vergleich sehr hoch. Zwar kündigt die künftige Regierung im Koalitionsvertrag an, die Erhöhung der Tabaksteuer auch über 2026 hinaus fortzusetzen, doch angesichts der katastrophalen Gesundheitsfolgen des Rauchens sind hier deutlichere Schritte vonnöten. Gerade bei jüngeren Menschen kann eine weit drastischer erhöhte Tabaksteuer bewirken, dass gar nicht erst mit dem Rauchen begonnen wird. Dadurch wäre bereits viel gewonnen. Außerdem hat der EU-Rat im Dezember den Mitgliedsstaaten einen Vorschlag zur Etablierung rauch- und aerosolfreier Zonen im öffentlichen Raum unterbreitet, der in Deutschland unbedingt umgesetzt werden sollte. So können viele Menschen vor den Gefahren des Passivrauchens geschützt und der Nikotinkonsum mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurückgedrängt werden.
Indem wir Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermeiden, können wir nicht nur Erkrankungen und viel Leid verhindern, sondern auch dem Kostendruck im Gesundheitswesen effektiv begegnen. Hierzu beitragen kann ganz entscheidend auch, an Herz und Kreislauf erkrankte Menschen konsequent gegen Atemwegsinfekte wie Influenza, RSV oder Pneumokokken zu impfen. Denn für Herzpatientinnen und -patienten ist es nicht nur wahrscheinlicher, einen schweren Verlauf einer solchen Infektion erleben zu müssen, sondern leider auch, als Folge der Infektion einen Herzinfarkt oder eine klinisch relevante Verschlechterung von Herzinsuffizienz zu erleben. Während der ersten Woche einer Influenza-Infektion ist das Herzinfarktrisiko um das Achtfache erhöht, wie eine dänische Studie kürzlich zeigen konnte. Der Fakt, dass wir durch konsequente Verbesserung der hierzulande sehr niedrigen Impfquote so viele kardiovaskuläre Ereignisse verhindern könnten wie durch die leitliniengerechte Einstellung der Cholesterinwerte, ist sowohl in der Fachgruppe als auch unter den Betroffenen nicht ausreichend bekannt. Daher startet die Nationale Herz-Allianz während der Jahrestagung hier in Mannheim die Awareness-Kampagne „Herz ist Impf“, die sich sowohl an medizinisches Fachpersonal als auch an Patientinnen und Patienten richtet. Mehr erfahren Sie auf herzmedizin.de/herz-ist-impf
Die DGK unterstützt außerdem nachdrücklich die bereits im „Gesundes Herz-Gesetz“ adressierten Gesundheitsvorsorgeuntersuchungen, insbesondere zur Erkennung und zur Beratung bezüglich der wichtigen kardiovaskulären Risikofaktoren: Bluthochdruck, Rauchen, Adipositas, Diabetes mellitus und Hypercholesterinämie. Um die Abschätzung des daraus erwachsenden Gesamtrisikos für Herz- und Kreislauferkrankungen und die Notwendigkeit einer Therapie in Anlehnung des durch die ESC-Leitlinien empfohlenen SCORE2 Evidenzbasiert zu erlauben, sollten diese Untersuchungen am besten mit 40 und noch mal mit 50 Jahren erfolgen.
Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) bringt für die Kardiologie durch die Einführung von Leistungsgruppen und der Festlegung, welche Klinik künftig welche Leistung noch erbringen kann, einige grundlegende Veränderungen. Das ist in Teilen zu begrüßen, da bekanntermaßen bei vielen Prozeduren die Qualität der Ergebnisse (Outcome) mit der Anzahl der durchgeführten Eingriffe (Volumen) steigt. Dies gilt insbesondere für komplexere Eingriffe, weshalb der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bereits vor längerem Mindestfallzahlen vor allem für Operationen aber auch für Herztransplantationen festgelegt hat. Die DGK unterstützt eine Konzentrierung insbesondere von komplexen interventionellen kardiologischen Leistungen, betont aber, dass diese Umstrukturierung Evidenz-basiert erfolgen muss. Daher wird die DGK durch eigene Datenanalysen und auch durch die Unterstützung bei externen Datenanalysen helfen, hier im Sinne der bestmöglichen Qualität und Versorgung belastbare Evidenz für die Relation zwischen Volumen und Outcome zu generieren.