Neuer 8-Punkte-Score ermittelt wie „herzgesund“ man lebt

Die US-amerikanische Kardiologie-Gesellschaft AHA hat ihre Checkliste für einen herzgesunden Lebensstil aktualisiert. In dem neuen Scoring-System wurde ein weiterer Lebensstilfaktor aufgenommen. Es besteht nun aus acht Komponenten.

Von Veronika Schlimpert 

 

29.06.2022

Seit 2010 empfiehlt die US-amerikanische Kardiologie-Gesellschaft AHA ein aus sieben Faktoren bestehendes Lebensstilpaket als Basis für eine optimale Herzgesundheit: „the Life’s Simple 7“. Diese Checkliste soll Menschen dazu motivieren, entsprechende Verhaltensweisen umzusetzen, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen und um ihre Lebensqualität und Lebenserwartung zu erhöhen.

 

Jetzt sah es die „American Heart Association“ (AHA) an der Zeit für ein Update ihrer Empfehlungen. Die Autoren des neuen Papiers um Prof. Donald Lloyd-Jones hielten es für angebracht, die „Schlafdauer“ als weiteren Lebensstilfaktor in das Scoring-System hinzuzunehmen. Die aktualisierte Version heißt deshalb jetzt „the Life’s Essential 8“. Zusätzlich dazu sind andere bereits im Score enthaltene Punkte teilweise angepasst worden, wenn die Autoren es angesichts neuer Erkenntnisse/neuer klinischer Leitlinien für erforderlich hielten.

 

Der „Life’s Essential 8“ kann zur Evaluierung der Herzgesundheit bei jeglichen Personen ab einem Lebensalter von 2 Jahren eingesetzt werden. Der Score setzt sich folgendermaßen zusammen:

 

1. Ausgewogene Ernährung: Die Definition bzw. Evaluierung einer herzgesunden Ernährungsweise ist angepasst worden. So wurde sich in der Originalversion ausschließlich auf fünf Ernährungskomponenten konzentriert: Früchte/Gemüse, Vollkornprodukte, gesüßte Getränke und Salz. In der neuen Version wurden die Empfehlungen nun auf weitere Nahrungsbestandteile ausgeweitet. Generell raten die Autoren zu einer DASH-ähnlichen oder mediterranen Ernährungsweise. DASH bedeutet eine hohe Zufuhr von Früchten/Gemüse, Nüssen und Hülsenfrüchten sowie eine geringe Zufuhr von Fetten, Salz, rotem und verarbeitetem Fleisch und gesüßten Getränken. Zur Erfassung der Ernährungsqualität auf Bevölkerungsebene kann den AHA-Autoren zufolge der DASH-Diet-Score und auf individueller Ebene der MEPA-Score (Mediterranean Eating Pattern for Americans) eingesetzt werden.

 

2. Körperliche Aktivität: Körperliche Bewegung gehört zu einem herzgesunden Lebensstil dazu. Als optimal werden für Erwachsene mind. 150 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Woche angesehen oder 75 Minuten anstrengende bis intensive Aktivität. Für Kinder ab 6 Jahren werden mindestens 420 Minuten Bewegung pro Woche empfohlen, für jüngere Kinder sollte dies altersentsprechend angepasst werden.

 

3. Nikotinverzicht: Generell wird zum Nikotinverzicht aufgerufen. Neu ist, dass damit nicht nur traditionelle Zigaretten, sondern auch E-Zigaretten und andere Vaping-Devices gemeint sind. Ebenso wird in der neuen Version jetzt auch das Passivrauchen bei Kindern und Erwachsenen als Einflussfaktor berücksichtigt. 

 

4. Schlafdauer: Da die Schlafdauer Studien zufolge die Herzgesundheit beeinflusst, wurde diese als neue Komponente aufgenommen. Als ideal wird bei Erwachsenen eine Schlafdauer von 7 bis 9 Stunden pro Nacht betrachtet. Bei Kindern bis 5 Jahren werden 10 bis 16 Stunden als optimal angesehen, bei Kindern in einem Alter von 6 bis 12 Jahren 9–12 Stunden und bei Jugendlichen zwischen 13 und 18 Jahren 8–10 Stunden.

 

5. Kein Übergewicht: Zwar ist der Body-Mass-Index (BMI) nach Einschätzung der AHA-Experten nicht der perfekte Messwert. Er sei aber einfach kalkulierbar und könne überall eingesetzt werden. Deshalb betrachten Lloyd-Jones und Kollegen den BMI weiterhin als sinnvolles Messinstrument zur Identifikation von Gewichtsproblemen. Ein BMI zwischen 18,5 bis 24,9 geht demzufolge mit der bestmöglichen Herzgesundheit einher. Allerdings kann die Grenze, ab dem ein BMI als „ungesund“ einzustufen ist, in Abhängigkeit der Ethnizität des Patienten/der Patientin niedriger ausfallen, machen die Autoren aufmerksam.

 

6. Lipidstatus: Laut der neuen Version sollte zur Erfassung des Lipidstatus bevorzugt das Non-HDL-Cholesterin statt vormals das Gesamtcholesterin gemessen werden. Für diese Änderung haben sich die AHA-Experten nach eigenen Angaben entschieden, weil der Patient zur Messung des Non-HDL-C nicht nüchtern sein muss und weil dieser Laborwert über jegliche Populationen hinweg zuverlässig ist.

 

7. Glukosespiegel: Neu ist, dass neben dem Nüchternblutzucker auch der HbA1c-Wert zur Erfassung der Stoffwechsellage herangezogen werden kann. HbA1c spiegle die langfristige glykämische Kontrolle besser wider, erläutern die Autoren die Entscheidung für dieses Update.

 

8. Blutdruckkontrolle: Für die Beurteilung der Blutdruckwerte gelten die in den AHA-Leitlinien von 2017 aufgeführten Kriterien. Optimal sind demnach systolische/diastolische Werte von ˂ 120/80 mmHg. Ab einem Wert von 130–139 mmHg systolisch bzw. 80–89 mmHg diastolisch sprechen die US-Amerikaner bereits von einer Hypertonie. Achtung: In den europäischen Leitlinien liegt die Grenze, ab der von einem „Bluthochdruck“ gesprochen wird, bei 140/90 mmHg (mehr dazu lesen Sie hier).

 

Bei jedem der aufgezählten Komponenten kann eine Person einen Wert von 0 (schlecht) bis 100 Punkten (sehr gut) erreichen. Aus der sich daraus ergebenden Gesamtsumme wird ein Mittelwert gebildet, der eine Einschätzung der Herzgesundheit erlaubt: Ein Gesamt-Score unter 50 Punkten deutet dabei auf eine „schlechte“ kardiovaskuläre Gesundheit hin, ein Score von 50–79 wird als „mittelmäßig“ und ein Wert ≥ 80 als „gut“ betrachtet. Der Score kann online über My Life Check ermittelt werden.  

 

Für eine akkurate Einschätzung der Herzgesundheit empfiehlt das Expertenpanel, Cholesterin, Blutzucker, Blutdruck, Größe und Gewicht mindestens alle fünf Jahre zu bestimmen.

 

 

Literatur

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