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Mit welcher Strategie fährt man in der Statintherapie am besten?

ACC-Rückblick: Individuell nach LDL-Zielwert titriert („treat to target“) oder gleich einheitlich hochdosiert für alle Patientinnen und Patienten („High intensity“-Ansatz) – welche der beiden Strategien im Fall einer Lipidsenkung mit Statinen in klinischer Hinsicht die bessere ist, war bislang unklar. In einer beim ACC-Kongress vorgestellten Studie sind sie erstmals direkt miteinander verglichen worden.

 

Bildquelle (Bild oben): UGREEN 3S / Shutterstock.com 

Von Peter Overbeck

 

05.04.2023

In allen internationalen Leitlinien zum Management bei Dyslipidämie bilden Statine einen Eckpfeiler der pharmakologischen Therapie zur Lipidsenkung. Dennoch gibt es gewisse Diskrepanzen in der Frage, wie Statine in der Praxis zur Anwendung kommen sollten.

Unterschiede in der Statintherapie in internationalen Leitlinien

In Europa gilt nach wie vor die Treat-to-Target-Devise, der zufolge die Intensität der pharmakologischen Lipidtherapie einschließlich Statine am Erreichen von LDL-Zielwerten bemessen sein sollte, die je nach individuellem kardiovaskulärem Gesamtrisiko unterschiedlich sind: Je höher das Risiko, desto niedriger der Zielwert. In den US-Leitlinien hat man diesen Ansatz dagegen aufgegeben und stattdessen spezifische Patientengruppen definiert, die Statine je nach Risiko in mittlerer oder hoher Dosierung ohne eine an Zielwerten ausgerichtete Dosistitration erhalten sollen.

LODESTAR-Studie: Durchführung und Ergebnisse

Südkoreanische Untersuchende haben in der beim ACC-Kongress 2023 vorgestellten LODESTAR-Studie den Treat-to-Target-Ansatz erstmals direkt mit einer High-intensity-Statintherapie bei 4.400 Patientinnen und Patienten (mittleres Alter 65 Jahre; 28 % Frauen) mit dokumentierter Koronarerkrankung verglichen. Während in der Treat-to-Target-Gruppe der LDL-Cholesterinwert der Teilnehmenden durch entsprechende Titration der Statindosis auf einen Zielwert zwischen 50 und 70 mg/dl eingestellt werden sollte, wurden die Statinen in der High-intensity-Gruppe in fester Dosierung (20 mg Rosuvastatin oder 40 mg Atorvastatin) und ohne Zielwert-Vorgabe verabreicht. In der Zielwert-basiert behandelten Gruppe erhielten 54 % eine hoch dosierte Statinbehandlung, im Vergleich zu 92 % in der Gruppe mit High-intensity-Therapie.

 

Im dreijährigen Studienzeitraum lag der LDL-C-Spiegel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Mittel bei 69,1 mg/dl in der Treat-to-Target-Gruppe und bei 68,4 mg/dl in der High-intensity-Gruppe (p = 0,21). Zum Zeitpunkt nach drei Jahren war in beiden Gruppen auch der Anteil der Behandelten, die LDL-C-Werte im Bereich unter 70 mg/dl aufwiesen, mit 59,7 % versus 58,2 % nicht signifikant unterschiedlich (p = 0,41).

Klinische Ergebnisse von Treat-to-Target- und High-intensity-Statintherapie

Dass beide Strategien auch bezüglich der klinischen Ergebnisse kaum differierten, überrascht da nicht: Die Raten für den primären kombinierten Studienendpunkt (Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall, koronare Revaskularisation) betrugen 8,1 % („treat to target“) und 8,7 % („high intensity“) nach drei Jahren und unterschieden sich damit nicht signifikant. Das erfüllte die von den Studienautoren und -autorinnen definierten Kriterien für den intendierten Nachweis einer „Nichtunterlegenheit“ der Treat-to-Target-Strategie (p < 0,001 für Nichtunterlegenheit).

Limitationen der LODESTAR-Studie in der Praxis

Die Frage ist, wie relevant dieses Ergebnis für die Praxis ist. Eine Limitierung könnte sein, dass die Art, wie „treat to target“ in der Studie gehandhabt wurde, nicht unbedingt dem entspricht, wie diese Strategie inzwischen in der Praxis realisierbar ist. In der LODESTAR-Studie hatten die Untersuchenden den Fokus primär auf Strategien der Statintherapie und deren Intensität gerichtet. In der Gruppe mit Zielwert-Strategie war deshalb die High-intensity-Statintherapie zugleich das Maximum an wählbarer Therapieintensität.

 

Kombinationen mit anderen Lipidsenkern wie Ezetimib zur weiteren LDL-C-Reduktion für den Fall, dass der LDL-C-Zielwert nicht erreicht wurde, waren den an der Studie beteiligten Ärztinnen und Ärzten nicht unbedingt ans Herz gelegt worden. Nur bei wenigen Patientinnen und Patienten war denn auch eine Zusatztherapie mit Ezetimib initiiert worden. So wollte man vermeiden, dass Nichtstatine als potenzielle Störfaktoren zu unerwünschten „Imbalancen“ bei der Behandlung führen. Das könnte erklären, warum in der Treat-to-Target-Gruppe trotz klarer Zielvorgabe immerhin rund 40 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit ihren LDL-C-Werten oberhalb des empfohlenen Zielbereichs lagen.

 

In der Praxis dürfte es mittlerweile kein allzu schwieriges Unterfangen sein, mit den heute vorhandenen Möglichkeiten einer aggressiveren lipidsenkenden Kombinationstherapie die LDL-C-Werte auch bei dieser Patientengruppe in den Zielbereich zu senken. Dafür stehen mit Ezetimib, PCSK9-Hemmern sowie Bempedoinsäure und Inclisiran inzwischen nicht weniger als vier Optionen zur Verfügung.

 

Fazit für die Praxis

Die LODESTAR-Studie hat gezeigt, dass eine Treat-to-Target-Strategie, die eine lipidsenkende Behandlung unter stärkerer Berücksichtigung des individuellen Ansprechens auf eine Statintherapie ermöglicht, einer High-intensity-Strategie „nicht unterlegen“ war. Angesichts nahezu gleicher LDL-C-Werte in beiden Gruppen überrascht das nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es bei diesem Strategievergleich praktisch ausschließlich um die Behandlung mit Statinen ging. Kombinationen mit Nichtstatinen wie Ezetimib zur noch stärkeren LDL-C-Reduktion spielten in der Studie kaum eine Rolle. Das könnte erklären, warum in der Gruppe mit Zielwert-Strategie bei vielen Patientinnen und Patienten der LDL-Zielbereich gar nicht erreicht wurde. In der Statintherapie haben sich die Voraussetzungen für eine konsequentere Umsetzung einer Treat-to-Target-Strategie mit der Verfügbarkeit von neuen Lipidsenkern für die Kombination mit Statinen inzwischen deutlich verbessert.


Literatur

Myeong-Ki Hong: Comparison Between Targeted Low-Density Lipoprotein Cholesterol Level Based Versus High-Intensity Statin Therapy In Patients With Coronary Artery Disease. Featured Clinical Research III. ACC-Kongress 2023, 4. – 6. März 2023, New Orleans.


Sung-Jin Hong et al. Treat-to-Target or High-Intensity Statin in Patients With Coronary Artery Disease - A Randomized Clinical Trial. JAMA 2023. oi:10.1001/jama.2023.2487.

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