Ein starker Bedarf an Orientierung ist vor allem durch die inzwischen akkumulierten neuen Studiendaten zur Frage der optimalen Dauer einer dualen Plättchenhemmung mit ASS plus P2Y12-Hemmer entstanden. Denn durch eine zunehmende Zahl von Studien wird die Möglichkeit sowohl einer Verkürzung als auch einer Verlängerung dieser Therapie nahegelegt.
Standarddauer mit dem höchsten Empfehlungsgrad (Klasse I/Level A) bleibt auch weiterhin die 12-monatige duale Plättchenhemmung. Darüber hinaus eröffnen sich nun Entscheidungsspielräume in beide Richtungen: Verkürzung auf drei bis sechs Monate oder Verlängerung über zwölf Monate hinaus. Ausschlaggebend ist dabei die individuell zu treffende Abwägung zwischen dem Risiko für ischämische Ereignisse und dem Blutungsrisiko.
Für beide Empfehlungen gilt ein abgeschwächter optionaler Empfehlungsrad (IIb/A), der besagt: Sowohl eine Verkürzung als auch eine Verlängerung der dualen Plättchenhemmung „kann in Betracht gezogen werden“.
Aber wann und bei wem? Bei Patienten, die bereits einen NSTEMI erlitten haben, ist von einem erhöhten Risiko für künftige ischämische Ereignisse auszugehen. In diesem Fall muss wohl – ein niedriges Blutungsrisiko vorausgesetzt – eher über eine prolongierte duale Plättchenhemmung nachgedacht werden.
Bei stabilen KHK-Patienten, die einen Drug-eluting Stent (DES) erhalten, stand bislang vor allem die Prävention von Stentthrombosen im Fokus. Dieses Problem ist aber aufgrund technologischer Verbesserung nach Implantation von DES der neuesten Generation deutlich geringer geworden. Bei mit diesen Stents versorgten stabilen Patienten wird künftig die Entscheidung wohl zunehmend zugunsten einer Verkürzung der dualen Plättchenhemmung ausfallen.