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Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weltweit eine der häufigsten Todesursachen. Neben etablierten Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder Rauchen beeinflusst auch die körperliche Fitness maßgeblich unsere Gesundheit. Während die objektive Messung der Fitness oft aufwendig ist, könnte eine einfache Selbsteinschätzung bereits wertvolle Informationen über das individuelle Sterblichkeitsrisiko liefern. Unsere Studie untersucht, ob die subjektive Wahrnehmung der eigenen körperlichen Fitness als unabhängiger Prädiktor für die Gesamt- und kardiovaskuläre Mortalität genutzt werden kann.
Das Ziel der Untersuchung war es, die prognostische Bedeutung der selbsteingeschätzten körperlichen Fitness für die Gesamt- und kardiovaskuläre Mortalität in einer Kohorte von Patient:innen mit mittlerem bis hohem kardiovaskulären Risiko zu analysieren. Dabei wurde auch untersucht, ob diese subjektive Einschätzung unabhängig von anderen etablierten Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder Cholesterinwerten einen prognostischen Mehrwert bietet. Darüber hinaus wurde geprüft, ob die Fitness-Selbsteinschätzung mit biologischen Gesundheitsmarkern assoziiert ist und ob sie als sinnvolle Ergänzung in die medizinische Routine integriert werden könnte.
In die Ludwigshafen Risk and Cardiovascular Health (LURIC)-Studie wurden 3.316 Studienteilnehmende eingeschlossen, die zwischen 1997 und 2000 eine Indikation zur Koronarangiographie am Herzzentrum in Ludwigshafen aufwiesen. In dieser monozentrischen Studie kam die Mehrzahl der Studienteilnehmenden aus den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen. Klinische Indikationen für die Herzkatheteruntersuchung waren Brustschmerzen oder ein positives Ergebnis eines nicht-invasiven Stresstests, der eine myokardiale Ischämie nahelegte. Die Teilnehmenden wurden über zehn Jahre hinweg nachverfolgt, ein 20-Jahres-Follow-up befindet sich in der Durchführung. Unsere Analyse basiert auf vollständigen Verlaufsdaten von 3.248 Teilnehmenden der LURIC-Studie. Die Teilnehmenden bewerteten ihre Fitness auf einer Skala von -5 (sehr schlecht) bis +5 (sehr gut), wobei nach statistischer Prüfung fünf Gruppen gebildet wurden (SRPF-Klassen). Mithilfe statistischer Analysen wurde untersucht, ob diese Selbsteinschätzung mit der Gesamt- und kardiovaskulären Sterblichkeit zusammenhängt. Dabei wurden potenzielle Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, Blutdruck, Diabetes mellitus und Cholesterinwerte berücksichtigt, um die Unabhängigkeit der Vorhersage zu testen.
Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen der subjektiven Einschätzung der Fitness und der Sterblichkeit. Personen, die ihre Fitness als hoch bewerteten, hatten ein um bis zu 86 % geringeres Risiko für kardiovaskuläre Todesfälle als Personen mit einer schlechten Einschätzung. Diese Assoziation blieb auch nach Berücksichtigung anderer Risikofaktoren bestehen. Zudem wiesen Personen mit einer positiven Fitness-Einschätzung günstigere Gesundheitswerte auf, darunter ein niedrigerer Blutdruck, bessere Blutzuckerwerte (HbA1c,%), niedrigere Herzfrequenz und geringere Entzündungsmarker.
Interessanterweise war die Selbsteinschätzung der Fitness nicht nur bei gesunden Menschen, sondern auch bei Personen mit koronarer Herzkrankheit (KHK) ein zuverlässiger Prädiktor für die Sterblichkeit. Dies unterstreicht den potenziellen Nutzen dieser einfachen Methode für die Risikoeinschätzung in der klinischen Praxis.
Unsere Studie zeigt, dass die Selbsteinschätzung der eigenen Fitness ein wertvoller und unabhängiger Indikator für die langfristige Gesundheit sein kann. Menschen mit einer positiven Einschätzung ihres Fitnessniveaus haben eine höhere Lebenserwartung und ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diese Erkenntnisse verdeutlichen die Bedeutung eines aktiven Lebensstils und legen nahe, dass die Selbsteinschätzung der Fitness als einfaches, kostengünstiges und nicht-invasives Instrument in die ärztliche Routine integriert werden könnte.
Durch diese Maßnahme könnten gesundheitliche Risiken frühzeitig erkannt und gezielte präventive Maßnahmen eingeleitet werden.
Abbildung 1: Prozentuale Häufigkeit des Bluthochdrucks, der Herzinsuffizienz (HF) und Art der HF (HFpEF, HFrEF) nach selbsteingeschätzter Fitnessklasse sowie Mortalitätsrate und mittlerem Blutzuckerwert.