https://doi.org/10.1007/s00392-025-02625-4
1Universitätsklinikum Heidelberg Klinik für Innere Med. III, Kardiologie, Angiologie u. Pneumologie Heidelberg, Deutschland
Einleitung: Vorhofflimmern (VHF) ist weltweit die häufigste persistierende Herzrhythmusstörung und geht mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle und Mortalität einher. Bei VHF-Patienten treten häufig Einschränkungen der linksatrialen Funktion als Ausdruck einer atrialen Kardiomyopathie auf. Der linksatriale Strain (LAS), gemessen durch Speckle-Tracking-Echokardiographie, ermöglicht eine Quantifizierung dieser Funktionseinschränkungen. Während das EKG zur Erkennung von Rhythmusstörungen als schnell verfügbares Diagnoseinstrument unentbehrlich ist, spielt es zur Evaluierung der atrialen Funktion bislang eine untergeordnete Rolle.
Zielsetzung: Unser Ziel ist die Identifizierung von klinischen und elektrokardiographischen Parametern, die mit einer Einschränkung des linksatrialen Strains assoziiert sind.
Methoden: In diese retrospektive Datenauswertung wurden 893 Patienten (Durchschnittsalter 62,63 ± 11,85 Jahre, 61,1% männlich, durchschnittlicher CHA₂DS₂-VASc-Score 2,23 ± 1,57) eingeschlossen, bei denen zwischen 2008 und 2023 aufgrund eines Vorhofflimmerns eine Pulmonalvenenisolation (PVI) im Universitätsklinikum Heidelberg durchgeführt wurde. Im präinterventionellen 12-Kanal-EKG wurden 12 P-Wellen-spezifische Parameter sowie die PQ, QRS, QT und QTc-Zeit ausgewertet. Zusätzlich wurden präinterventionelle Echokardiographieaufnahmen mittels biplanem Speckle-Tracking analysiert, um den linksatrialen Strain (LAS) zu bestimmen. Die Patientenkohorte wurde entsprechend des medianen Linksatrialen Reservoirstrain (LASr) von 32,45% in zwei Gruppen eingeteilt und verglichen. In einer multivariaten logistische Regressionsanalyse wurden unabhängige Prädiktoren für eine Einschränkung des LASr ≤ 32,45% identifiziert.
Ergebnis: Ein QTc-Intervall von ≥ 410 ms (Adjusted Odds ratio AOR 2,090; p < 0,001), ein P mitrale (AOR 1,917; p = 0,006) sowie eine P-Wellen Amplitude in Ableitung I von <0,6 mV (AOR 1,894; p < 0,001) sind die einzigen elektrokardiographischen Parameter, die unabhängig mit einer Einschränkung des LASr assoziiert sind. Die ROC-Kurvenanalyse ergab eine Area under the curve (AUC) von 0,657 für das QTc-Intervall und von 0,623 für die P-Wellen-Amplitude in Ableitung I.
Der CHA₂DS₂-VASc-Score kann einen eingeschränkten LASr mit einer AUC von 0,736 identifizieren, während der CHA₂DS₂-VA-Score eine AUC von 0,718 erreicht. Von den klinischen Parametern des CHA₂DS₂-VASc-Scores sind Herzinsuffizienz (AOR 3,505; p < 0,001), ein Alter von 65-74 Jahren (AOR 1,688; p = 0,004), ein Alter > 74 Jahre (AOR 4,650; p < 0,001], ein stattgehabtes thromboembolisches Ereignis (AOR 2,090; p=0,039) und weibliches Geschlecht (AOR 2,419; p < 0,001) unabhängige Prädiktoren für einen eingeschränkten LASr.
Schlussfolgerung: Unsere Ergebnisse zeigen, dass die QTc-Zeit, ein P mitrale und die P-Wellen-Amplitude in Ableitung I mit der atrialen Kardiomyopathie assoziiert sind und als einfach verfügbare Marker in Zukunft die Diagnostik von atrialen Funktionseinschränkungen unterstützen könnten. Gleichzeitig weist der etablierte CHA₂DS₂-VASc-Score im Vergleich die höchste diagnostische Aussagekraft auf.