LDL-Cholesterin: State of the Art und Perspektiven

Statement Prof. Dr. Ulrich Laufs, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig, Mitglied des Vorstandes der DGK

 

Pressekonferenz „Schwerpunkt Lipide – Versorgung, Risiko, Therapie“
Donnerstag, 24. April 2025

Die Versorgungsrealität bei Menschen mit erhöhten LDL-Cholesterinwerten ist noch immer ernüchternd, obwohl lipidsenkende Medikamente günstig, sicher und zuverlässig verfügbar sind, die Behandlungsleitlinien zur Therapie seit vielen Jahren klare Empfehlungen geben und obwohl das LDL-Cholesterin (LDL-C) eindeutig nachgewiesen ursächlich für Atherosklerose ist. Daher ist es wichtig, die verfügbare Evidenz zu dem Thema noch einmal zusammen zu fassen und einen Ausblick auf die Zukunft der cholesterinsenkenden Therapie zu geben.

1. Lebensstilfaktoren

Gleich zu Beginn eine ernüchternde Botschaft: Lebensstilfaktoren sind für die kardiovaskuläre Risikoreduktion wichtig, ihre positive Wirkung lässt sich allerdings nicht am LDL-C ablesen, das heißt, dass Nicht-Rauchen und Bewegung nur geringen Einfluss auf die LDL-C-Werte haben. Auch der Einfluss der Ernährung auf die LDL-Werte wird üblicherweise überschätzt. Bei grober Fehlernährung kann eine drastische und dauerhafte Ernährungsumstellung zwar den LDL-Wert um 20 bis 30 Prozent senken, allerdings handelt es sich hier um Einzelfälle. Für normalgewichtige Menschen, die regelmäßig Obst und Gemüse verzehren, ist kaum ein Effekt zu erwarten. Auch die Vorstellung, durch Supplements oder bestimmte Lebensmittel die Cholesterinwerte positiv verändern zu können, ist falsch und kann sogar gefährlich werden.

2. Medikamentöse Therapie – State of the Art

Eine wirksame Möglichkeit, die Konzentration des schädlichen LDL-Cholesterins im Blut zu senken, ist und bleibt hingegen die medikamentöse Therapie. Zahlreiche Studien haben in der Vergangenheit bewiesen, dass die cholesterinsenkende Therapie niedriger oder mittlerer Intensität das Fortschreiten der Bildung von Koronar-Plaque verlangsamen kann. Dies ist auch durch Studien gezeigt, die mittels bildgebender Möglichkeiten die Plaque-Entwicklung sehr genau verfolgt haben.

Vollständig zum Stillstand bringen lässt sich die Plaque-Bildung allerdings nur durch eine potente LDL-C-Senkung, welche in den meisten Fällen mit hoch dosierten Statinen oder PCSK9-Inhibitoren erreicht werden kann. Dies hat uns beispielsweise im Sommer 2024 die LOCATE-Registerstudie eindrücklich gezeigt. In Zusammenschau anderen Studien (z. B. HUYGENS, PACMAN-AMI) zeigt LOCATE, dass eine intensive Lipidsenkung drei klinische Effekte auf die Atherosklerose hat: Erstens wird die Entstehung von neuen Plaques verhindert. Zweitens wird das Fortschreiten von bestehenden Plaques gestoppt. Und drittens kommt es zu einer Veränderung der Plaque-Zusammensetzung, wodurch die Wahrscheinlichkeit einer Plaque-Ruptur, die ein akutes Koronarsyndrom auslösen kann, vermindert wird.

 

Vor diesem Hintergrund ist der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) aus September 2024, die Verordnungsmöglichkeiten von Lipidsenkern zu erweitern, sehr erfreulich einzuschätzen. Lipidsenker sollen nun schon ab einem 10prozentigen Risiko, innerhalb der nächsten zehn Jahre einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden, verschieben werden. Bisher galt eine Schwelle von 20 Prozent. Das ist ein großer Erfolg für die Herzmedizin und die Nationale Herz-Allianz, die diese Änderung bereits seit Längerem gefordert hatte. Es unterstreicht, dass kardiovaskuläre Krankheiten durch konsequente präventive Maßnahmen, beispielsweise die medikamentöse Cholesterinsenkung, zu einem relevanten Anteil verhinderbar sind.

3. Die Zukunft? Was derzeit in der Forschungspipeline steckt

Mit Incliseran steht uns bereits ein RNA-basierter Arzneistoff zur Verfügung, der das Enzym PCSK9 hemmt. Durch die verringerte Expression von PCSK9 steigt die Anzahl der LDL-Rezeptoren. Mehr LDL wird aus dem Blut heraus in die Zelle aufgenommen.

 

PCSK9 hat sich als sehr lohnende Zielstruktur für die LDL-Senkung erwiesen und genau hier setzt nun auch eine DNA-Therapie an, die durch eine einmalige Modifikation eine Hypercholesterinämie dauerhaft heilen könnte. Sie wird derzeit in einer first-in-human-Studie getestet. Es handelt sich um eine Gen-Editing-Technologie, welche CRISPR-Cas9-System nutzt. Mit Hilfe der CRISPR/Cas-Methode (Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats / CRISPR-assoziiertes Protein) können einzelne Basen der DNA spezifisch modifiziert werden. Allerdings ist der Weg zu einer Zulassung steil. Die alles entscheidende Frage ist die der Sicherheit. Hier müssen die Anforderungen vor dem Hintergrund der Prävalenzrate und der bereits zur Verfügung stehenden Therapien und des langen Krankheitsverlaufes der Hypercholesterinämie sehr viel strenger sein als beispielsweise bei anderen sehr seltenen oder rapide verlaufenden Erkrankungen. Es handelt sich um ein grundlegend neues Wirkprinzip, für das noch keine erprobte Strategie zum sicheren Ausschluss von unerwünschten Effekten und keine regulatorische Erfahrung bestehen.

 

Dies gilt auch für eine andere DNA-Therapie, die derzeit noch im Tiermodell getestet wird und die PCSK9 adressiert und bis zu einem Jahr durch sogenanntes „Gen-silencing“ ausschalten konnte.

 

Beide Ansätze zeigen auf, wohin die cholesterinsenkende Therapie der Zukunft gehen könnte, und sind sehr visionär, allerdings ist noch vor einer klinischen Anwendung weitere Forschung nötig.

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