Herzinsuffizienz vom HFpEF-Typ: Deutsche Kardiologen wollen endlich die Wende in der Therapie

Der klinische Verlauf einer Herzinsuffizienz mit erhaltener kardialer Pumpfunktion lässt sich mangels Therapien derzeit nicht beeinflussen.  Deutsche Kardiologen  wollen dies ändern und setzen ihre Hoffnung in den Wirkstoff Spironolacton. Ihre angekündigte Studie hat eine bewegte Vorgeschichte.

Von Peter Overbeck

 

22.10.2018

Bei Patienten, die trotz klinischer Zeichen der Herzinsuffizienz eine noch  relativ gut erhaltene systolische Pumpfunktion aufweisen, liegt der Verdacht auf eine sogenannte HFpEF (Heart Failure with preserved Ejection Fraction,  synonym: diastolische Herzinsuffizienz) nahe. Anders als bei Herzinsuffizienz mit reduzierter systolischer Funktion (HFrEF, Heart Failure with reduced  Ejection Fraction) gibt es bei HFpEF derzeit keine Therapieoptionen, mit denen der Krankheitsverlauf durch Modifikation wesentlicher Pathomechanismen  entscheidend beeinflusst werden kann. Ärzten bleibt somit nur der empirische Versuch, die Beschwerden der Patienten zu lindern.

 

Jetzt kündigt das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK)  in einer aktuellen Pressemitteilung eine neue Studie an, die eine Wende in der bis dato unbefriedigenden Therapie herbeiführen soll. In der SPIRIT-HF-DZHK8 (SPIRonolactone In the Treatment of Heart Failure) benannten Studie soll demnach geprüft werden, ob sich durch eine Behandlung mit dem Mineralkortikoid-Rezeptorantagonisten (MRA)  Spironolacton  Krankenhausaufenthalte und  Sterberate bei HFpEF  reduzieren lassen.

Hoffnung in Aldosteron-Hemmung gesetzt

Federführend ist dabei eine schon seit längerem mit dem Thema HFpEF beschäftigte Gruppe deutscher Kardiologen um Prof. Burkert Pieske, Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie am Campus Virchow-Klinikum der Charité – Universitätsmedizin Berlin, einer der Studienleiter der SPIRIT-HF-DZHK8-Studie.

 

Aufgrund einer vermehrten linksventrikulären Steifigkeit und einer verminderten myokardialen Relaxation kommt es bei HFpEF zu einer Behinderung der Ventrikelfüllung. Bei körperlicher Belastung ist der Ventrikel dann nicht mehr in der Lage, das enddiastolische Volumen entsprechend zu erhöhen.  Häufig liegt makroskopisch eine Zunahme der linksventrikulären Wanddicke ohne Dilatation vor (konzentrisches Remodeling). Die Hoffnung besteht, dass Spironolacton über eine Hemmung des Hormons  Aldosteron ungünstigen Umbauprozessen in der Ventrikelwand  vorbeugen kann.

Zu 100% vom DZHK finanziert

Die SPIRIT-HF-DZHK8-Studie wird komplett vom DZHK finanziert. „Wir bezeichnen sie als unser kleines europäisches Projekt, denn neben 35 Zentren in Deutschland beteiligen sich auch Klinken aus Österreich, Frankreich, den Niederlanden und Serbien an der Studie“, so Pieske in der DZHK-Pressemitteilung. „Im Unterschied zu vorherigen Studien sollen an unserer Studie nur Patienten teilnehmen, bei denen eine diastolische Komponente mithilfe klar definierter Kriterien eindeutig diagnostiziert wurde“, erläutert  ergänzend Prof. Frank Edelmann, Leiter der DZHK zertifizierten Clinical Research Unit am Campus Virchow-Klinikum der Charité und Co-Studienleiter, das Studiendesign.

Gemischte Ergebnisse der Aldo-DHF-Studie

Beide Experten haben schon in der 2013 publizierten  placebokontrollierten  Aldo-DHF-Studie (Aldosterone Receptor Blockade in Diastolic Heart Failure) den  möglichen Nutzen einer Aldosteron-Hemmung durch Spironolacton  bei mehr als 400  klinisch stabilen Patienten mit echokardiografisch gesicherter diastolischer Herzinsuffizienz und moderaten Symptomen untersucht. Primäre Endpunkte waren die Veränderung der diastolischen Herzfunktion sowie die maximale Belastungskapazität nach zwölf Monaten.

 

Die Ergebnisse waren gemischt: Trotz Verbesserung diastolischer Funktionsparameter durch Spironolacton konnte keine für den Patienten spürbare Verbesserung etwa der Belastbarkeit nachgewiesen werden.

Die eigenartige Geschichte der TOPCAT-Studie

Wichtigste Studie im Vorfeld von  SPIRIT-HF-DZHK8 ist aber zweifellos die viel diskutierte TOPCAT-Studie. Die von den National Institutes of Health (NIH) in den USA finanzierte und mit knapp 3.500 Teilnehmern relativ große Studie war bekanntlich der Versuch, mit Spironolacton endlich eine „evidenzbasierte" Therapie zur Prognoseverbesserung bei HFpEF zu etablieren. Doch wie viele andere Studien, in denen neuen Therapien bei dieser Indikation  enttäuscht hatten,  schlug auch TOPCAT fehl:  Im Gesamtkollektiv konnte  kein relevanter Effekt  des Aldosteronblockers auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität im Vergleich zu Placebo feststellen. Einziger Lichtblick war eine moderate, aber signifikante Reduktion von durch Herzinsuffizienz verursachten Klinikeinweisungen.

Ungereimtheiten bei regionalen Ergebnissen

Damit hätte  man die bereits 2014 publizierte Studie als einen weiteren  Fehlschlag unter vielen abhaken können. Doch sie blieb in der Diskussion. Denn im Nachhinein waren Zweifel an der Zuverlässigkeit ihrer Ergebnisse aufgekommen. Ungereimtheiten  in zwei von sechs an der Studie beteiligten Ländern nährten den Verdacht, dass in der Studie etwas nicht regelkonform gelaufen sei – was sich dann auch bestätigte.

 

Wohl auch aus Gründen der Kostenminimierung hatten die NIH außer Zentren in Nord- und Südamerika (USA, Kanada, Argentinien, Brasilien) auch Zentren in Russland und Georgien eine Teilnahme an der Studie gewährt. Eine Post-hoc-Analyse von TOPCAT-Daten offenbarte dann, dass es bei in Nord- und Südamerika versus  in Russland und Georgien rekrutierten Teilnehmern frappierende Unterschiede gab, die das aus anderen multinationalen Studien bekannte Maß erheblich überschritten.

Studienmedikation gar nicht eingenommen?

So waren die Mortalitäts- und Hospitalisierungsraten im Subkollektiv  der in Nord- und Südamerika aufgenommenen Patienten um ein Vielfaches höher als bei aus Osteuropa stammenden Teilnehmern. Dabei entsprachen die Ereignisraten nur in Nord- und Südamerika den Erwartungen, in Russland und Georgien blieben sie weit dahinter zurück. Auch in Bezug auf Veränderungen der Kalium- und Aldosteronwerte sowie der Blutdruckwerte im Spironolacton-Arm gab es verdächtige Abweichungen.

 

Und während die Behandlung mit Spironolacton in der amerikanischen Subpopulation, die ein den Erwartungen entsprechendes hohes  Risiko aufwies, auch bezüglich  der Mortalitätssenkung  von signifikantem Vorteil war, zeigte sie in der osteuropäischen Niedrig-Risiko-Population nicht den Hauch einer Wirkung. Eine Analyse von eingelagerten Blutproben eines Teils der Studienteilnehmer erhärtete schließlich den Verdacht, dass von den in Osteuropa rekrutierten Patienten ein Großteil Spironolacton  wohl gar nicht eingenommen hatte. Die TOPCAT-Autoren sind deshalb der Ansicht, dass die dort  erzielten Ergebnisse „das wahre therapeutische Ansprechen auf Spironolacton nicht widerspiegeln“.

 

Nun bleibt abzuwarten, ob die angekündigte SPIRIT-HF-DZHK8-Studie  die post-hoc im amerikanischen  Subkollektiv der TOPCAT-Studie festgestellten signifikanten Effekte von Spironolaction  bei HFpEF in prospektiver Form bestätigt.  Patienten mit einer Herzinsuffizienz mit erhaltener oder mäßiggradig reduzierter Pumpfunktion, die Interesse an einer Studienteilnahme haben, können sich jederzeit unter spirit-hf@charite.de melden, teilt das DZHK mit.


Literatur

Pressemitteilung des Deutsche Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK): DZHK-Studie überprüft neue Behandlungsoption für Herzschwäche-Patienten, vom 19. Oktober 2018

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