SMuRF-less but inflamed: hsCRP als Marker bei Menschen ohne Risikofaktoren

 

ESC Congress 2025 | SMuRF-less: Menschen, die ein akutes Koronarsyndrom erlitten haben, ohne modifizierbare Standard-Risikofaktoren aufzuweisen, bezeichnet man als SMuRF-less (No Standard Modifiable Risk Factors). Prof. Paul Ridker (Boston, USA) stellte in der Late Breaking Session neue Daten aus der Women’s Health Study vor, die das Konzept der SMuRF-less-but-inflamed-Population weiter festigten.1

 

Dr. Berkan Kurt und Prof. Florian Kahles (beide Universitätsklinikum Aachen) berichten und kommentieren.

Von:

Dr. Berkan Kurt

Prof. Florian Kahles

Universitätsklinikum Aachen

 

 

09.10.2025

 

Bildquelle (Bild oben): Songquan Deng / Shutterstock.com

 

Individuen, die weder einen vorbekannten arteriellen Hypertonus, eine Dyslipidämie, einen Diabetes mellitus noch eine Raucheranamnese aufweisen, gelten grundsätzlich im traditionellen Sinne als risikoarm. Wenn Menschen jedoch aufgrund einer Erhöhung des hsCRP-Spiegels dennoch nachweislich eine residuale Inflammation aufweisen, besteht eine nicht zu vernachlässigende Gefahr für das Erleiden kardiovaskulärer Erkrankungen. Zwar haben SMuRFs keinen Zusammenhang mit den blauen kleinen Wesen aus der Kinderserie, stellen jedoch ein spannendes, neues Konzept dar, das die Relevanz weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren und personalisierter Medizin in den Vordergrund hebt.

Studiendesign

 

In die Analyse gingen Daten von 12.530 gesunden Frauen (Durchschnittsalter 53,2 Jahre) ein, die weder vorherige Herz-Kreislauf-Erkrankungen noch SMuRFs (Hypertonie, Dyslipidämie, Diabetes mellitus und Rauchen) aufwiesen, aber von denen der hsCRP-Wert zu Studienbeginn vorlag (National Institutes of Health-funded Women’s Health Study). Während der Beobachtungsdauer über 30 Jahre erlitten 973 Frauen schwere kardiovaskuläre Ereignisse (Myokardinfarkt, koronare Revaskularisation, ischämischer Schlaganfall oder kardiovaskulärer Tod). 

Ergebnisse

 

Die einmalige hsCRP-Messung zu Studienbeginn zeigte bei den initial gesunden Frauen eine starke Assoziation mit dem kardiovaskulären Risiko über 30 Jahre. Bereits geringfügig erhöhte hsCRP-Werte waren signifikant mit dem Langzeitrisiko assoziiert: Frauen mit hsCRP-Spiegeln >3 mg/l wiesen ein deutlich erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse auf. Dieser Effekt blieb auch nach multivariater Adjustierung konsistent. Zusammenfassend ermöglichte eine einfache hsCRP-Bestimmung die Identifizierung einer Patientengruppe, die von gängigen Algorithmen nicht erfasst wird, aber ein deutlich erhöhtes Langzeitrisiko trägt. 

Interessant war zudem die Verknüpfung dieser Beobachtungen mit randomisierten Studiendaten: Im Rahmen der Präsentation wurden Daten einer Subanalyse der JUPITER-Studie präsentiert, in die 8.278 SMuRF-less Personen mit einem hsCRP-Spiegel >2 mg/l eingeschlossen wurden.2,3 Rosuvastatin reduzierte das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse um 38 % bei den Frauen und Männern der SMuRF-less-but-inflamed-Population. Damit wird hsCRP nicht nur als prognostischer Marker, sondern auch für potenzielle Therapie-Allokationen und als Marker für klinische Entscheidungsfindungen hinsichtlich primär- und sekundärpräventiver Maßnahmen weiter gestärkt, was eine wesentliche Erkenntnis für künftige Ansätze in der Präventionsmedizin darstellt. 
.

Fazit und Kommentar

 

Aus klinischer Perspektive ergibt sich ein konsistentes Bild: hsCRP ist nicht nur ein Marker für eine akute Inflammation, sondern identifiziert ein relevantes residuales Risiko auch in vermeintlichen Low-Risk-Subgruppen. Die Risikostratifizierung mittels hsCRP macht es möglich, bislang unsichtbare Risikogruppen zu identifizieren, die keine standardisierten, modifizierbaren Risikofaktoren tragen (SMuRF-less) und möglicherweise präventiv frühzeitig zu behandeln. Damit liefert dieser Beitrag einen wichtigen Impuls für die Diskussion, hsCRP systematischer in die Routineprävention einzubeziehen. 

Zur Person

Dr. Berkan Kurt

Dr. Berkan Kurt ist Clinician Scientist an der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin des Universitätsklinikums RWTH Aachen. Wissenschaftlich arbeitet er in der Arbeitsgruppe von Prof. Kahles mit dem Fokus auf Inflammation in der Klinik als Treiber kardiometabolischer Erkrankungen.

Zur Person

Prof. Florian Kahles

Prof. Florian Kahles ist stv. Geschäftsführender Oberarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin des Universitätsklinikums RWTH Aachen. Er leitet als W2-Professor eine DFG-geförderte Emmy-Noether Forschungsgruppe mit dem Fokus Inflammation bei kardiometabolischen Erkrankungen und ist stv. Sprecher der DGK-Arbeitsgruppe Herz und Diabetes (AG 23).

Bildquelle: Ronny Kretschmer / HKM

Referenzen

 

  1. Ridker PM. hsCRP and Long-term CV Outcomes among SMuRF-Less Women. Late-Breaking Clinical Science: inflammation and immune biomarkers in cardiovascular risk prediction, 29.08.2025, Madrid, ESC 2025
  2. Ridker PM. Statins for the “SMuRFLess But Inflamed”. JACC: Basic to Translational Science. 2025;10(8):101318.
  3. Ridker PM et al. Rosuvastatin to prevent vascular events in men and women with elevated C-reactive protein. N Engl J Med. 2008;359(21):2195-207.

Zur Übersichtsseite ESC Congress 2025

Das könnte Sie auch interessieren

5 Wünsche an Kardiologie und hausärztliche Versorgung

DGK Herztage 2025 | Wie lassen sich Patientinnen und Patienten interdisziplinär besser versorgen? Dr. S. Steinebach mit konkreten Vorschlägen.

Eröffnung des Kongresses

DGK Herztage 2025 | Pressekonferenz: Tagungspräsidenten von Deutsche Rhythmus Tage, Kardiologie Aktuell und AGIK Live zu zentralen Kongressthemen.

Kardiologie von morgen: Interventionen und Pharmakotherapie

DGK Herztage 2025 | Welche neuen Entwicklungen helfen, die Medizin weiter zu personalisieren? Die Young-DGK-Session gab einen Überblick.

Laden, bitte warten.
Diese Seite teilen