Wirksamkeit und Sicherheit von SGLT2-Inhibitoren bei Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern und einem systemischen rechten Ventrikel: eine retrospektive Beobachtungsstudie

Lars Potthoff und PD Dr. Christopher Hohmann, Köln

Hintergrund

Angeborene Herzfehler zählen zu den häufigsten Fehlbildungen bei Neugeborenen und betreffen etwa 1 % der Lebendgeburten. Eine besondere Patientengruppe stellen hierbei Menschen mit einem systemischen rechten Ventrikel dar. Hier übernimmt der rechte Herzmuskel die Aufgabe, den Körper mit sauerstoffreichem Blut zu versorgen, wofür normalerweise der linke Ventrikel zuständig ist.

Diese Konstellation findet sich häufig bei der Transposition der großen Arterien (TGA), einem Herzfehler, bei dem Aorta und Lungenarterie vertauscht sind. Dadurch fließt sauerstoffarmes Blut in den Körper und sauerstoffreiches in die Lunge. Man unterscheidet zwei Hauptformen: die häufiger vorkommende d-TGA (1 von 3.300 Geburten) und die seltenere cc-TGA (1 von 33.000 Geburten). Die d-TGA ist ohne chirurgischen Eingriff nicht überlebensfähig. Frühere Operationsmethoden wie die Vorhofumkehr nach Mustard oder Senning lenkten den Blutfluss so um, dass sauerstoffreiches Blut den Körper erreichen konnte. Im Gegensatz dazu ermöglicht die cc-TGA oft ein Überleben ohne sofortigen Eingriff, da die spezielle Herzanatomie den Blutfluss kompensiert.

Herzinsuffizienz ist eine häufige Folge bei Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern. Besonders betroffen sind Patient:innen mit einem systemischen rechten Ventrikel (sRV), wie es bei der d-TGA nach Vorhofumkehr oder der ccTGA der Fall ist. Der rechte Ventrikel ist ursprünglich für die Pumpleistung der Lungenzirkulation ausgelegt und nicht für den Hochdruckkreislauf des Körpers. Im Laufe der Jahre kann es daher zu einer Überlastung und Funktionseinschränkung kommen, was das Risiko für Herzinsuffizienz deutlich erhöht. 

 

Ziel

Die medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz des linken Ventrikels ist gut erforscht und durch zahlreiche Studien sowie Leitlinien gestützt. Als neueste Substanzgruppe konnte zuletzt für Natrium-Glukose-Cotransporter-2 (SGLT-2)-Inhibitoren bei Patient:innen mit chronischer Herzinsuffizienz und reduzierter linksventrikulärer Auswurffraktion eine signifikante Verringerung des Risikos für eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz und für kardiovaskulär bedingte Todesfälle nachgewiesen werden. Im Gegensatz dazu ist die Datenlage zur medikamentösen Behandlung der Herzinsuffizienz bei einem systemischen rechten Ventrikel begrenzt. Ziel dieser Studie war es daher, die Wirksamkeit und Sicherheit von SGLT2-Inhibitoren bei Patientinnen und Patienten mit einem systemischen rechten Ventrikel zu untersuchen. 

 

Methoden

Patientinnen und Patienten mit einer dTGA nach Vorhofumkehr-OP sowie einer ccTGA mit einer Verordnung von SGLT2-Inhibitoren aufgrund einer Herzinsuffizienz im Beobachtungszeitraum von 2021 bis 2024 wurden in die retrospektive Analyse eingeschlossen. Die Dimensionen und Funktionen des rechten Ventrikels wurden mittels transthorakaler Echokardiographie [TTE] (Trikuspidalannulus-Systolenamplitude [TAPSE], fraktionale Flächenänderung [FAC], enddiastolischer Durchmesser des rechten Ventrikels [RVEDD]) sowie Magnetresonanztomographie (MRT) (Auswurffraktion des rechten Ventrikels [RVEF], enddiastolischer Volumenindex des rechten Ventrikels [RVEDVi] und endsystolischer Volumenindex des rechten Ventrikels [RVESVi]) analysiert. Ebenso wurden klinische und laborchemische Parameter wie NTproBNP-Werte, die New York Heart Association Funktionsklasse [NYHA-FC], die 6-Minuten-Gehstrecke [6-MWD] sowie die Belastungsfähigkeit, gemessen anhand der spiroergometrisch bestimmten maximalen Sauerstoffaufnahme (peak VO2), zu Beginn und nach einer Nachbeobachtungszeit von sechs Monaten erhoben.

 

Ergebnisse

Insgesamt wurden 11 Patientinnen und Patienten (10 mit dTGA und 1 mit ccTGA) in die Studie eingeschlossen. Das Durchschnittsalter betrug 46,0 ± 7,6 Jahre (64 % weiblich). Die Mehrheit erhielt bereits eine stabile Basistherapie zur medikamentösen Behandlung der Herzinsuffizienz. Der systemische rechte Ventrikel wies vor Verordnung eines SGLT2-Inhibitors eine Dilatation (RVEDD 57,3 ± 6,4 mm, RVEDVi 118,8 ± 22,7 ml/m², RVESVi 67,8 ± 5,1 ml/m²) mit einer reduzierten systolischen Funktion (FAC 25,1 ± 4,3 %, TAPSE 13,0 ± 4,2 mm, RVEF 41,5 ± 9,2 %) auf. Die NTproBNP-Werte zeigten sich laboranalytisch erhöht (380,8 ± 277,9 ng/l), während die 6-Minuten-Gehstrecke (6-MWD, 515,6 ± 68,1 m), die NYHA-Funktionsklasse (NYHA-FC, 1,3 ± 0,5) und die maximale Sauerstoffaufnahme (peak VO2, 26,4 ± 12,0 ml/min/kg) keine deutliche Einschränkung aufwiesen. Nach einem Beobachtungszeitraum von sechs Monaten zeigte sich eine signifikante Reduktion der Dilatation des rechten Ventrikels, gemessen mittels MRT (RVESVi 65,4 ± 5,5 ml/m²; p=0.042), sowie eine signifikante Abnahme der laboranalytisch bestimmten NTproBNP-Werte (277,4 ± 146,5 ng/l; p=0.025). Es zeigte sich zudem eine deutliche Tendenz hin zu einer Verbesserung MR-morphologisch erhobenen RVEF (44,0 ± 6,3 %, p=0.066), während alle anderen klinischen und morphologischen Parameter keine signifikanten Veränderungen aufwiesen. Es traten während des Beobachtungszeitraumes keine Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Einnahme von SGLT2-Inhibitoren auf.

 

Schlussfolgerung/Fazit

In dieser retrospektiven Beobachtungsstudie konnten positive Effekte und ein gutes Sicherheitsprofil von SGLT2-Inhibitoren bei herzinsuffizienten Patient:innen mit einem systemischen rechten Ventrikel nachgewiesen werden. Zukünftig sind große prospektive Studien erforderlich, um die Wirksamkeit und Sicherheit von SGLT2-Inhibitoren bei dieser besonderen Patientengruppe weitergehend zu untersuchen. 

 

Referenzen

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