Screening auf Kardiale ATTR-Amyloidose bei Patienten mit operationswürdigem Karpaltunnelsyndrom (KTS)

Florian Plenagl (Regensburg)1, T. Suess (Regensburg)1, C. Saracel (Regensburg)2, M. Spiess (Regensburg)2, A. Luchner (Regensburg)1

1Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg Klinik für Kardiologie Regensburg, Deutschland; 2Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg Klinik für Plastische, Hand- und wiederherstellende Chirurgie Regensburg, Deutschland

 

Patienten mit kardialer ATTR-Amyloidose weisen häufig ein bereits operiertes Karpaltunnelsyndrom (KTS) auf. Deshalb wurde postuliert, dass das KTS ein Potenzial zur Früherkennung der kardialen ATTR-Amyloidose besitzt, mit den sich daraus ergebenden Möglichkeiten eines frühzeitigeren Therapiebeginns. Im Rahmen unserer prospektiven Beobachtungsstudie wurden Patienten, die sich an unserer Einrichtung einer KTS-Operation unterzogen, konsekutiv auf das Vorliegen einer kardialen ATTR-Amyloidose gescreent. Neben einer gezielten Anamnese erfolgten hierfür ein EKG, eine Echokardiographie inkl. Strain und eine Bestimmung des NT-proBNP. Als Kontrollgruppe diente ein Klinikkollektiv mit etablierter kardialer ATTR-Amyloidose.
Insgesamt wurden N=113 KTS-Patienten eingeschlossen. Bei N=31 KTS-Patienten (27%) zeigte sich bei der Echokardiographie eine LV-Hypertrophie (LVH, IVSD>10mm bei Frauen und >11mm bei Männern). Bei N=6 der KTS-Patienten (5%) lagen zusätzliche Risikomerkmale für das Vorliegen einer ATTR-Amyloidose vor, nämlich „Sparkling Myokard“ (N=5 bzw. 4%), ein „Apikal Sparing“ in der Deformationsanalyse (N=2 bzw. 2%), eine rechtsventrikuläre Hypertrophie (N=3 bzw. 3%) oder ein Perikarderguss (N=1 bzw. 1%). Eine schwere diastolische Dysfunktion Grad 2 oder Restriktion war bei keinem Patienten vorhanden (N=0 bzw. 0%). Die weitere Abklärung mittels Szintigraphie, MRT und Myokardbiopsie bestätigte eine kardiale ATTR-Amyloidose bei N=4 der KTS-Patienten (3,5 %), wohingegen bei den beiden anderen Patienten mit LVH und echokardiographischen Risikomerkmalen eine HCM (N=1) bzw. hypertensive Herzerkrankung (N=1) diagnostiziert wurde. Die Sensitivität einer Dyspnoe-Anamnese bei den neu mit ATTR-Amyloidose diagnostizierten KTS-Patienten betrug 100% bei einer Spezifität von 77%. Die Sensitivität von anamnestischen Beinödemen betrug lediglich 25% bei einer Spezifität von 85%. Die im Zusammenhang mit der kardialen Amyloidose häufig beschriebene Niedervoltage zeigte eine Sensitivität von nur 0% bei einer Spezifität von 91%.
Im Vergleich zum Klinikkollektiv mit etablierter kardialer ATTR-Amyloidose (N=14) wiesen neu mit ATTR-Amyloidose diagnostizierte KTS-Patienten häufiger eine erhaltene LV-Funktion auf (75% vs. 21%, p<0,05) sowie eine geringere relative Wanddicke (0,6±0,1 vs. 0,7±0,2, p=n.s.), höhere enddiastolische Volumina (112±16 mL vs. 95±29 mL, p=n.s.) und einen geringeren LV-Masseindex (LVMI, 151±15 g/m² vs. 161±32 g/m², p=n.s.). Auch das NT-proBNP war deutlich niedriger (909±248 pg/dL vs. 9246±7463 pg/dL, p<0,05).
Zusammenfassend lag die Prävalenz der kardialen ATTR-Amyloidose in einem unselektionierten Kollektiv von KTS-Patienten bei 3,5%. Obwohl alle Betroffenen bereits eine Belastungsdyspnoe angaben, waren LV-Remodeling, LV-Dysfunktion und die Erhöhung des NT-proBNP geringer ausgeprägt als bei Patienten mit etablierter kardialer ATTR-Amyloidose. Unsere Daten zeigen, dass Screening und Früherkennung der kardialen ATTR-Amyloidose bei KTS-Patienten funktioniert, aber nur relativ wenige Fälle identifiziert werden. Besonders effizient lässt sich ein Screening so gestalten, dass bei denjenigen KTS-Patienten, welche anamnestisch eine Belastungsdyspnoe angegeben, zusätzlich noch ein NT-proBNP und im Falle eines erhöhten Wertes eine gezielte Echokardiografie veranlasst werden. Auf diesem Wege lassen sich Echokardiografien einsparen, ohne dass Betroffene mit symptomatischer kardialer ATTR-Amyloidose übersehen werden.

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