Autorenschaft
Dr. med. Julia Vogler1,2, Dr. med. Sascha Hatahet1
1Klinik für Rhythmologie, Universitäres Herzzentrum Lübeck, UKSH Campus Lübeck
2Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin, Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
Autorenschaft
Dr. med. Julia Vogler1,2, Dr. med. Sascha Hatahet1
1Klinik für Rhythmologie, Universitäres Herzzentrum Lübeck, UKSH Campus Lübeck
2Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin, Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
Eine 36 Jahre alte Frau wurde nach erfolgreicher außerklinischer Reanimation bei Kammerflimmern aufgenommen. Die Frau war kurz nach Mitternacht im Beisein Ihres Ehemanns kollabiert. Nach einer kumulativen Reanimationsdauer von 25 Minuten und drei Defibrillationen konnte ein ROSC erzielt werden. Im initialen EKG und den Verlaufs-EKGs fielen gehäufte monomorphe ventrikuläre Extrasystolen (VES) auf. Echokardiographisch imponierte eine hochgradige primäre Mitralklappeninsuffizienz bei Mitralklappenprolaps.
Die Patientin war im Jahr 2014 nach Reanimation bei Kammerflimmern sekundärprophylaktisch mit einem S-ICD versorgt worden. Als Ursache des Ereignis kommt rückwirkend bei einem bekannten Mitralklappenproplaps und anderweitig unauffälliger Diagnostik ein malignes Mitralklappenprolaps-Syndrom1 in Frage. Vier Jahre später stellte sich die Patientin mit multiplen inadäquaten ICD-Schocks, a.e. bei einer Aggregatdysfunktion, in einem externen Haus vor. Dort erfolgte ein Aggregatwechsel sowie eine VES-Ablation im Bereich der anterolateralen Papillarmuskels. Im Jahr 2023 stellt sich die Patientin erneut mit einem inadäquaten Schock (Abb. 1) vor, der unprovoziert während einer Autofahrt aufgetreten war. Als Ursache wurde ein Artefaktsensing beschrieben, dass sich durch Bewegung nicht provozieren ließ. Der S-ICD wurde deaktiviert und eine Revisionsoperation empfohlen. Eine Umprogrammierung des Device auf einen anderen Vektor (damals primärer Vektor) wurde retrospektiv nicht in Betracht gezogen. Vor der geplanten Revisionsoperation entließ sich die Patientin gegen ärztlichen Rat. Zu einer erneuten S-ICD Kontrolle stellte sich die Patientin bis zum aktuellen, fast fatal verlaufenen Ereignis nicht vor.
Nach mehrfachen Gesprächen mit der Patientin und Aufklärung über das sogenannte Sense-B-Noise2,3 und die Therapieoptionen programmierten wir den S-ICD auf den sekundären Vektor um und schlossen die Patientin in das Homemonitoring ein. Ergänzend erfolgte eine erneute VES-Ablation im Bereich des anterolateralen Papillarmuskels mit Ultra-low-Cryo (ULTC, -196°C N2, Adagio Medical Inc., Laguna Hills, CA, USA). Eine Versorgung der Mitralinsuffizienz wurde nach Besprechung im Heart-Team im Intervall vereinbart. Die Patientin konnte ohne neurologische Defizite entlassen werden. Erneute Schocks traten im Kurzzeitverlauf nicht auf.
Inadäquate Schocks stellen weiterhin ein Problem von subkutanen Defibrillationen dar, insbesondere vor dem Hintergrund der begrenzten Programmieroptionen. Häufige Ursachen für inadäquate Schocks bei S-ICDs sind T-Wellen-Oversensing (TWOS), Myopotential-Oversensing (MPO), Fehlinterpretation von supraventrikulären Tachykardien, Sondenbrüche und Luft (Air entrappment) nach Implantation. Sense-B-Noise ist eine erst vor wenigen Jahren beschriebene Ursache von inadäquaten Schocks. Der Hersteller geht von einer jährlichen Inzidenz von <0.1% aus, wobei von einem Underreporting auszugehen ist. Das Phänomen wird als „Sense-B-Noise“ bezeichnet, da es ausschließlich Fälle betrifft, bei denen der Sensingpol-B-Kreis, also die proximale Elektrode (primärer oder alternativer Vektor) involviert ist (Abb. 2). Als Urasche wird ein Hardwaredefekt (elektronischer Kreis oder Device-Elektroden-Konnektion im Header) vermutet. Die genaue Ursache ist jedoch weiterhin nicht bekannt.
Diagnose von Sense-B-Noise
Sense-B-Noise Episoden unterscheiden sich im EGM Pattern klar von anderen Ursachen von inadäquaten Schocks. An Sense-B-Noise sollte gedacht werden, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
Troubleshooting bei inadäquaten Schocks
Bei Verdacht auf einen inadäquaten Schocks bei Sense-B-Noise sollten eine komplette Deviceabfrage mit Erfassung aller Vektoren, der Signalcharakteristika, Provokationsmanöver und ein Röntgenbild durchgeführt werden. Eine Meldung und Diskussion mit dem Hersteller ist angebracht. Anschließend kann eine bei suffizientem Signal eine Umprogrammierung auf den sekundären Vektor und ein Einschluss ins Homemonitoring erfolgen. Ist der sekundäre Vektor nicht geeignet, ist eine Revisionoperation (Aggregat- +/-Sondenwechsel) empfohlen.