Titrate-HF ist ein fortlaufendes niederländisches Langzeit-Register zur Therapie der Herzinsuffizienz. Aktuell nahmen 48 Kliniken (d. h. > 70 % der niederländischen Krankenhäuser) am Register teil, so dass diese Daten einen repräsentativen Querschnitt aus den Niederlanden darstellen. Insgesamt ist eine Langzeitbeobachtung über 5 Jahre geplant.
Aktuell wurden 4.288 Patientinnen und Patienten zwischen 2022 und 2024 unabhängig von der linksventrikulären Pumpfunktion (LVEF) eingeschlossen und bezüglich ihrer Medikation analysiert. Die Teilnehmenden waren im Median 71 Jahre alt (Interquartilsabstand 63–78 Jahre), 29 % waren weiblich und die mediane LVEF lag bei 35 % (IQR 25–40 %).
Von diesen Teilnehmenden präsentierten sich 1.732 Personen mit De-novo-Herzinsuffizienz (mediane Dauer seit Diagnose 0,9 Monate), 2.240 Personen mit chronischer Herzinsuffizienz (mediane Dauer 45 Monate) und 316 Personen mit instabiler, sich verschlechternder Herzinsuffizienz (mediane Dauer 68 Monate seit Diagnose). Je länger die Herzinsuffizienz bekannt war, umso häufiger lag eine nicht-ischämische Kardiomyopathie vor.
Insgesamt hatten 44 % der chronischen und der sich verschlechternden Herzinsuffizienz-Betroffenen bereits eine medikamentöse 4-fach-Therapie erreicht, jedoch nur 1 % dieser Personen die Zieldosis in allen Medikamenten. Die Zieldosis war je nach Substanzklasse bei 24 % der RAASi (ACE-Hemmer / AT1-Rezeptorantagonisten), 28 % der ARNI, 13 % der Betablocker, 14 % der MRA und 99 % der SGLT2i erreicht.
Bei 19–36 % der Teilnehmenden mit fehlenden Medikamenten gab es Angaben zu Nebenwirkungen oder Intoleranz, während es bei 60–80 % der Personen aus den klinischen Unterlagen nicht ersichtlich war, ob es einen Auftitrierungsversuch gab oder ob primär Unverträglichkeiten vorgelegen haben.
Bei Patientinnen und Patienten mit neu diagnostizierter Herzinsuffizienz (de novo) erhielten bereits knapp die Hälfte der Personen ein oder mehrere klassische HFrEF-Herzinsuffizienz-Medikamente aus anderen Indiktionen (z.B. arterielle Hypertonie, Vorhofflimmern oder Herzinfarkt).
Bei der Analyse der rekrutierenden Kliniken zeigte sich eine weite Spannbreite der Personen mit 4-fach-Herzinsuffizienz-Therapie, mit 37 % der Patientinnen und Patienten in der allgemeinen Kardiologie und 47 % in spezialisierten Herzinsuffizienz-Kliniken.
Personen mit sich verschlechternder Herzinsuffizienz hatten bezüglich aller Substanzklassen eine signifikant geringere Rate an entsprechender Vor-Medikation. Ein weiteres Ergebnis der Studie zeigt, dass bei Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz überwiegend die Diuretika angepasst wurden. Nur bei 34 % der Patientinnen und Patienten wurde ein zuvor fehlender SGLT-2-Hemmer ergänzt und bei 14 % RAASi auf ARNI umgestellt.
Was bedeuten diese Resultate für Deutschland? Ich vermute, dass bei uns diese Ergebnisse (44 % der Patientinnen und Patienten mit 4-fach-Herzinsuffizienz-Therapie) in der breiten Versorgung noch nicht erreicht sind. Die Studie zeigt auch den Mehrwert von spezialisierten Herzinsuffizienz-Versorgungsschwerpunkten mit der dortigen besseren Umsetzung der empfohlenen Therapie. Die erzielten Ergebnisse weisen jedoch auch darauf hin, dass anhaltend viele Chancen, gerade zur Anpassung und Auftitrierung von Medikamenten bei Personen, die wegen Herzinsuffizienz hospitalisiert sind, verpasst werden. Es bleibt also eine große Aufgabe für uns Kardiologen und Kardiologinnen, die wir nur gemeinsam in einer optimalen Vernetzungsstruktur zwischen Klinik und Niederlassung bewältigen können.
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