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Mithilfe von Patientenregistern lassen sich große Patientenkollektive, Krankheitsverläufe und langfristig auch Therapieergebnisse der realen klinischen Praxis abbilden. Die Realisierbarkeit von unizentrischen Ablationsregistern wird in Deutschland aufgrund der Datenschutzgesetze und des hohen zeitlichen und personellen Aufwands oft hinterfragt. Damit bleiben wertvolle Datensätze auch an großen Zentren ohne starke finanzielle Förderung ungenutzt. Zunehmende Digitalisierung des Gesundheitssystems, Automatisierung und die Künstliche Intelligenz (KI) bieten hier neue Möglichkeiten.
Die Ziele dieser Arbeit sind zum einen die Darstellung der Erfahrungen bei der Implementierung eines Ablationsregisters an einem Zentrum für Elektrophysiologie. Zum anderen soll untersucht werden, welche Effizienzgewinne durch die Automatisierung des Datenexports und die Nutzung von KI-gestützter Nachbearbeitung der Daten erzielt werden können.
Abbildung 1: Graphische Zusammenfassung
Bei der zuständigen Ethikkommission wurde einen Ethikantrag für ein Ablationsregister gestellt, der genehmigt wurde. Eine entsprechende Patientenaufklärung und -zustimmung wurde in den bestehenden Behandlungsvertrag der Klinik aufgenommen. Das Team erlernte die Nutzung einer Daten-Exportfunktion basierend auf der Datenbanksprache SQL. Dies ermöglichte einen schnellen und effizienten Datenexport von zuvor definierten Feldern und Einträgen aus Befunden und Arztbriefen aus dem Krankenhausinformationssystem (KIS). Hierbei wurden neben strukturierten, numerischen Daten wie Laborwerten und Messparametern auch unstrukturierte, textbasierte Daten wie Diagnosen, Befundbeurteilungen oder Medikationspläne ausgegeben. Patientenidentifizierbare Daten wurden entfernt, sodass anschließend ein großes Sprachmodell (LLM) auf einem lokalen Server verwendet werden konnte, um relevante Schlüsselwörter aus den exportierten Textfeldern zu extrahieren. Diese Schlüsselwörter wurden dann manuell auf ihre Richtigkeit überprüft und in einem umfassenden Wörterbuch zusammengestellt, welches verschiedene Haupt- und Nebendiagnosen sowie Medikamente inklusive Wirkstoffe und Generikanamen enthielt. Dieses Wörterbuch wurde von einem auf Python basierenden Algorithmus zum Auffinden von Schlüsselwörtern verwendet, um die entsprechenden Textfelder in den exportierten Patientenakten zu erkennen und somit die unstrukturierten textbasierten Datensätze besser auswertbar zu machen. Hierbei wurde der Code so konzipiert, dass Rechtschreibfehler durch den Einsatz flexibler Abgleichtechniken toleriert werden.
Zur Quantifizierung der Effizienzgewinne wurden sechs Doktorand:innen in zwei Gruppen aufgeteilt und gemessen wurde die notwendige Zeit der Datenverarbeitung für einen Patienteneintrag in die Registerdatenbank. Die „Konventionelle Gruppe“ verarbeitete die Daten herkömmlich durch manuelle Sichtung der Patientenakten. Die „Hybride Gruppe“ führte lediglich eine Kontrolle und letzte manuelle Nachbearbeitung der zuvor automatisch und KI-unterstützt exportierten und bearbeiteten Daten durch.
In beiden Gruppen war eine Lernkurve bei der Datenbearbeitung sichtbar. Nach ausreichender Einarbeitung (nach ca. 50 Einträgen) benötigten die Doktorand:innen in der konventionellen Gruppe durchschnittlich 18 ± 7 Minuten pro Registereintrag. In der hybriden Gruppe betrug die Bearbeitungszeit nur 5 ± 2 Minuten. Bei einer Behandlungszahl von ca. 1100 Ablationen pro Jahr entspricht das einer zeitlichen Einsparung durch die Datenexport-Pipeline von mehr als 238 Arbeitsstunden bzw. 6 Arbeitswochen einer Vollzeitkraft. Das entstandene Ablationsregister umfasst dabei umfängliche klinische Daten von Behandlungen unter anderem bei Vorhofflimmern (ca. 65 % der Ablationen), Vorhofflattern (15 %) und anderen supraventrikulären Tachykardien (15 %).
Tabelle 1: Übersicht der Ergebnisse
Ablationsregister sind eine wichtige Quelle für Real-World Data und damit essenziell für die klinische Forschung. Besonders bei großen und heterogenen Datenmengen spielt die Kombination aus Automatisierung und künstliche Intelligenz eine entscheidende Rolle, indem sie eine kosten- und zeiteffiziente Datenverarbeitung ermöglicht. Bereits heute führen diese Technologien zu deutlichen Zeiteinsparungen, die für nicht automatisierbare, kreative Forschungsaufgaben genutzt werden können, etwa für Follow-Up-Gespräche oder die detaillierte Auswertung der gewonnenen Daten. Zukünftig könnten weitergehende Digitalisierung und die Vereinheitlichung von Datenquellen, beispielsweise durch die elektronische Patientenakte, die Effizienz in diesem Bereich weiter steigern.
Aus Ablationsregistern gewonnene wissenschaftliche Erkenntnisse der realen Versorgungswelt könnten insbesondere für Patient:innen mit Vorhofflimmern, welche die mit Abstand größte Behandlungsgruppe darstellen, weitere Verbesserungen der medizinischen Versorgung bedeuten.