de Haan: Sie verbrachten dann mehrere Jahre in den USA, unter anderem bei Prof. Harvey und Prof. Braunwald. Wie kam es dazu?
Just: Da die Familie meiner Mutter aus den USA stammte, Amerika damals das „Mekka“ der Wissenschaft war und mich die lockere Art der amerikanischen Besatzung nach dem Krieg fasziniert hatte, wanderte ich mit meiner Frau in die USA aus. Ich landete an einigen der namhaften Universitäten. Besonders beeindruckend war die Ausbildung bei Prof. W. P. Harvey an der Georgetown Universität in Washington, DC. Er war bemüht, die Auskultationsphänomene des Herzens in quantitative Messwerte zu übersetzen.
Die Methoden dazu – wie etwa die damals ganz neue transseptale Herzkathetertechnik – erlernte ich bei den Profs. Braunwald und Ross am National Institute of Health. Prof. Linzbach aus Göttingen besuchte uns zweimal in den USA und riet mir, nach Deutschland zurückzukehren. Ich war dazu auch selbst geneigt, denn in der medizinischen Tätigkeit, so hervorragend sie war, fehlte mir doch der Zugang zur Wissensbreite der Universität. Überdies war der ökonomische Druck sehr hoch – was sich dann später in Deutschland genauso entwickelte.
de Haan: Bei Prof. Schölmerich in Mainz habilitierten Sie sich für das Fach Innere Medizin. Was prägte Sie besonders?
Just: 1968 trat ich meine kardiologische Zeit in Mainz bei Prof. Schölmerich an. Er überließ mir den Aufbau einer funktionsfähigen Kardiologie und einer eigenen, kardiologischen Arbeitsgruppe mit Intensivmedizin. In guter Kooperation mit dem Radiologen Prof. Diethelm konnte ich die erste biplane Herzkatheteranlage aufbauen und in Betrieb nehmen. Hierbei kam mir mein Interesse an der Elektrotechnik sehr zugute.
de Haan: Bis 1978 blieben Sie in Mainz, ehe Sie den Ruf als einer der drei Direktoren der Medizinischen Universitätsklinik Freiburg im Breisgau, Innere Medizin III für Kardiologie und Angiologie mit Intensivmedizin, erhielten. Wie war der Start in Freiburg?
Just: Von Beginn an war es eine wunderbare, große Chance, gute Mitarbeitende in wissenschaftlicher Medizin auszubilden. Als Grundstock für eine überdurchschnittliche klinisch-kardiologische Abteilung sah ich, dass die ärztlichen Mitarbeitenden erst nach einer fundierten Ausbildung in den Grundlagen (z. B. Pathologie, Physiologie oder Pharmakologie) die klinische Tätigkeit aufnahmen. Unter direkter, persönlicher Anleitung sollten sie dann exzellente, zugewandte Ärztinnen und Ärzte sowie sehr gute Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden. Nach mehr klinisch-technisch orientierten Arbeiten zur biplanen Angiokardiografie (Helmuth Wollschläger) wie auch zur Herzkathetertechnik (Tassilo Bonzel, „Monorail“) entwickelten wir eine „molekulare Kardiologie“ nach eigenen Vorstellungen. Insgesamt hatten wir ca. neun verschiedene Arbeitsgruppen. Beispielsweise beschäftigte sich die Arbeitsgruppe Gerd Hasenfuß und Christian Holubarsch mit Fragen der Myokardenergetik, etwa bei der Herzinsuffizienz, oder Helmuth Drexler und Thomas Münzel mit dem NO-Stoffwechsel.
Heute bin ich stolz darauf, dass eine ganze Reihe auch international bekannter Kardiologinnen und Kardiologen aus meiner Abteilung hervorgegangen sind. Ich nenne nur Tassilo Bonzel, Thomas Meinertz, Gerd Hasenfuß, Burkert Pieske, Andreas Zeiher oder Stefan Hohnloser. Und viele hervorragende Kardiologinnen und Kardiologen, meist in leitenden Positionen.