KI-gestützte Identifikation vulnerabler Plaques nach Myokardinfarkt

 

ESC Congress 2025 | PECTUS-AI: Die Sekundäranalyse der Beobachtungsstudie PECTUS-obs untersuchte, ob die auf KI-basierende Plaque-Analyse nicht nur Hochrisiko-Plaques erkennen kann, sondern auch eine prognostische Aussagekraft besitzt. Dr. Rick Volleberg (Nijmegen) stellte die Daten vor, die zeitgleich publiziert wurden.1,2

 

PD Dr. Philipp Breitbart (Universitäts-Herzzentrum Freiburg – Bad Krozingen) berichtet und kommentiert.

Von:

PD Dr. Philipp Breitbart

Rubrikleiter Digitale Kardiologie

 

23.09.2025

 

Bildquelle (Bild oben): Songquan Deng / Shutterstock.com

Hintergrund

 

Die PECTUS-AI-Studie ist eine Sekundäranalyse der prospektiven, multizentrischen, Beobachtungsstudie PECTUS-obs (NCT03857971). Eingeschlossen wurden 438 Patientinnen und Patienten mit einem akuten Myokardinfarkt, bei denen OCT-Untersuchungen sämtlicher FFR-negativer Non-Culprit-Läsionen durchgeführt wurden. Verglichen wurde eine manuelle Core-Labor-Auswertung (CL-TCFA) mit einer automatisierten OCT-Analyse (AI-TCFA) mittels des validierten Deep-Learning-Algorithmus OCT-AID. Der primäre Endpunkt war ein kombinierter Endpunkt aus Gesamtmortalität, nicht-tödlichem Myokardinfarkt und ungeplanter Revaskularisation nach 2 Jahren, wobei prozedurale und Stent-bedingte Ereignisse ausgeschlossen wurden. 

Studiendesign 

 

Die PECTUS-AI-Studie ist eine Sekundäranalyse der prospektiven, multizentrischen, Beobachtungsstudie PECTUS-obs (NCT03857971). Eingeschlossen wurden 438 Patientinnen und Patienten mit einem akuten Myokardinfarkt, bei denen OCT-Untersuchungen sämtlicher FFR-negativer Non-Culprit-Läsionen durchgeführt wurden. Verglichen wurde eine manuelle Core-Labor-Auswertung (CL-TCFA) mit einer automatisierten OCT-Analyse (AI-TCFA) mittels des validierten Deep-Learning-Algorithmus OCT-AID. Der primäre Endpunkt war ein kombinierter Endpunkt aus Gesamtmortalität, nicht-tödlichem Myokardinfarkt und ungeplanter Revaskularisation nach 2 Jahren, wobei prozedurale und Stent-bedingte Ereignisse ausgeschlossen wurden. 

Ergebnisse

 

Von 414 analysierbaren Patientinnen und Patienten mit insgesamt 488 Läsionen wurden bei 34,5 % AI-TCFA und bei 30,0 % CL-TCFA identifiziert. AI-TCFA innerhalb der Ziel¬läsionen war signifikant mit dem primären Endpunkt assoziiert (HR 1,99; 95%KI [1,02; 3,90]; p=0,04), während die Core-Labor-Auswertung keine statistische Signifikanz erreichte. Besonders deutlich war die Aussagekraft, wenn ganze OCT-Pullbacks berücksichtigt wurden: hier zeigte AI-TCFA eine HR 5,50 (95%KI [1,94; 15,62]; p<0,001) bei einer negativen prädiktiven Wertigkeit von 97,6 %.

Fazit

 

Die Studie belegt, dass KI-gestützte OCT-Analysen Patientinnen und Patienten mit hohem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse zuverlässig identifizieren können. Die vollautomatische Auswertung kompletter Bildsegmente liefert dabei eine deutlich bessere Prognosekraft als die Betrachtung einzelner Läsionen und bietet eine praktikable Alternative zur aufwendigen manuellen Bildanalyse. 

Kommentar

 

Mit PECTUS-AI liegt erstmals eine Studie vor, die belegt, dass KI-basierte OCT-Analysen nicht nur mit manuellen Core-Labor-Auswertungen vergleichbar, sondern diesen prognostisch sogar überlegen sein können. Besonders hervorzuheben ist die hohe negative prädiktive Wertigkeit: Patientinnen und Patienten ohne AI-TCFA hatten in den ersten 2 Jahren ein extrem niedriges Risiko für erneute kardiale Ereignisse. Für die klinische Praxis könnte dies einen Paradigmenwechsel bedeuten: eine KI-gestützte Plaque-Analyse könnte künftig routinemäßig während der Koronarintervention eingesetzt werden und so die Entscheidung über präventive Therapien maßgeblich unterstützen. Vielleicht sollte eine KI-gestützte Plaque-Analyse zukünftig sogar zu einem Muss werden, um den maximalen Benefit zu generieren, wenn periprozedural eine intrakoronaren OCT-Bildakquise betrieben wird. Prospektive Studien müssen zuvor allerdings nun klären, ob die KI-basierte Identifikation vulnerabler Plaques in eine verbesserte Patientenversorgung übersetzt werden kann. Die Ergebnisse von PECTUS-AI unterstreichen insgesamt das Potenzial von KI, die Risikostratifizierung nach Myokardinfarkt zu verbessern und perspektivisch eine individualisierte Therapieplanung zu fördern.

Zur Person

PD Dr. Philipp Breitbart

PD Dr. Philipp Breitbart ist als Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie am Cardioangiologischen Centrum Bethanien (CCB) in Frankfurt am Main und in der Forschung am Universitäts-Herzzentrum Freiburg – Bad Krozingen tätig. Seine Schwerpunkte liegen auf der kardialen CT- und MRT-Bildgebung, interventionelle Kardiologie sowie den Bereichen eCardiology und Social Media.


Referenzen

 

  1. Volleberg R. PECTUS-AI: AI-based identification of high-risk plaques. Late Breaking Clinical Science: AI driven cardiovascular biomarkers and clinical decisions, 01.09.2025, Madrid, ESC 2025
  2. Volleberg R et al. Comprehensive full-vessel segmentation and volumetric plaque quantification for intracoronary optical coherence tomography using deep learning. Eur Heart J Digit Health 2025;6:404–16. https://doi.org/10.1093/ehjdh/ztaf021

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