de Haan: Ihre ehemaligen Schülerinnen und Schüler in Mainz, Hannover und Hamburg stellen noch heute Ihre besondere Begabung bei der Anleitung und Führung wissenschaftlicher Themen heraus. Waren das Ihre Stärken?
Scholz: Jeder war frei in der Themenwahl. Mein Motto war immer: „nicht meinen, sondern messen“. Objektivität, Kritikfähigkeit und Sorgfalt gehören unbedingt zusammen. Beispielsweise darf ein Versuchsansatz, der nicht zum gewünschten Ziel führt, nicht „unter den Teppich gekehrt“ werden, sondern muss Ausgangspunkt für eine kritische Analyse sein. Unerlässlich waren auch Kommunikationsfähigkeit und -bereitschaft. Alle Türen waren immer offen.
Zweimal wöchentlich hielt ich mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern organisatorische und wissenschaftliche Besprechungen ab.
de Haan: Grundlagenwissen (z. B. Pharmakologie) und Umsetzung in klinisch-kardiologische Problemlösungen waren immer Ihr Ansporn und Ziel. Fehlt es daran heute oftmals?
Scholz: Ich habe immer versucht, bei den Lehrveranstaltungen möglichst „kliniknah“ zu sein. Beispielsweise fand der Rezeptierkurs immer zusammen mit Klinikerinnen und Klinikern statt. Und ein Highlight bei den Assistentinnen und Assistenten sowie den Studierenden war die „Arzneitherapeutische Konferenz mit Patientenvorstellung“.
Die Vernetzung klinisch-kardiologischer Fragestellungen mit pharmakologischem Grundlagenwissen (z. B. beim Vorhofflimmern) kommt heute deswegen oft zu kurz, weil mit dem medizinischen Staatsexamen das Interesse in der Klinik an der Pharmakologie nachlässt bzw. nicht genügend gefordert wird. Dem habe ich immer versucht abzuhelfen – durch Fortbildungsveranstaltungen, durch Mitarbeit bei Lehrbüchern und bei der Analyse des Verordnungsverhaltens.
Das ist auch der Grund, weshalb ich gerne Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) bin, weil hier wie sonst nirgends Klinikerinnen und Kliniker mit Grundlagenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern zusammenarbeiten. Dass ein Pharmakologe Präsident einer kardiologischen Gesellschaft werden kann, kommt weltweit wahrscheinlich nicht häufig vor.