Statement Prof. Dr. Ulf Landmesser, Tagungspräsident der 91. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V.,
Eröffnungspressekonferenz, 23. April 2025
Statement Prof. Dr. Ulf Landmesser, Tagungspräsident der 91. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V.,
Eröffnungspressekonferenz, 23. April 2025
Herzlich Willkommen zur 91. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V.! Wir haben die Tagung unter das Motto „Perspektiven in der kardiovaskulären Präzisionsmedizin – von der Prävention zur Intervention“ gestellt. Das Konzept der Präzisionsmedizin ist aus der Onkologie bereits seit längerem bekannt: vor ziemlich exakt zehn Jahren hat Präsident Obama in den USA eine Initiative zur Förderung der Präzisionsmedizin in den USA gestartet, die sich zunächst auf die Onkologie konzentrieren und später auf andere Fachbereiche ausgeweitet werden sollte. Diese Initiative hat dem Thema viel Aufmerksamkeit zuteilwerden lassen und inzwischen sind wir auch in der Herzmedizin durch die fortschreitende Digitalisierung, ganz neue Möglichkeiten der KI und durch bessere Erkenntnisse genetischer und molekularer Ursachen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen an einem Punkt angelangt, an dem wir Präzisionsmedizin in unseren Behandlungsalltag immer mehr integrieren können.
Präzisionsmedizin meint dabei das Verständnis der individuellen, einer Erkrankung zugrunde liegenden Ursachen, das zu einer für die jeweiligen Patientinnen und Patienten maßgeschneiderten Therapie führt. Auch wenn eine Erkrankung oft einen ähnlichen Phänotyp aufweist, entstehen sie doch aus von Mensch zu Mensch unterschiedlichen Gründen. Diese können wir immer besser präzisieren. Zum ersten, weil wir ein wachsendes Wissen über die genetischen Ursachen einer Erkrankung haben, zum zweiten durch die erheblich verbesserten Bildgebungsmöglichkeiten und zum dritten durch die KI-basierten Analysen unserer Diagnosemethoden, die den Auswertungsprozess nicht nur wesentlich beschleunigen, sondern auch neue Informationen auslesen, die mit dem bloßen Auge oft nicht erkennbar wären.
Im Moment sind wir in der Kardiologie sehr stark auf die Krankheitsbehandlung fokussiert. Hierbei spielt die Präzisionsmedizin zwar eine wichtige Rolle, denn wenn wir die eigentliche Ursache einer Krankheit behandeln, haben wir eine bessere Chance, deren Progression zu verlangsamen. Aber wir müssen in den nächsten Jahren auch noch den Schritt davor gehen, indem wir die Patientinnen und Patienten, die ein hohes Risiko für die Entwicklung kardiovaskulärer Erkrankungen haben, frühzeitiger erkennen und zum Teil auch schon zu behandeln, bevor es zu klinischen Manifestationen kommt. Hier bewegen wir uns im Bereich der Präzisionsgesundheit, also der individuellen Risikoanalyse und präventivem Managment. Das Ziel, Gesundheit zu erhalten, wird immer wichtiger werden. Natürlich ist es die bessere Medizin und verhindert viel menschliches Leid. Es gibt aber auch im gesellschaftlichen Umfeld Imperative, dies zu tun: ein Gesundheitswesen, dass immer älter werdende Menschen mit einer immer längeren Krankheitsspanne versorgen muss, ist kaum zu finanzieren, und auch die Zahl der Behandelnden gegenüber den Behandelten nimmt ab. Um auch in Zukunft gut leben zu können, ist es also unabdingbar, in der Krankheitsvermeidung und Gesunderhaltung erfolgreicher zu werden.
Gerade in der Kardiologie kann dieser Ansatz ganz besonders erfolgreich sein, denn im Gegensatz zu beispielsweise der Onkologie gibt es in der Herz-Kreislauf-Medizin eine lange Phase, in der subklinische Erkrankungen entdeckt und behandelt werden können, bevor eine klinische Manifestation eintritt. Zwar behandeln wir heute schon Risikofaktoren wie Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte oder Adipositas, wenn auch häufig noch nicht optimal. Die Präzisionsgesundheit bringt aber einen ganz entscheidenden Unterschied mit sich: Durch das Wissen um die individuellen Ursachen und Krankheitsverläufe können wir sehr gut entscheiden, welche Intensität bei den Maßnahmen geboten ist. Wir müssen uns in der Zukunft bei der Prävention von den One-size-fits-all-Lösungen verabschieden. Wenn ich beispielsweise bei einem Patienten oder einer Patientin erhöhte Cholesterinwerte feststelle, ist die erste Frage: wie weit muss ich das Cholesterin nun senken? Wenn ich sehe, dass das Risiko, eine Herz-Erkrankung zu entwickeln, für diese Person insgesamt recht gering ist, muss ich nicht so stark eingreifen, wie bei einem Menschen, der bereits ein hohes Risiko und zum Beispiel bereits viel Plaque in den Gefäßen hat. Hier muss ich besonders intensiver präventiv behandeln.
In der Herz-Kreislauf-Medizin unterscheiden wir vier große Krankheitsfelder: die ischämischen Herzerkrankungen mit der koronaren Herzerkrankung, die Rhythmusstörungen, Herzinsuffizienz und Herzklappenerkrankungen. Zur Prävention, Diagnose und Therapie all dieser Erkrankungen stehen uns präzisionsmedizinische Mittel zur Verfügung. Das Ziel der Sitzungen unseres Kongressprogramms ist es, sie alle aufzuzeigen und die Awareness sowie das Wissen der Kolleginnen und Kollegen für diese Ansätze zu stärken und zu diskutieren.
Hierzu finden Sie diverse spannende Sitzungen im Kongressprogramm. Unter anderem sind dies: