Einweg-E-Zigaretten: Hohe Belastung mit Metallen nachgewiesen

 

Eine aktuelle Analyse zeigt bedenklich hohe Konzentrationen toxischer Metalle und Metalloide bei beliebten Einweg-E-Zigaretten – teils deutlich über toxikologischen Grenzwerten. Die Befunde werfen Fragen zu Regulierung, Gesundheitsrisiken und Marktüberwachung auf.

Von:

Martin Nölke

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

Expertenkommentar:

Prof. Christina Magnussen

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

 

15.07.2025

 

Bildquelle (Bild oben): Realstock / Shutterstock.com

Einweg-E-Zigaretten sind vorgefüllte, nicht wiederaufladbare elektronische Geräte zur Inhalation nikotinhaltiger oder nikotinfreier Aerosole durch Verdampfung von Trägerflüssigkeiten (Liquids). Nach Gebrauch sind sie als Elektroschrott zu entsorgen. In einer aktuellen Untersuchung von Salazar et al., veröffentlicht im Fachjournal ACS Central Science (American Chemical Society), wurden Einweg-E-Zigaretten von drei bei US-Jugendlichen besonders beliebten Marken analysiert.1 Mittels Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-MS) wurden die Konzentrationen von verschiedenen Metallen und Metalloiden in den Liquids und Aerosolen von 7 unterschiedlichen Einweg-Vape-Varianten geprüft.

Teils Grenzwerte um ein Vielfaches überschritten

 

Die Forschenden fanden teils hohe Konzentrationen von Metallen wie Blei (≤175 ppm), Nickel (≤38 ppm), Kupfer (≤546 ppm) und Zink (≤462 ppm) sowohl in Liquids als auch in Aerosolen. Insgesamt emittierten die untersuchten Einweg-E-Zigaretten mehr Metalle und Metalloide in Aerosolen als ältere Generationen von E-Zigaretten und herkömmliche Zigaretten. Die Bleiabgabe konnte laut Studie in den ersten 200 Zügen bis über 12-mal höhere Werte betragen als die höchste gemeldete Menge für eine Schachtel herkömmlicher Zigaretten (20 Zigaretten; 1,2 μg).

Toxikologische Grenzwerte (ohne Krebsbezug) wurden hinsichtlich Blei bei 2 Geräten überschritten, um das bis zu 4-fache; hinsichtlich Nickel bei 4 Geräten sogar um das bis zu 9-fache. Bei 4 der untersuchten Geräte überschritten die Aerosol-Konzentrationen von Nickel oder von Antimon als kanzerogenes Sb(III) oder von beiden Elementen deutlich die Krebsrisikogrenzwerte (gemäß CA OEHHA NSRL, California Office of Environmental Health Hazard Assessment No Significant Risk Level).

Mögliche Ursachen der Metallbelastungen

 

Anhand der Messungen vermuten die Forschenden, dass Chrom und Nickel überwiegend durch die Zersetzung der Heizspirale während des Gebrauchs in die Liquids und Aerosole gelangten. Die Konzentrationen stiegen mit der Nutzungsdauer um das bis zu 1.000-fache. Blei wurde auf die illegale Verwendung von verbleiter Bronze in Gerätebauteilen, die mit den Liquids in Kontakt kommen, zurückgeführt. Die Quelle für Antimon bleibt ungeklärt. Das Metalloid konnte nicht in Gerätebauteilen nachgewiesen werden.

Politik gefordert

 

Die Forschenden erklären, dass der dynamische Markt an Einweg-E-Zigaretten unabsehbare Gesundheitsrisiken für Erwachsene und Heranwachsende berge. Die Studienergebnisse würden erhebliche Lücken in der Regulierung und Überwachung von E-Zigaretten verdeutlichen, mit Folgen für die öffentliche Gesundheit. Sie verweisen darauf, dass viele Einweg-E-Zigaretten in den USA nicht für den Verkauf zugelassen seien, aber dennoch erhältlich (z. B. über den Online-Handel; Anm. d. Red.) und bei Jugendlichen sehr beliebt seien. 

Hierzulande fordern die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) zusammen mit der DGK und weiteren medizinischen Fachgesellschaften in einem aktuellen Positionspapier (19.03.2024) neben einem Verbot von Aromen in E-Zigaretten, einer wirksamen Verkaufsregulierung und einem wirksamen Jugendschutz insbesondere auch ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten. Sie verweisen auf die Gesundheitsrisiken wie Nikotinabhängigkeit, erhöhtes Krebsrisiko, Schädigung und Erkrankungen von Atemwegs-, Herz-Kreislauf- und zentralem Nervensystem sowie erhöhtem Einstiegsrisiko in den Tabakkonsum. 

Am 22.11.2024 hat sich der Bundesrat für ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten in Deutschland ausgesprochen, insbesondere vor dem Hintergrund der problematischen Entsorgung der elektronischen Wegwerfprodukte. Für die weitere Umsetzung eines Verbots wäre nun die Bundesregierung verantwortlich. In Belgien, Frankreich und Großbritannien sind in diesem Jahr Einweg-E-Zigaretten bereits verboten worden. Eine EU-Batterie-Verordnung sieht vor, dass Einweg-E-Zigaretten bis spätestens Ende 2026 EU-weit vom Markt genommen werden sollen.

Expertenkommentar

Metallbelastung durch Einweg-E-Zigaretten: Ein unterschätztes Risiko für Herz und Umwelt

 

Gefahren aus kardiovaskulärer Sicht

 

Die Ergebnisse von Salazar et al. rücken Einweg-E-Zigaretten in ein alarmierendes Licht: Die Geräte emittieren in kürzester Zeit Schwermetalle in Mengen, die konventionelle Tabakexposition deutlich übertreffen – und zwar genau jene Metalle, die wir kardiologisch seit Jahren als stille Treiber von Hypertonie, Endothelschädigung und Atherosklerose kennen. Schon geringfügig erhöhte Bleispiegel korrelieren mit einem steileren Blutdruckanstieg2 und einer höheren Koronarverkalkung3. Nickel reduziert die Herzfrequenzvariabilität über oxidativen Stress und Entzündung und fördert so Rhythmusstörungen.4 Für Antimon sind QT-Verlängerungen und maligne Tachyarrhythmien beschrieben.5 Für Jugendliche, die Einweg-Vapes bevorzugt nutzen, bedeutet diese frühe Schwermetall-Exposition eine kumulative Gefäß- und Myokardschädigung. Einweg-Vapes sind also aus kardiologischer Sicht keine Möglichkeit der harm reduction, sondern potenziell riskanter als Tabakrauch. Der Konsum von Einweg-Vapes sollte daher in der Anamnese erfragt werden, besonders bei jungen Patientinnen und Patienten mit unerklärter Hypertonie, Rhythmusstörungen oder vorzeitigem Koronarsyndrom.

 

Gesundheitspolitik

 

Der Bundesratsbeschluss vom November 2024 muss rasch in ein bundesweites Verkaufsverbot umgesetzt werden; jedes weitere Jahr Verzögerung verlängert eine vermeidbare Gefährdung junger Nutzerinnen und Nutzer. Die DGK sollte diesen Prozess aktiv unterstützen und die kardiovaskulären Risiken klar kommunizieren.

 

Ein No-Go für die Umwelt

 

Neben den kardiovaskulären Gefahren stellen Einweg-E-Zigaretten auch ein beträchtliches Umweltproblem dar. Allein in Deutschland wandern wöchentlich rund fünf Millionen Geräte in den Müll – ein Mix aus Kunststoff, Elektronik und fest verbauten Lithium-Ionen-Batterien, der sich weder sortenrein trennen noch problemlos recyceln lässt.6 Jeder dieser Wegwerf-Vapes enthält kritische Rohstoffe wie Lithium, Kobalt und Nickel, die unter hohem Energie- und Wasserverbrauch gefördert werden. Wird das Gerät nach wenigen Hundert Zügen entsorgt, gehen diese Ressourcen verloren, während Metalle und Mikroplastik in Böden und Gewässer gelangen. Europas Abfallwirtschaft sieht darin einen klaren Verstoß gegen Kreislaufwirtschafts- und Klimaziele und drängt auf ein rasches Verbot noch vor dem EU-weit geplanten Ausstieg Ende 2026.7

Zur Person

Prof. Christina Magnussen

Prof. Christina Magnussen ist stellv. Klinikdirektorin, Personaloberärztin und Bereichsleiterin Herzinsuffizienz am Universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die kardiovaskuläre Risikoprädiktion.


Referenzen

 

  1. Salazar MR et al. Elevated Toxic Element Emissions from Popular Disposable E-Cigarettes: Sources, Life Cycle, and Health Risks. ACS Central Science Article ASAP. DOI: 10.1021/acscentsci.5c00641
  2. Yan LD et al. High Lead Exposure Associated With Higher Blood Pressure in Haiti: a Warning Sign for Low-Income Countries. Hypertension 2022;79(1):283-290. DOI: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.121.18250.
  3. Park E et al. The Association Between Blood Lead Levels and Coronary Artery Calcium Score Determined by Using Coronary Computed Tomography Angiography. J Korean Med Sci 2023;38(26):e203. DOI: 10.3346/jkms.2023.38.e203.
  4. Chuang HC et al. Nickel-regulated heart rate variability: the roles of oxidative stress and inflammation. Toxicol Appl Pharmacol 2013;266(2):298-306. DOI: 10.1016/j.taap.2012.11.006.
  5. Sundar S et al. A cluster of cases of severe cardiotoxicity among kala-azar patients treated with a high-osmolarity lot of sodium antimony gluconate. Am J Trop Med Hyg 1998;59(1):139-43. DOI: 10.4269/ajtmh.1998.59.139.
  6. Remondis Aktuell. Vaping: a trend impacting on the environment. URL: https://en.remondis-aktuell.de/recycling/vaping-a-trend-impacting-on-the-environment. 17.09.2024. Letzter Zugriff: 15.07.2025.
  7. FEAD – European Waste Management Association. Joint statement calling for the ban of single-use e-cigarettes in the European Union, UK and EEA. URL: https://fead.be/position/joint-statement-calling-for-the-ban-of-single-use-e-cigarettes-in-the-european-union-uk-and-eea. 04.03.2024. Letzter Zugriff: 15.07.2025.

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