Morbus Fabry als Differentialdiagnose der Hypertrophen Kardiomyopathie: Eine prospektive Diagnostikstudie zur nachträglichen genetischen Testung anhand vorliegender elektronischer Patientendaten

Kolja Lau (Würzburg)1, V. Sokalski (Würzburg)1, L. Lorenz (Würzburg)1, D. Liu (Würzburg)1, K. Hu (Würzburg)1, S. Frantz (Würzburg)1, C. Wanner (Würzburg)1, P. Nordbeck (Würzburg)1

1Universitätsklinikum Würzburg Medizinische Klinik und Poliklinik I Würzburg, Deutschland

 

Hintergrund: 

Bei Diagnosestellung einer hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) gelingt der genetische Nachweis einer zugrundeliegenden spezifischen Mutation nur in etwa der Hälfte aller Fälle. Eine Differentialdiagnose ist der Morbus Fabry, für den epidemiologische Daten eine Prävalenz von 0,5 – 1% beschreiben.[1] Die Fabry-Erkrankung kann lange oligosymptomatisch verlaufen und dennoch mit einer ausgeprägten Hypertrophie, hoher Morbidität und Mortalität einhergehen. Mehrere spezifische Therapieoptionen sind zugelassen, wobei die frühe Diagnose und Therapieinitiierung für einen positiven Krankheitsverlauf entscheidend sind. Diese HCM-Screening-Studie hatte zum Ziel herauszufinden, ob unter Patienten mit diagnostizierter HCM noch unentdeckte Fabry Patienten sind.

 

Methode: 

In dieser monozentrischen prospektiven Studie wurden mittels Volltextsuche im elektronischen ‚Data Warehouse‘ einer großen deutschen Uniklinik alle Patienten mit Diagnose HCM identifiziert, die in den letzten 20 Jahren an der Klinik vorstellig waren. Die gefundenen Patienten wurden anhand definierter Exklusionskriterien bewertet (Alter <18 und >85 Jahren, nachweisliche Kardiomyopathie anderer Genese, genetischer Nachweis/Ausschluss M. Fabry, zwischenzeitlicher Tod) und ggf. aus der Studie ausgeschlossen. Alle verbleibenden Patienten wurden kontaktiert und es wurde eine Studienteilnahme zur genetischen Testung auf M. Fabry angeboten.  

 

Ergebnisse: 

Insgesamt konnten 2824 Patienten identifiziert werden, von welchen 198 Patienten in die Studie eingeschlossen wurden. Die wichtigsten Gründe für einen Ausschluss waren Alter des Patienten >85 J. (28,8 %), andere Kardiomyopathien (16,3 %) oder eine relevante valvuläre Herzerkrankung (13,6 %) als Ursache der LVH. Nach Studieneinschluss reagierten 96 Patienten auf das Testangebot zustimmend. 55 Patienten wurden letztlich mittels genetischer Testung auf das Vorliegen eines M. Fabry untersucht, von welchen einer ein positives Testergebnis auf eine häufige, kardiale Fabry-Variante hatte. Ein angeschlossenes Familienscreening konnte acht weitere undiagnostizierte M. Fabry Patienten identifizieren (5 Frauen, 3 Männer, vgl. Abbildung 1). Bei vier Patienten führte die Diagnose zur Initiierung einer spezifischen Fabry-Therapie.

 

Diskussion: 

Mit der Entwicklung neuer Therapien der HCM ist eine ätiologische Zuordnung des zugrundeliegenden Genotyps von zunehmender Bedeutung. Wir konnten zeigen, dass es potenziell möglich ist, mittels Screenings bereits vorliegender elektronischer Daten bisher un- bzw. fehldiagnostizierte Patienten nachträglich einer korrekten Diagnose zuzuführen, und damit gleichzeitig auch bisher undiagnostizierte Familienangehörige zu identifizieren. So führte die genetische Testung von nur 55 Studienpatienten letztlich zur Diagnosestellung Morbus Fabry bei 9 Patienten. Dies gelang mit einer elektronischen Volltextsuche alter Behandlungsdaten und Definition einfacher Ein-/Ausschlusskriterien.

Insbesondere in Zeiten künstlicher Intelligenz sollte im nächsten Schritt versucht werden diesen Prozess zu automatisieren und so flächendeckend Patienten mit einem formal hohen Risiko ein Testangebot auf die genetischen Ursachen einer HCM und wichtige Differentialdiagnosen wie bspw. die Fabry-Erkrankung anzubieten. 

 

Disclosures: Die Studie wurde finanziell von Takeda Pharmaceuticals unterstützt.

 

[1] Elliott PM, et al., 2014 ESC Guidelines (…) Eur Heart J. 2014 doi: 10.1093/eurheartj/ehu284. 

 




Abbildung 1: Familienscreening des Indexpatienten
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