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Digitale Technologien, wie Telemedizin und tragbare Geräte (Wearables), verändern das Gesundheitswesen, indem sie sektorenübergreifende Versorgung verbessern und gezielte Gesundheitsmaßnahmen ermöglichen. Trotz dieser Fortschritte bestehen weiterhin erhebliche Herausforderungen, die einer breiteren Implementierung der Telemedizin im Wege stehen. Dazu zählen insbesondere Datenschutzanforderungen, mangelnde Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen, ungeklärte Fragen der Kostenübernahme sowie ein hoher Schulungsbedarf für medizinisches Fachpersonal.
Diese Studie untersucht die Nutzung, Akzeptanz und bestehende Hürden für die Telemedizin, insbesondere unter niedergelassenen Kardiolog:innen, aber auch unter Internist:innen und Allgemeinmediziner:innen in Deutschland.
Zwischen Oktober 2023 und Januar 2024 wurde eine webbasierte Umfrage unter Kardiolog:innen, Internist:innen und Allgemeinmediziner:innen durchgeführt. Die Rekrutierung erfolgte über Fachgesellschaften sowie das Netzwerk der Klinik für Innere Medizin I am TUM Klinikum rechts der Isar. Hierzu zählten die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK), die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) sowie der Bundesverband Niedergelassener Kardiologen (BNK).
Ziel der Befragung war es, die aktuelle Nutzung telemedizinischer Anwendungen sowie die Akzeptanz und wahrgenommenen Barrieren zu erfassen. Die Auswertung der erhobenen Daten erfolgte mittels deskriptiver Statistik sowie einer explorativen Clusteranalyse unter Verwendung von SPSS (Version 29.0.1.0)
Von den 172 befragten Ärztinnen und Ärzten waren 76,2 % Kardiolog:innen, gefolgt von Internist:innen (15,1 %) und Allgemeinmediziner:innen (8,7 %). Die am häufigsten genutzten telemedizinischen Anwendungen waren Telemonitoring (45,9 %) und Wearables (26,2 %), während Videosprechstunden (11,0 %) und Apps (19,2 %) eine geringere Verbreitung fanden.
Trotz hoher Kosten (56,4 %), unzureichender technischer Expertise (20,3 %) und mangelnder Systeminteroperabilität (44,8 %) bewerteten 87 % der Befragten die Telemedizin positiv. Eine Clusteranalyse identifizierte vier Nutzergruppen mit spezifischen Anforderungen und Herausforderungen: Pioniere, Fokussierte Anwender, Skeptisch Nutzende und Uninformierte Distanzierte.
Die Akzeptanz der Telemedizin durch Patient:innen wurde von den Befragten insgesamt als neutral eingeschätzt, wobei sich eine heterogene Wahrnehmung zeigte. Dennoch ging die Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte davon aus, dass telemedizinische Anwendungen subjektive Vorteile für die Patient:innen bieten – insbesondere eine Verbesserung der Lebensqualität im Alltag sowie ein erhöhtes Sicherheitsgefühl. Zudem wurde eine gesteigerte Therapieadhärenz und Compliance sowie eine verbesserte Gesundheitskompetenz im Zusammenhang mit der Nutzung telemedizinischer Anwendungen wahrgenommen.
Gleichzeitig äußerten viele der Teilnehmenden Bedenken hinsichtlich der Eignung telemedizinischer Verfahren für die Behandlung sensibler oder stigmatisierter Gesundheitsthemen. Diese Themen seien aus Sicht der Befragten im direkten persönlichen Arzt-Patienten-Gespräch besser adressierbar.
Die hohe Akzeptanz der Telemedizin unter den befragten Ärztinnen und Ärzten verdeutlicht die Anerkennung der potenziellen Vorteile für die Patientenversorgung. Dennoch gab nur etwa die Hälfte der Teilnehmenden an, sich angemessen über Telemedizin informiert zu fühlen, wobei die primären Informationsquellen Fachgesellschaften und wissenschaftliche Fachzeitschriften waren.
Die dynamische Entwicklung digitaler Gesundheitstechnologien erfordert von Ärztinnen und Ärzten eine kritische Bewertung neuer Produkte hinsichtlich ihres patientenbezogenen Nutzens. Gleichzeitig müssen jedoch Bedenken hinsichtlich Fehldiagnosen und Patientensicherheit adressiert werden, um einen umfassenden Nutzen und damit eine Akzeptanz zu gewährleisten. Zudem stellen hohe Kosten sowie eine unzureichende Integration telemedizinischer Systeme in den Praxisalltag bedeutende Hürden für eine nachhaltige Implementierung dar.
Für eine nachhaltige Implementierung sind maßgeschneiderte Lösungsansätze erforderlich, die den unterschiedlichen Anforderungen der Nutzergruppen gerecht werden. Gleichzeitig bedarf es gezielter Maßnahmen zur Verbesserung der technischen Infrastruktur und zur Anpassung von Erstattungsmodellen, um die Telemedizin langfristig als integralen Bestandteil der medizinischen Versorgung zu etablieren.
Zukünftige Forschungsarbeiten sollten auf größeren, repräsentativeren Stichproben basieren und verstärkt die Perspektiven von Patientinnen und Patienten sowie weiteren Akteuren des Gesundheitswesens einbeziehen.